Weitreichenderes Auskunftsrecht von Arbeitnehmern

Silke Martin, Verbandsjuristin für Arbeitsrecht beim Handelsverband Sachsen / Foto: © Handelsverband Sachsen
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Die Datenschutzgrundverordnung beschäftigt Unter­neh­men in allen möglichen und unmöglichen Fragen. Weit­rei­chende Informationspflichten wurden ergänzend aufgenommen. Jedem Arbeitnehmer – auch dem gekündigten im Kün­digungsschutz­verfahren – steht das Recht auf Auskunft gegen­über seinem Arbeitgeber zu. Handelsunternehmen, die trotz Aufforderung keine Auskunft erteilen, drohen hohe Geld­bußen.

Wie wird die Gesetzeslage zur Auskunftspflicht vor Gericht ausgelegt?

Der Umfang der Pflicht zur Auskunft ist bisher umstritten. Ei­ner­seits wird vertreten, dass Unternehmen den Arbeitnehmern umfassende Unterlagen über die gespeicherten Daten zur Ver­fü­gung stellen müssen. Demnach wäre auch die Überlassung von E-Mail-Kommunikation erfasst, also gegebenenfalls auch von E-Mails mit Geschäftsgeheimnissen. Nach anderer Auf­fassung ist die Übermittlung einer Übersicht der wesentlichen von einer betroffenen Person verarbeiteten Daten ausreichend. 

Droht Arbeitgebern nun eine Welle an Auskunftsanfragen?

Das LAG Baden-Württemberg erachtet das Auskunftsrecht als sehr weitreichend und gewährte jüngst einem Mitarbeiter ein Einsichtsrecht über die Personalakte hinaus. Konkret ging es im vorliegenden Fall um einen auf Führungsebene tätigen, gekündigten Mitarbeiter, der Kündigungsschutzklage einreichte und einen das Verfahren aufblähenden „Nebenschauplatz“ eröffnete, indem er weitreichende Auskünfte vom Arbeitgeber – einem weltbekannten Autohersteller – verlangte. Es ging unter anderem um die über den Mitarbeiter geführten Infor­mationen im unternehmensweiten Hinweisgebersystem. Des Weiteren for­derte er erfolgreich Auskunft auch über nicht in der Per­sonal­akte gespeicherte personenbezogene Leistungs- und Ver­hal­tensdaten. Darüber hinaus vertrat das Gericht die Auf­fassung, dass Auskunft über jeden einzelnen Empfänger der Daten zu erteilen und der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Mitarbeiter eine Kopie sämtlicher personenbezogener Leistungs- und Verhaltensdaten zur Verfügung zu stellen.

Und nun?

Es besteht die Gefahr, überzogenen Auskünften ausgesetzt zu sein. Was den Auskunftsanspruch und das Zurverfügung­stel­len einer Kopie anbelangt, so hat das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Wir werden genau beobachten, ob das Bundesarbeitsgericht der vom LAG befürworteten Auslegung eine Absage erteilt. Bis dahin sollte Ihrerseits streng geprüft werden, welche Auskünfte Sie tatsächlich erteilen müssen, ob Ihnen ein Auskunftsverweigerungsrecht aufgrund Beeinträchtigung berechtigter Interessen Dritter zusteht bzw. ob Sie mit Verweis auf Ansichten des EuGH und der Daten­schutzbehörden eine umfassende Auskunfts­erteilung abwehren können.                                                       

Handelsverband Sachsen e.V.: Der Handelsverband Sachsen ist die Spitzenorganisation und unternehmenspolitische Interessenvertretung des sächsischen Einzelhandels. Insgesamt erwirtschaften in Sachsen über 13.000 Einzelhandelsunternehmen mit über 130.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten einen Umsatz von ca. 23 Mrd. Euro jährlich. Als Tarifvertrags- und Sozial­partner ist der Handelsverband als Arbeitgeberverband spezialisiert auf arbeitsrechtliche Betreuung, außergerichtliche Interessenswahrnehmung und gerichtliche Prozessvertretung für seine angeschlossenen Mitgliedsunternehmen.

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