Johann Lafer: Ein Leben für den Genuss

© Lukas Jahn
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Man muss ihn niemandem mehr vorstellen: Der Österreicher Johann Lafer gehört nicht nur in seiner Heimat zu einem der besten Köche des Landes. Auch hierzulande kennen ihn die Fernseh­zuschauer aus Straßenfeger-TV-Shows wie „Lafer! Lichter! Lecker!“ oder „Die Küchenschlacht“.

In der Küche ist er mit allen Wassern gewaschen. Nach Stationen in Graz, Hamburg und bald schon mit dem ersten erworbenen Guide Michelin-Stern wurde er Chefpatissier im Münchner Restaurant Aubergine bei Kochlegende Eckart Witzigmann, dem er bis heute nicht nur durch diverse Buch­projekte eng verbunden ist. Viele erfolgreiche Restaurants und Sterne folgten. Zuletzt zog sich Johann Lafer nach 25 Jahren von der renommierten Stromburg bei Bad Kreuznach zurück, um wieder volksnäher kochen zu können.

Im Vorfeld eines Kochevents im Dresdner Bülow Palais trafen wir Johann Lafer für ein ausführliches Gespräch, bei dem wir nicht nur seine vielen Verbindungen zu Dresden erörterten, sondern auch sein jüngst noch einmal gestärktes Engagement für gesundes Essen thematisierten.

Top: Was hat Sie denn nach Dresden verschlagen?

Johann Lafer: Bülow Palais-Hotelchef Ralf J. Kutzner ist ein langjähriger Freund. Wir haben uns schon 1979 in Hamburg kennengelernt. Im Laufe der Jahre hatten wir zum Beispiel durch unsere Mitgliedschaft in der Hotelvereinigung Relais & Châteaux immer wieder Gelegenheiten zum Kontakt, bei denen ich dann auch oft in Dresden war. Als Ralf J. Kutzner mich dann zum Kochen anlässlich des 25-jährigen Jubiläums einlud, muss­te ich nicht lange überlegen. Das Event wurde dann zweimal verschoben aufgrund von Corona, so dass es schließlich drei Anläufe brauchte.

Top: Gibt es noch andere Bezugspunkte, die Sie zu Dresden haben?

Johann Lafer: Viele. Die Dresdner kaufen meine Produkte zum Beispiel sehr gern. Das legen die Zahlen nahe. Auch bei Popularitäts-Umfragen schneide ich im Osten Deutschlands immer sehr gut ab. Ich weiß, dass ich gerade in Dresden viele Fans habe. Ich bin auch privat immer gerne hier, besuche den Weihnachtsmarkt oder die Frauenkirche. Also kann man schon sagen: Ich mag die Stadt sehr, natürlich auch aus kulturellen und historischen Gründen. Auch im Rahmen meiner MDR-Sendung „Lafers leckerer Osten“ habe ich viele Plätze in der Region kennenlernen dürfen, die mich besonders inspiriert haben. Und dazu gehört auf jeden Fall auch Dresden.

Top: Sie haben auch einen Christstollen gebacken…

Johann Lafer: Ja, den gibt es immer noch. Das war damals eine große Ehre, dass ich einen Produzenten gefunden habe, der mit mir diesen Original Dresdner Christstollen gebacken hat. Wir haben ja auch einen Preis bekommen. Jedes Jahr bekomme ich aus aller Welt Anfragen nach dem Stollen. Eine echte Erfolgs­geschichte.

Johann Lafer / © Anja Jahn

Top: Kennen Sie auch die kulinarische Szene in Dresden?

Johann Lafer: Das kann man schon sagen. Ich habe Stefan Hermann im bean&beluga mehrmals besucht, wenn ich in Dresden war. Natürlich bin ich auch immer gerne im hauseignen Restaurant des Bülow Palais‘. Ich kann gar nicht alles aufzählen. Dresden ist auch aus kulinarischen Gründen immer eine Reise wert.

Top: Es gibt natürlich regionale Küchen, die von den kulinarischen Vorlieben des jeweiligen Landstrichs geprägt sind. Doch gibt es auch eine städtische Küche? Schmeckt Dresden anders als München?

Johann Lafer: Als wir einmal drei Wochen lang in Dresden gedreht haben, kamen wir in den Genuss, viele Dresdner Spezialitäten ausprobieren zu können, vor allem natürlich den Christstollen und die Dresdner Eierschecke. Da sind wir jeden Abend essen gegangen und ich konnte mich auch mit den herzhaften Varianten der Dresdner Küche vertraut machen. Jede Stadt sollte stolz sein auf ihre Spezialitäten, die es dort nachweislich gibt. Wenn ich nach Dresden fahre, möchte ich die Ge­richte probieren, die hier ihren Ursprung haben. Das Bewusst­sein für dieses kulinarische Erbe in Verbindung mit den Produkten aus der Region ist inzwischen gewachsen. Obwohl es schon noch Nachholbedarf gibt. Ein bisschen mehr Selbst­bewusstsein und Konzentration auf die eigenen gastronomischen Traditionen kann nicht schaden.

Top: Ausgewogene und gesunde Ernährung sowie die Produktion nachhaltiger und qualitativ hochwertiger Lebens­mittel sind zentrale Themen für Sie. War das schon immer der Fall oder legen Sie in letzter Zeit verstärkt den Fokus darauf?

Johann Lafer: Ich hatte vor einigen Jahren durch die ständige Überstrapazierung eine Arthrose im linken Knie bekommen und musste auch operiert werden. Zum Glück habe ich das Ehepaar Liebscher-Bracht kennengelernt, das mir mit schmerz- und ernährungstherapeutischen Anwendungen geholfen hat. Das war dann auch der Moment, als ich phasenweise angefangen habe, vegan zu essen. Das fiel mir als absoluter Genuss­mensch zunächst schwer. Ich habe mich aber bis auf einige wenige Sünden daran gehalten und das war auch gut so. Da­durch konnte ich verhindern, dass ich im zweiten Knie ähnliche Schmerzen bekam.

Top: Wie halten Sie es heute mit diesen Vorgaben?

Johann Lafer: Ich habe dafür das Schlagwort „Medical Cuisine“ etabliert und mit dem Zusatz „Die Neuerfindung der gesunden Küche“ dazu auch ein Buch veröffentlicht. Dabei geht es um eine modernisierte Alltagsküche. Um mal ein Beispiel zu nennen: Wenn ich heute eine Spaghetti Bolognese mache, dann nehme ich nicht nur Fleisch, sondern mindestens 50 Prozent Linsen. Und die Spaghetti werden mit Gemüsestreifen vermischt. Das habe ich mir im Laufe der Zeit angewöhnt und das macht wahnsinnig viel Spaß, da ich nicht auf die Alltagsküche verzichten muss und trotzdem gesund lebe. Das ist eine ausgewogene Mischkost, ohne extreme Nahrungsumstellungen. Das ist meine Zukunft.

Top: Herzlichen Dank für das Gespräch!

Für die Langfassung dieses Interviews empfehlen wir Ihnen unseren Podcast topcast, in dem Johann Lafer noch detaillierter über seine Beziehung zu Dresden, seine Genussphilosophie, das Nachwuchs­pro­blem in der Gastro­nomie sowie das Engagement für eine ausgewogene Ernährung und gesunde Schulverpflegung spricht.

Interview: Philipp Demankowski

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