Theaterkritik „Hier und Jetzt und Himmelblau“: Großes Showtheater
Mit der Revue „Hier und Jetzt und Himmelblau“ gelingt an der Staatsoperette so etwas wie ein Best Of des Genres.
Der Begriff Nummernrevue wird etwas despektierlich gern für die wahllose Aneinanderreihung von Programm punkten genutzt. Dass man die Wendung aber durchaus auch positiv um – deuten kann, beweist „Hier und Jetzt und Himmel blau“, die erste Premiere an der Staatsoperette unter der Ägide von Neuintendantin Kathrin Kondaurow. Immerhin handelt es sich bei dem Stück um eine im besten Sinne des Wortes altmodische Showvariation, die ihre Wurzeln im Varieté nie verleugnet. Zu – dem hat „Hier und Jetzt und Himmelblau“ eine Meta-Ebene, denn die Akteure auf der Bühne kommen in einem Showtheater zusammen und warten höchstselbst auf den Beginn einer Revue, sind also selbst Publikum. Und während sie warten, bekommt jede Partei der zu Beginn des Stücks an Tischen gruppierten Zuhörerschaft ihre eigene kleine Nummer. Dabei kommt das in die Jahre gekommene Ehepaar genauso zu seinem Recht wie die Mitglieder eines Ärzte-Kongresses oder die mehr schlecht als recht aufgetakelten Damen eines Junggesellinnenabschieds.
Massive Spielfreude
Ein Conférencier sorgt während der Aufführung für eine annähernd übergreifende Erzählung, die aber meist eher einer stimmungsvollen Einleitung des jeweils folgenden Auftritts gleichkommt. Sehr schön gelingt dabei der Eingangsmonolog, der nicht nur den atmosphärischen Rahmen für die nächsten zweieinhalb Stunden Showprogramm setzt, sondern zudem in eine mitreißende Tanzperfomance mündet. Mitreißend ist auch die Spielfreude, mit der die Menschen auf der Bühne zu Werke gehen. „Grand Pläsir“ steht dann auch über der massiven Schwingtür, die im Hintergrund der Bühne immer wieder neue Protagonisten ausspuckt. So heißt nicht nur das Show-Theater, „Grand Pläsir“ könnte auch das Motto für das Stück sein. Denn tatsächlich nimmt man den Akteuren jederzeit ab, dass sie mit großer Freude dabei sind.
Potpourri aus Evergreens
In Erinnerung bleibt etwa die Episode der Mutter, die ihrem Sohn versucht auf die Frage zu antworten, was denn eigentlich Glück sei. Oder die Busfahrerin, die aufgrund der Wut der sie umgebenden Menschen selbst zum Wutausbruch neigt. Die Songs, die gesungen werden, gleichen dabei einem Potpourri aus Evergreens. Das gut aufgelegte Operettenorchester und die seitlich vom Orchestergraben drapierte, dreiköpfige Showband sorgen für bekannte Operettenschlager, Lieder und Chansons von der Jahrhundertwende bis heute, nur unterbrochen für stimmungsvolle Easy-Listening-Musik zur Überbrückung zwischen den einzelnen Darbietungen. Bei aller Unterschiedlichkeit sowohl der einzelnen Auftritte als auch der Protagonisten soll durch das Stück die Gemeinsamkeit der Menschen beschworen werden, die letztlich alle doch an ähnlichen Problemen zu knabbern haben und ähnliche Glücksempfindungen verspüren.
Hier und Jetzt und Himmelblau
Text und Regie: Jan Neumann
nächste Termine: 26. und 27. Oktober 2019, 19. und 21. Januar 2020, 14., 15. und 16. März 2020 in der Staatsoperette Dresden
www.staatsoperette.de