Filmkritik „Porträt einer jungen Frau in Flammen“: Eine unmögliche Liebe

Foto: © AlamodeFilm
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Der stille Cannes-Liebling Porträt einer jungen Frau in Flammen zeichnet eine langsam wachsende, aber unmögliche Liebe zwischen zwei Frauen im 18. Jahrhundert nach.

Die junge Pariser Malerin Marianne (Noémie Merlant) wird auf eine abgelegene Insel in die Bretagne gerufen, wo sie Héloïse (Adèle Haenel), die Tochter der ortsansässigen Gräfin (Valeria Golino) portraitieren soll. Das Bild soll als Dreingabe für die arrangierte Hochzeit mit einem Mailänder angefertigt werden, wogegen Héloïse protestiert, indem sie das Modellstehen partout ablehnt. Marianne muss also heimlich malen. Bei gemeinsamen Spaziergängen kommen sich die beiden jungen Frauen näher, bis sie sich schließlich verlieben. Die Umstände und die zeithistorischen Gepflogenheiten machen ihre Liebe aber unmöglich, was beiden Frauen jederzeit klar ist. Darin liegt natürlich eine große Tragik, die Regisseurin Céline Sciamma in langen Portraitaufnahmen einfängt, dabei aber nicht den Fehler macht, schwelgerisch zu werden. Der Film ist eben kein Schmachtfetzen, wohl aber ein wunderschöner Liebesfilm. Die Phase der Annäherung der beiden Frauen wird genauso zärtlich nachgezeichnet wie die eigentlichen Liebesszenen.

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Im Schatten der Klippen

 Es ist der inzwischen vierte Film der französischen Regisseurin. Nachdem sowohl „Water Lilies“ als auch „Mädchenbande“ in Nebenkategorien in Cannes gezeigt wurden und „Tomboy“ die Panorama-Sektion der Berlinale eröffnete, lief „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ 2019 erstmals im Hauptprogramm des französischen Filmfestivals. Dort avancierte er zum Kritikerliebling und bekam schließlich die Auszeichnung für das Beste Drehbuch, das ebenfalls von Céline Sciamma stammt. In Erinnerung bleibt aber besonders die klare, aufgeräumte, aber doch jederzeit poetische Bildsprache. Der Regisseurin gelingt es, Bilder von malerischer Anmut zu produzieren, ganz so wie das titelgebende Portrait einer jungen Frau in Flammen, dessen Entstehung auch erklärt wird. Dazu gehört etwa die Szene, in der sich Marianne und Héloïse das erste Mal begegnen. Die Tochter der Gräfin rennt nach langer Zeit im Kloster das erste Mal zum Meer. Dabei weht ihr langsam die Kapuze ihres Umhangs vom Kopf und gibt ihre Haare und schließlich ihr Gesicht preis. Das ist von naturalistischer Schönheit und passt perfekt zur schroffen Klippenlandschaft der Bretagne.

Kraftvoller Minimalismus

Der Film kommt mit minimalen Ausdrucksmitteln aus, braucht nur vier Personen, die eine tragende Rolle spielen. Neben Marianne, Héloïse und der Gräfin sieht man lange Zeit nur die Hausangestellte Sophie (Luàna Bajrami) auf der Leinwand. Die Reduktion wird dabei noch dadurch verstärkt, dass keine Musik zu hören ist. Bis auf das Cembalo-Spiel von Marianne selbst. Und einem erst befremdlich, später einnehmenden Chorgesang von einer Gruppe von Frauen, die sich auf der Insel für ein Fest versammelt haben. Erst am Ende des Films übernimmt die Musik eine tragendere Rolle, was eine fast schon kathartische Erfahrung bei einer der Protagonistinnen auslöst. Dass man als Zuschauer nur allzu gut versteht, warum dieser Moment entsteht und möglicherweise sogar, wie er sich anfühlt, ist eine der großen Leistungen dieses stillen, aber doch kraftvollen Films.

Text: Philipp Demankowski
Porträt einer jungen Frau in Flammen

Regie: Céline Sciamma
Filmstart: 31. Oktober 2019

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