Spiegel der Gesellschaft

© Sebastian Hoppe
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„Woyzeck” und „Chocolat” am Staatsschauspiel Dresden

WOYZECK
Mit Woyzeck und Marie erscheinen erstmals die sozial Be­nachteiligten als tragische Protagonist*innen im modernen deutschen Drama. Erstmals aufgeführt wurde das Dra­men­fragment, mit dessen Niederschrift Georg Büchner (1813-1837) im Jahr 1836 begann, 1913 im Residenztheater Mün­chen. Georg Büchner hatte dafür Krimi­nalfälle seiner Zeit studiert und fragte mit seinem Woyzeck, wie frei Menschen in ihren Ent­schei­dungen überhaupt sein können. In vier Handschriften liegt das Fragment vor, nur in der frühesten gibt es die Szene des Mordes. Schicht für Schicht fächerte der 23-jährige Autor kurz vor seinem Tod die psychologischen und sozialen Spannungen auf, die Woyzeck zum Mord treiben. Es ist vor allem das gewaltheischende soziale Um­feld, es sind die Handwerker und Bür­ger, die Woyzeck dazu anstacheln, Marie zu töten. Der Femizid ist bei Büchner kein privater, sondern ein gesellschaftlich verorteter Mord. Ent­sprechend ikonisch und monströs zeichnet er die Re­präsentanten dieser Gesellschaft – den gewalttätigen Tam­bourmajor, den perfiden Doktor, den zynischen Haupt­mann und die schwadronierenden Handwerker. Georg Büch­ners Text durchdringt wie ein Skalpell die Hülle gesellschaftlicher Kon­ventionen und legt die menschlichen Triebe und Begierden bloß. Hausregisseurin Lily Sykes inszeniert in ihrer dritten Dresdner Arbeit Büchners Fragment voll Sinnlichkeit, Gewalt, Humor und Poesie.
WOYZECK von Georg Büchner
Kleines Haus 1, Glacisstraße 28, 01099 Dresden

Woyzeck von Georg Büchner – Auf dem Bild: Sven Hönig, Ursula Hobmair, Marin Blülle, Torsten Ranft, Philipp Grimm / © Sebastian Hoppe

CHOCOLAT
Zu Gast im Schauspielhaus ist am Neujahrstag mit „Chocolat” eine klassische Screwball-Komödie für Erwachsene. Die junge, alleinerziehende Mutter Vianne Rocher eröffnet am Kirchplatz eines kleinen, südfranzösischen Dorfes eine Pâtisserie, einen kleinen Tempel für feinste Schokoladen. Für Dorfpfarrer Fran­cis Reynaud ist diese Art der „Verführung“ eine Provokation. Un­erbittlich verbietet er den Gemeinde­mit­gliedern jeden Um­gang mit der jungen Frau – und wird zu ihrem Anta­go­nisten. Konträre Lebensentwürfe prallen äußerst kurzweilig aufeinander: Die Abneigung gegen alles Fremde auf Seite des Pfarrers, Freimut und Genuss auf der anderen. Erzählt wird diese Ge­schichte von einem virtuosen Quartett um den Akkor­deonis­ten Valentin Butt und den Geiger Roland Satterwhite und vom wunderbaren Schauspielerpaar Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer. Sie gehört zur Crème der deutschsprachigen Filmschauspielerinnen.

Chocolat von Joanne Harris mit Ann-Kathrin Kramer, Harald Krassnitzer & Les Manouches Du Tannes – Auf dem Bild: Ann-Kathrin Kramer, Harald Krassnitzer / © Stefan Nimmesgern

Er verkörpert seit vielen Jahren eindrucksvoll u.a. den Wiener Tatort-Kom­missar. Der Grantler und die charmante Verführerin – zwei Charaktere, die den beiden Schauspielern geradezu auf den Leib geschrieben sind. Besucher erwartet eine mitreißende Mischung aus Schauspiel, Lesung und Konzert.
Chocolat von Joanne Harris
mit Ann-Kathrin Kramer, Harald Krassnitzer & Les Manouches Du Tannes
am 01.01.2024 um 19.30 Uhr
im Schauspielhaus, Theaterstraße 2, 01067 Dresden

Spielplan etc. unter www.staatsschauspiel-dresden.de

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