Stéphane Bern: Retter des französischen und europäischen Kulturerbes

© Benjamin Chelly, Pierre Holley, Samuel Kirszenbaum
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Im September 2017 beauftragte Präsident Emmanuel Macron den beliebten französischen Fernseh­moderator für Ge­schichts- und Adelssendungen Stéphane Bern offiziell mit der Staatsmission zur Erhaltung des Kulturerbes. Um das nötige Geld für die Restaurierung baufälliger Monumente aufzubringen, gründete Stéphane Bern Frankreichs Lottospiele für das Kulturerbe. Seit 40 Jahren mit dem Journalisten Michel An­ders-Cavendish befreundet, empfing der TV-Moderator das Top Magazin Dresden in seinem jüngst restaurierten Collège Royal et Militaire im grünen Perche im Département Eure-et-Loire mitten in Frankreich.

Lieber Stéphane, verraten Sie unseren Lesern, wo Sie ge­boren wurden und welche Nationalität Sie besitzen?
Ich wurde in der Seidenstadt Lyon am 14. No­vember 1963 geboren. Meine Mutter stammt aus Luxemburg, mein Vater ist Franzose, daher besitze ich beide Staats­bürger­schaften.

Wo verbrachten Sie Ihre Kindheit und Schulzeit?
Während meiner Kindheit sowie in späteren Jahren wollte ich in den Ferien stets zu meinen Großeltern nach Luxemburg reisen. Dort faszinierte mich bereits als kleiner Bub das Schloss der großherzoglichen Familie. Rund um das An­wesen erfand ich meine eigenen Märchen mit Prinzen und Prinzessinnen. Nie hätte ich geahnt, dass ich den Groß­her­zog und die Großherzogin später persönlich kennenlernen sollte. In Paris ging ich auf das Lycée Carnot zur Schule, wo vor mir der Filmstar Brigitte Bardot und der französische Präsident Jacques Chirac die Schulbank drückten. Danach studierte ich Wirt­schaftskunde auf der Handelsschule in Lyon, wo ich auch mein Diplom absolvierte. Schon immer liebte ich kleine Anek­doten niederzuschreiben. Besonders faszinierte mich die europäische Geschichte. In Paris hatte ich das Glück, eines Tages dem Oberhaupt der französischen Kö­nigsfamilie, dem Grafen von Paris, vorgestellt zu werden. Damals bat mich Ihre Königliche Hoheit, den Redakteurposten seiner Adels­zeitung Dynastie (1985-1987) zu übernehmen. Das war der Be­ginn meiner Journalistenlaufbahn.

Das elegante historische Schulgebäude „Collège Royal et Militaire” / Fotos: © Benjamin Chelly (a.d. Buch „La Vie retrouvé d’un Collège royal”, Verlag Albin Michel), Pierre Holley, Samuel Kirszenbaum (Cour Grand Ducale), privat

Somit war also der erste Meilenstein für den Journalisten in höchsten Adelskreisen gesetzt. Kein Wunder, dass zu Beginn der Laufbahn Ihre Markenzeichen der Hochadel und die regierenden Königshäuser waren. Wie kam es dann zum großen Durchbruch?
Die angesehene französische Tageszeitung, Le Figaro, bat mich anlässlich des Todes der Großherzogin Char­lotte von Luxenburg um einen ersten Artikel. Seit 32 Jahren schreibe ich für den Figaro und seine Wochenendbeilage Figaro Madame. Angebote aus Fernsehen und Rundfunk ließen nicht lange auf sich warten.

1998 trafen wir uns in Istanbul bei meinen Freunden Cigdem und Haldun Simavi auf deren prachtvoller Yacht Halas im Orientexpress-Stil, wo Sie dann Ihre Reportage für die damalige Serie „Saga” für das 1. Französische Fernsehen drehten. Ein Jahr später sahen wir uns in Athen bei meinen Freunden Var­di­no­yannis zu Ihren Dreharbeiten wieder.
Das dritte Mal waren wir dann anlässlich Ihrer Golf Trophäé Royal für das deutsche Magazin Style auf den Loire Schlössern, wo ich Ihre Freundin Lillyclaire Saran aus der Budweiser Bierdynastie filmte. In der Saga-TV Serie folgten u.a. die Familien Napoléon, Württenberg, Habsburg, Orléans, Preußen. Ab 2007 startete ich meine TV Serie „Secrets d’His­toire” (Geschichtsgeheimnisse), die bis heute erfolgreich zur Prime Time ausgestrahlt wird.

Stéphane Bern mit seinen beiden Rauhaar­dackeln Mirza und Scoop / Fotos: © Benjamin Chelly (a.d. Buch „La Vie retrouvé d’un Collège royal”, Verlag Albin Michel), Pierre Holley, Samuel Kirszenbaum (Cour Grand Ducale), privat

Ihre Talente sind facettenreich.
Ich stand als Schauspieler auf den Pariser Thea­terbühnen. In verschiedenen Spiel- und Fernsehfilmen er­hielt ich Rollen. Außerdem schrieb ich über fünfzig Bücher, die beiden letzten erschienen 2022. In „La Vie Retrouvée d’un Collège Royal” (Das wiedergefundene Leben ei­nes königlichen Schul­gebäudes), welches im Albin Michel Ver­lag erschien, kann der Leser die Instandsetzung des königlichen Collège an Hand vieler Fotos verfolgen. Auch verrate ich im Buch lohnende Aus­flugs­ziele rund um mein Anwesen und gebe altüberlieferte Koch­­rezepte preis, die zum Nachkochen anregen. Das zweite Buch „Secrets de l’Elysée” (Geheimnisse des Elysée) erschien bei Pion. Jeden 14. Juli, am französischen Nationalfeiertag, moderiere ich das große Konzert am Eiffelturm für das Fern­sehen, am Silvester­abend die Show auf Schloss Versailles oder Chantilly und am 1.Januar den französischen Beitrag über Wien nach dem Eurovisions Neujahrskonzert. Seit 2012 präsentiere ich im Fern­sehen „Le Village préféré des Français” (Das beliebteste Dorf der Franzosen). Die Zuschauer wählen dann unter den Dörfern, die ich vorstelle, das schönste und be­lieb­teste des Jahres aus.

Blick auf das Collège Royal et Militaire in Thiron-Gardais / Fotos: © Benjamin Chelly (a.d. Buch „La Vie retrouvé d’un Collège royal”, Verlag Albin Michel), Pierre Holley, Samuel Kirszenbaum (Cour Grand Ducale), privat

Heute haben Sie Paris den Rücken gekehrt und leben im Grünen auf dem Land. Wie kam es dazu?
Während der Dreharbeiten für die TV Sen­dun­gen stellte ich immer wieder fest, wie dringend gewisse Monu­mente unseres Kulturerbes Unterstützung zur Instandsetzung benötigen. Als mir vor über zehn Jahren das Département Eure-et-Loire in Thiron-Gardais das alte, baufällige, königliche Schul­gebäude (Collège Royal) anbot, gefiel mir dieses so gut, dass ich es erwarb. Nach und nach gab ich ihm den ehemaligen Glanz der Zeit Ludwig XVI. wieder. Früher wurden hier die kleinen Adligen, deren Eltern sich keine privaten Hauslehrer leisten konnten, sowie die Kinder des Militärs, das sich für den König verdient gemacht hatte, erzogen. Heute wohne ich im Collège und versuche, es der Nachwelt zu erhalten.

Seit der französische Präsident Emmanuel Macron Sie zum Wächter historischer Monumente ernannte und das Institut de France Ihnen als Gründer der „Fondation Stéphane Bern für das Kulturerbe” zur Seite steht, was konnte durch Ihre Stif­tung und die Lotterie bewirkt werden?
Meine Fondation gibt jedes Jahr einem jungen Geschichtsautor einen Preis von 5.000,- Euro und dem Kultur­erbe 25.000,- Euro. Mit den Einnahmen der Lotterie des Kultur­erbes konnten wir z.B. am Seineufer die Villa der bekannten Pauline Viardot (19. Jahrhundert), Freun­din der Schriftsteller Flaubert und Turgenew, retten. In der Provence in Gordes res­taurierten wir in den Lavendelfeldern die Abbaye de Sénan­que (Abtei der Sénanque) von 1148, und in Bar-le-Duc überreichten wir den drei jungen Besitzern eine Million Euro zur Restau­rierung ihres Theaters „Bleus de Bar”. Bei vielen Aktionen steht mir immer wieder Frankreichs First Lady Brigitte Macron hilfreich zur Seite. Bis heute wurden 760 Monumente mit 230 Mil­lio­nen Euro gerettet.

links: S.A.R. la Grande-Duchesse de Luxembourg, Stéphane Bern, Frankreichs First Lady Brigitte Macron / rechts: Stéphane Bern mit seinem Lebensgefährten Yori Bailleres / © Fotos: © Benjamin Chelly (a.d. Buch „La Vie retrouvé d’un Collège royal”, Verlag Albin Michel), Pierre Holley, Samuel Kirszenbaum (Cour Grand Ducale), privat

Stéphane Bern erhielt u.a. 2014 von der englischen Königin Elisabeth II. den Orden des Chevalier de l’Empire Brittanique, Member of British Empire. In Frankreich wurde er zum Chevalier de la Légion d’Honneur (Ritter der Ehrenlegion) er­nannt. Heute lebt er mit seinem Lebensgefährten Yori Bailleres, der mit ihm die zwei Boutiquen des Collège Royal mit Souvenir­accessoires, wie Porzellan, Gläser, Duftkerzen, Seifen, Küchen- und Tisch­wäsche bestückt, und seinen beiden Rauhaar­dackeln Mirza und Scoop im eleganten historischen Schulgebäude in einem Park à la Française, wo er ebenfalls ein Museum errichtete. Zum 100. Geburtstag des Fürsten Rainier III. von Monaco stellt Stéphane Bern als Co-Commissaire die Ausstellung „Le Prince Bâtisseur, une Vision pour Monaco” (Der Prinz als Bauherr, eine Zukunfts­vision für Monaco) vom 12. Juli bis 31. Dezember 2023 im Hafen von Monaco am Quai Antoine 1er zusammen.

Collège Royal et Militaire
12-Rue de l’Abbaye, F-28480-Thiron-Gardais,
Tel.:+33 2 37497954, www.collegeroyal-thirongardais.com
geöffnet auf Anfrage vom 29. April bis 17. September

Text und Interview: Michel Anders-Cavendish / Fotos: © Benjamin Chelly (a.d. Buch „La Vie retrouvé d’un Collège royal”, Verlag Albin Michel), Pierre Holley, Samuel Kirszenbaum (Cour Grand Ducale), privat

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