Filmkritik „Parallele Mütter”: Eleganz und Solidarität

© El Deseo / Studiocanal 2021
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Pedro Almodóvars neuer Film „Parallele Mütter” verbindet Reflektionen über Mutter­schaft mit der Aufarbeitung eines spanischen Traumas.

Schon immer haftete den Filmen Pedro Almodóvars eine Vorliebe für die dramatischen Momente der in Latein­ameri­ka so beliebten Telenovelas an. Das hat wohl in erster Linie mit der starken Positionierung emanzipierter Frauenfiguren zu tun, eine Stärke, die auch seinen Filmen schon immer eigen war. So auch in seinem neuen Film „Parallele Mütter“ über die beiden Mütter Janis (Penélope Cruz) und Ana (Milena Smit), die zur gleichen Zeit im Krankenhaus ihr Kind bekommen, sich anfreunden und deren Leben durch eine schicksalhafte Wen­dung der Ereignisse miteinander verknüpft sein wird. Anders als in den überwiegend billig produzierten Telenovelas wirken die Filme des spanischen Ausnahmeregisseurs allerdings sowohl hinsichtlich des Drehbuchs als auch in der Bildsprache stets äußerst wertig und sind durchzogen von einer permanenten Eleganz. Hinzu kommt im Falle von „Parallele Mütter“ die Verknüpfung der Hauptgeschichte um die beiden Frauen mit einem Nebenplot, der ein spanisches Trauma verarbeitet, das noch aus dem spanischen Bürgerkrieg herrührt.

Spanische Kulissenträume

Nicht ganz erreicht Almodovar diesmal die Dringlichkeit der Plot­zusammenhänge, die seinen letzten Langfilm auszeichnete, den großartigen „Leid und Herrlichkeit“. Dafür wird zu viel Stoff verarbeitet, zu viele Fäden aufgenommen, über weite Strecken allerdings wieder beiseitegelegt. Bei anderen Regisseuren wäre der Film unter dieser Last zusammengebrochen. Almodóvar aber gelingt es, die Motive des Films miteinander zu verweben, ohne dass die Verknüpfungen aufgesetzt wirken. Unterstützt wird er dabei einerseits durch einen wunderbar altmodischen Sound­track von Almodovars Stamm­kom­ponist Alberto Iglesias, der das alte Hollywood-Melodram feiert. Andererseits fühlt man sich aber auch sofort in der zumindest Almodóvar-Kennern ver­trauten Ausstattung zuhause. Die Figuren wohnen und arbei­ten in sonnigen und bunten Kulissen, die die Schat­ten­seiten des Lebens gleichwohl nie verneinen. Wenn es einem schon nicht gut geht, dann doch wenigstens in diesem Spanien.

Teresa (Aitana Sánchez Gijón) / © El Deseo / Studiocanal 2021
Ziemlich weiblich

Aber natürlich kommt ein Großteil der Faszination für den Film auch durch eine hervorragend aufgelegte Darstellerriege zu­stan­de, deren Anziehungskraft vor allem durch die Inter­ak­tio­nen miteinander entsteht. Denn eigentlich sind Almo­dóvar-Filme En­semblefilme, die herzergreifende, aber stets realitätsnahe Dialoge zelebrieren. Will man Einzelleistungen her­vor­heben, dann kann man schon betonen, dass Penélope Cruz den Film als Hauptdarstellerin trägt und die Coppa Volpi in Venedig sicher nicht zu Unrecht gewonnen hat. In Er­in­ne­rung bleibt aber vor allem das schüchterne Spiel der noch relativ unbe­kann­ten Milena Smit, der man eine große Zukunft voraussagen mag. Auch Almodóvars Stammschauspielerinnen Rossy de Palma und Julieta Serrano reihen sich nahtlos in das fast ausschließlich weiblich besetzte Ensemble ein. Und so ist „Paral­lele Mütter“ ein Film über Frauen, die sich trotz aller Widrig­keiten gegenseitig unterstützen und Fehler verzeihen können.

Parallele Mütter
Regie: Pedro Almodóvar,
Filmstart: 10. März 2022

Redaktion: Philipp Demankowski

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