Die Freiheit, die ich meine

Der Freiheitsbegriff wird in der Sonderausstellung „Die Träume von Freiheit. Romantik in Russland und Deutschland” im Albertinum anhand von 140 Gemälden aus beiden Ländern neu verhandelt.
Die Beziehung zwischen Russland und Deutschland ist vielleicht keine Geschichte voller Missverständnisse, aber doch reich an Brüchen. Die Sonderausstellung „Die Träume von Freiheit. Romantik in Russland und Deutschland“ greift nun aber einen Moment in der kunstgeschichtlichen Entwicklung Europas auf, der eher durch einen Gleichklang beider Staaten gekennzeichnet ist. Es ist die Zeit nach der Französischen Revolution, in der immer noch freiheitliche Gedanken über dem Kontinent schweben, gleichzeitig aber auch Napoleon zu Felde zieht und sowohl in den deutschen Staaten als auch in Russland konservative Positionen dominieren. Viele Künstler des beginnenden Jahrhunderts stellen sich diesen Entwicklungen mit revolutionären Werken entgegen. In der Romantik wird der Traum von Freiheit weitergeträumt. In der Ausstellung werden nun zum ersten Mal Gemälde der Romantik aus dem Albertinum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und der Staatlichen Tretjakow-Galerie Moskau gemeinsam gezeigt. Nachdem die Schau zunächst in Moskau mit großem Erfolg lief, kommt sie nun nach Dresden.

35,7 × 46,4 cm / © Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau
Gemälde aus Russland und Deutschland
Im Zentrum stehen mit Caspar David Friedrich, Alexej Wenezianow, Carl Gustav Carus und Alexander Iwanow die herausragenden Künstler der Epoche der Romantik in Russland und Deutschland. Ihre Werke behandeln Themen wie Nachtlandschaften, die Italiensehnsucht, Religion und die Freiheit der Kunst. Die Besucher können sich auf 140 Gemälde freuen, von den rund die Hälfte als Leihgaben aus russischen Museen kommen, darunter nicht nur die Staatliche Tretjakow-Galerie Moskau, sondern auch die Staatliche Eremitage Sankt Petersburg, das Russische Museum Sankt Petersburg sowie das Puschkin Museum Moskau. Die deutschen Leihgaben wiederum kommen etwa aus der Alten Nationalgalerie Berlin, der Hamburger Kunsthalle oder dem Novalis-Museum in Oberwiederstedt. Hinzu kommen spezielle Exponate, die wichtige zeithistorische und kunstgeschichtliche Momente aus der Romantik verkörpern. Zu sehen sind der Dirigierstab von Carl Maria von Weber oder die Stiefel von Napoleon Bonaparte, die dieser vermutlich beim Russlandfeldzug 1812 trug. Eindrucksvoll sind auch die überlieferten Dokumente aus der Zeit, etwa das Kriegstagebuch des Dichters Theodor Körner oder das Frankreich-Reisetagebuch von Ludwig Richter.

© Foto: Albertinum | Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Elke Estel/Hans-Peter Klut
Bezüge zur Gegenwart
Dass die Romantik bis heute nachhallt, zeigen die internationalen Positionen der Gegenwartskunst, die die Ausstellung ergänzen. Die Frage nach dem Subjekt in einem selbstbestimmten freiheitlichen Leben kann schließlich immer noch nicht vollumfänglich beantwortet werden. Es sind prominente künstlerische Stimmen wie Susan Philipsz, Mathilde ter Heijne oder Wolfgang Tillmans, die sich mit den romantischen Vorbildern auseinandersetzen und mit ihren Werken den Freiheitsbegriff für sich neu verhandeln. Spektakulär ist das Ausstellungsdesign, das vom US-amerikanischen Architekten Daniel Libeskind entworfen wurde und auf eine labyrinthische Struktur aufbaut. Mit seinem Grundriss aus zwei miteinander verflochtenen Linien bietet es eine Raumfolge, die einen sinnlichen Zugang zur geistigen Welt der Künstler mitsamt ihrer inneren Zerrissenheit ermöglicht. Geboten wird damit eine Sonderausstellung, die nicht nur Grenzen überwindet, sondern auch Brücken schlagen kann, und zwar ohne Widersprüche zu leugnen. Es steht zu vermuten, dass auch die Romantiker diesem Ansatz folgen würden. PD n
Träume von Freiheit.
Romantik in Russland und Deutschland
Oktober 2021 bis 6. Februar 2022
Albertinum, Tzschirnerplatz 2, 01067 Dresden
www.skd.museum