Die Freiheit, die ich meine

Romantik in Russland. Träume von Freiheit - Raumansichten / © Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: David Pinzer
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Der Freiheitsbegriff wird in der Sonderausstellung „Die Träume von Freiheit. Romantik in Russland und Deutschland” im Albertinum anhand von 140 Gemälden aus beiden Ländern neu verhandelt.

Die Beziehung zwischen Russland und Deutschland ist vielleicht keine Geschichte voller Missverständnisse, aber doch reich an Brüchen. Die Sonderausstellung „Die Träume von Freiheit. Romantik in Russland und Deutschland“ greift nun aber einen Moment in der kunstgeschichtlichen Ent­wicklung Europas auf, der eher durch einen Gleichklang beider Staaten gekennzeichnet ist. Es ist die Zeit nach der Fran­zösischen Revolution, in der immer noch freiheitliche Gedanken über dem Kontinent schweben, gleichzeitig aber auch Napo­leon zu Felde zieht und sowohl in den deutschen Staaten als auch in Russland konservative Positionen dominieren. Viele Künstler des beginnenden Jahrhunderts stellen sich diesen Entwicklungen mit revolutionären Werken entgegen. In der Romantik wird der Traum von Freiheit weitergeträumt. In der Ausstellung werden nun zum ersten Mal Gemälde der Roman­tik aus dem Albertinum der Staatlichen Kunst­samm­lungen Dresden und der Staatlichen Tretjakow-Galerie Mos­kau ge­mein­sam gezeigt. Nachdem die Schau zunächst in Mos­kau mit großem Erfolg lief, kommt sie nun nach Dresden.

Silvester Schtschedrin, Grotta di Matromania auf Capri, 1827, Öl auf Leinwand,
35,7 × 46,4 cm / © Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau
Gemälde aus Russland und Deutschland

Im Zentrum stehen mit Caspar David Friedrich, Alexej Wene­zianow, Carl Gustav Carus und Alexander Iwanow die herausragenden Künstler der Epoche der Romantik in Russland und Deutschland. Ihre Werke behandeln Themen wie Nachtland­schaften, die Italiensehnsucht, Religion und die Freiheit der Kunst. Die Besucher können sich auf 140 Gemälde freuen, von den rund die Hälfte als Leihgaben aus russischen Museen kommen, darunter nicht nur die Staatliche Tretjakow-Galerie Moskau, sondern auch die Staatliche Eremitage Sankt Peters­burg, das Russische Museum Sankt Petersburg sowie das Pusch­kin Museum Moskau. Die deutschen Leihgaben wiederum kommen etwa aus der Alten Nationalgalerie Berlin, der Hamburger Kunsthalle oder dem Novalis-Museum in Ober­wieder­stedt. Hinzu kommen spezielle Exponate, die wichtige zeithistorische und kunstgeschichtliche Momente aus der Romantik verkörpern. Zu sehen sind der Dirigierstab von Carl Maria von Weber oder die Stiefel von Napoleon Bonaparte, die dieser vermutlich beim Russlandfeldzug 1812 trug. Eindrucks­voll sind auch die überlieferten Dokumente aus der Zeit, etwa das Kriegstagebuch des Dichters Theodor Körner oder das Frank­reich-Reisetagebuch von Ludwig Richter.

Caspar David Friedrich, Zwei Männer in Betrachtung des Mondes. 1819/20, Öl auf Leinwand, 33 x 44,5 cm, Albertinum |
© Foto: Albertinum | Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Elke Estel/Hans-Peter Klut
Bezüge zur Gegenwart

Dass die Romantik bis heute nachhallt, zeigen die internationalen Positionen der Gegenwartskunst, die die Ausstellung er­gänzen. Die Frage nach dem Subjekt in einem selbstbe­stimm­ten freiheitlichen Leben kann schließlich immer noch nicht voll­umfänglich beantwortet werden. Es sind prominente künstle­rische Stimmen wie Susan Philipsz, Mathilde ter Heijne oder Wolfgang Tillmans, die sich mit den romantischen Vor­bildern auseinandersetzen und mit ihren Werken den Frei­heits­begriff für sich neu verhandeln. Spektakulär ist das Aus­stel­lungsdesign, das vom US-amerikanischen Architekten Daniel Libeskind entworfen wurde und auf eine labyrinthische Struktur aufbaut. Mit seinem Grundriss aus zwei miteinander verflochtenen Linien bietet es eine Raumfolge, die einen sinnlichen Zugang zur geistigen Welt der Künstler mitsamt ihrer inneren Zerrissenheit ermöglicht. Geboten wird damit eine Son­derausstellung, die nicht nur Grenzen überwindet, sondern auch Brücken schlagen kann, und zwar ohne Widersprüche zu leugnen. Es steht zu vermuten, dass auch die Romantiker diesem Ansatz folgen würden. PD n
Träume von Freiheit.


Romantik in Russland und Deutschland
Oktober 2021 bis 6. Februar 2022
Albertinum, Tzschirnerplatz 2, 01067 Dresden
www.skd.museum

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