900 Jahre Riesa – Kleinod an der Elbe
Im Gespräch mit Marco Müller, Oberbürgermeister der Kreisstadt Riesa
Riesa ist vielleicht kein schlafender Riese, wohl aber eine aufstrebende Stadt, die ihr industrielles Erbe auf den richtigen Wegen in die Jetztzeit übersetzt hat. Noch immer mit starken Unternehmen in der Stahlbranche vertreten, hat sich die Branchenvielfalt der 31.000-Einwohner-Stadt aber seit der Wende erheblich vergrößert. Zudem ist der Sport in der Stadt nach wie vor stark verankert.
In diesem Jahr gibt es für die Riesaerinnen und Riesaer gleich zwei Gründe zum Feiern. Die Stadt wird 900 Jahre alt. Im Oktober 1119 tauchte der ursprüngliche Name „Riezowe“ erstmals in einer Urkunde des Papstes Calixtus II. auf, als Dietrich I., Bischof von Naumburg, das älteste Kloster der Mark Meißen weihte. Im Rahmen der umfangreichen Feierlichkeiten wird zudem auch der diesjährige „Tag der Sachsen” in der Elbestadt gefeiert. Wir sprachen mit Oberbürgermeister Marco Müller (CDU), der seit 2014 im Amt ist, über die Entwicklung der Stadt und die anstehenden Feste.
Warum ist es eine gute Entscheidung, den „Tag der Sachsen“ nach Riesa zu holen? Was erhoffen Sie sich von der Veranstaltung?
Marco Müller: Der „Tag der Sachsen” ist ein großer Höhepunkt für alle Menschen im Freistaat. Das größte Vereinsfest in Sachsen lockt natürlich unheimlich viele Gäste an, denen wir zeigen wollen, dass Riesa eine wunderschöne, eine lebenswerte Stadt ist. Da wir in diesem Jahr unser 900. Jubiläum feiern, ist der „Tag der Sachsen” als Höhepunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten aber auch ein Geschenk an die Rieser Bürgerschaft.
Unter welchen Kriterien stand die Planung des Stadtjubiläums?
Unser Leitspruch lautet ja „Wie die ,Wiesn‘ – nur besser!“ Das ist sicher etwas provokant und mit einem Augenzwinkern zu betrachten, zeugt aber auch von Selbstbewusstsein und unserem Wunsch, ein Familien- und Vereinsfest auszurichten, das Gäste und Bürger der Stadt zusammenbringt. Wir gehen aktuell von 350.000 Besuchern aus. Es können aber gerne auch mehr werden.
Worauf können sich die Besucher des „Tags der Sachsen” freuen?
Neben den offiziellen Programmpunkten von der Eröffnung über den Empfang des Kuratoriumspräsidenten und des Ministerpräsidenten bis hin zur Vergabe des übernächsten Ausrichters und dem traditionellen Festumzug gibt es ein umfangreiches und vielfältiges Bühnenprogramm mit unseren Medienpartnern an verschiedenen Standorten. Zentraler Veranstaltungsort ist dabei der Rathausplatz. Dazu sind derzeit über die Stadt verteilt 20 verschiedene Themenmeilen in Vorbereitung. So wird es etwa eine Vereins-, eine Genuss- oder eine Bildungsmeile geben.
1999 war Riesa das letzte Mal Ausrichter des Tags der Sachsen. Was hat sich im Stadtbild seitdem getan?
Grundsätzlich kann man sagen, dass in Riesa eine sehr aktive Bürgerschaft lebt, die zu den Veränderungen im Stadtbild im hohen Maße beigetragen hat. Am deutlichsten fällt das wohl bei der 1945 von Wehrmachtsoldaten gesprengten Schlossbrücke auf, deren Wiederaufbau 2011 aus privaten Spendengeldern mitfinanziert wurde. Auch die Sanierung des markanten Volkshauses ist der Initiative eines Riesaer Unternehmers zu verdanken. Generell hat sich die Aufenthaltsqualität in der Stadt sehr positiv entwickelt. Wir haben durch Rück- aber auch zeitgemäßen Neubau ein attraktives Wohnumfeld geschaffen. Dazu gehört auch die Komplettsanierung unserer Schulen. Zudem verfügt Riesa über eine erfreuliche Bandbreite an kulturellen Angeboten. So hat sich das Haus am Poppitzer Platz mit der Stadtbibliothek und dem Stadtmuseum zu einem echten kulturellen Zentrum entwickelt.
Warum ist Riesa denn eine lebenswerte Stadt?
Kurz gesagt: Man kann in Riesa hervorragend leben, wohnen und arbeiten. Wir haben nicht nur hochwertige, moderne Arbeitsplätze, denn Riesa ist ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort. Wir sind auch stolz auf die anspruchsvollen Ausbildungsmöglichkeiten an der Staatlichen Studienakademie, an der künftige Diplomingenieure bzw. Bachelors, also die Riesaer Fachkräfte von morgen, studieren. Wir besitzen eine gute Infrastruktur. Man muss nicht Schlange stehen, wenn man einen Kita-Platz möchte. In der Stadt findet man bezahlbares Bauland, sozialverträgliche Mieten und ein breites Angebot an Sport-, Kultur- und Freizeitmöglichkeiten.
Gerade in den neunziger Jahren profilierte sich Riesa vor allem als Sportstadt. Durch welche Komponenten ist dieses Image heute noch aufrechtzuhalten? Ist die sportliche Strahlkraft noch eine Prämisse für Lokalpolitik und Außenwirkung?
Wir sind immer noch eine Sportstadt, allerdings hat sich der Fokus verschoben. Wir setzen verstärkt auf den Nachwuchsleistungssport. Aushängeschild sind sicher die Sportakrobaten des SC Riesa, die bei den World Games, also den olympischen Spielen für nicht olympische Sportarten, abräumten. Auch im Cheerleading und der Sportaerobic konnten die Sportlerinnen und Sportler internationale Erfolge einfahren. Die Stadt unterstützt den Vereinssport im Rahmen ihrer Möglichkeiten, aber die Erfolge haben sich durch das enorme Engagement der Sportler und Trainer selbst entwickelt. Zudem haben wir Schulbildungsangebote mit vertieftem sportlichem Profil entwickelt, die wiederum logistisch ohne die Vereine nicht möglich wären. Es gibt sogar Sportkindergärten in Trägerschaft des SC Riesa und Sportklassen in Grund- und Oberschulen und den Gymnasien.
Ist der Spitzensport auch noch in Riesa zuhause?
Ja, natürlich. Gerd Leopold, der zurzeit wohl erfolgreichste Bobtrainer der Welt, lebt und arbeitet in Riesa. Seit fünf Jahren richten wir in der SACHSENarena im Januar Läufe zur SuperEnduro Weltmeisterschaft aus, immerhin die größte Indoor-Motorradmeisterschaft der Welt. Das ist stets ein großer Erfolg. Nicht nur die Halle, auch die Hotelzimmer der Stadt sind an diesem Wochenende restlos ausgebucht. Auch die International Darts Open finden mit großem Zuspruch seit 2015 in der SACHSENarena statt. Dart ist ein Sport, der immer mehr Zuspruch findet. Seit über 20 Jahren richtet Riesa Weltmeisterschaften im Show- und Stepptanz mit mehr als 3.000 Teilnehmern aus. Wir sind da immer wieder auf der Suche nach Nischen. Boxen, eine Sportart, die früher stark in Riesa beheimatet war, hat hingegen an Popularität verloren.
Mit welchen Argumenten kann die Stadt Riesa touristisch überzeugen?
Wer nach Riesa kommt, ist oft überrascht. Jedenfalls hören wir das immer wieder von Menschen, die zum ersten Mal in der Stadt weilen. Riesa wird häufig unterschätzt. Klar, wir sind eine Industriestadt. Und dieses Erbe pflegen wir nach wie vor. Aber unser Profil weist so viel mehr an Attraktionen auf. So ist beispielsweise der Elberadweg ein touristisches Pfund. Der Radtourismus hat spürbar angezogen. Der Wassertourismus läuft immer besser an, auch wenn wir hier noch Reserven sehen. Wir sind wirklich einen großen Schritt vorangekommen. Als wir vor 14 Jahren das Büro der Tourist-Information eröffneten, haben wir noch skeptische Blicke geerntet. Heute ist das Büro an sieben Tagen die Woche stark frequentiert.
Schlussendlich noch eine persönliche Frage. Was ist Ihr Lieblingsplatz in der Stadt?
Mein Lieblingsplatz ist der Stadtpark. Da halte ich mich sehr oft mit der Familie auf, gehe joggen oder lasse es mir zum Feierabend auch mal im Biergarten gut gehen. Der Stadtpark ist wirklich ein Schmuckstück, dessen Nutzungspotenziale wir in Zukunft noch erweitern wollen.
Top: Herr Oberbürgermeister, vielen Dank für das Gespräch.
Weitere Informationen
erhalten Sie unter
www.riesa.de
Interview: Philipp Demankowski