Mit Napoléon auf Du und Du

© Odiot Archiv
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Im Gespräch mit Pia Hofmann Piard

Anlässlich der Gedenkfeierlichkeiten zum 200. Todestag von Napoléon Bonaparte besuchte Top Magazin die berühmte Gold- und Silberkunstschmiede Odiot. Der französische Kaiser war einer der besten Kunden der 1690 gegründeten Kunstschmiede­werkstatt in Paris. Heute wird Odiot von Pia Hofmann Piard betreut, die die Geschichte des Hauses bewahrt und um neue Stücke und Serien ergänzt. Charity ist ihr zudem eine Herzensangelegenheit. Zum HOPE Charity Dinner am 30. Oktober 2021 im Hotel Taschenbergpalais Kempinski Dresden wird eine Odiot-Kreation Teil der Tombola zugunsten von Kindern mit an Aids erkrankten Eltern in Südafrika sein. Pia Hofmann Piard beabsichtigt mit Lord Michael Anders-Cavendish an der Benefizveranstaltung teilzunehmen.

Pia Hofmann Piard / Foto: © Odiot Archiv

Dank Napoléon gehört Odiot heute zur französischen Kunst­geschichte. Pia Hofmann Piard möchte das Haus mit der langen Tradition am Leben erhalten. Top Magazin sprach mit ihr in Maria Wörth am schönen Wörthersee, wo sich das Ehe­paar Piard seit Beginn der Covid-Pandemie aufhält.

Seit wann besitzen Sie Odiot und wie kam es dazu?

Pia Piard: Mein Mann Patrick Piard kaufte Odiot 2013 und gründete die Gruppe CELT (Compagnie Européenne du Luxe et de Tra­dition), zu der heute neben Odiot vier weitere Luxushäuser ge­hören. 2014 ernannte er mich zur Präsidentin von Odiot. Zu der Zeit besaß die Kunstschmiedewerkstatt eine recht ver­staub­te Boutique am Place de la Madeleine. Der Titel Präsi­dentin hört sich recht geschwollen an, denn eigentlich war ich zu Be­ginn bei Odiot das Mädchen für alles (Pia Piard lacht herzlich). Heute befinden wir uns neben dem berühmten Restaurant Maxim’s am Beginn der Rue Royale, direkt am Place de la Concorde.

Goldene Delphin Champagner Schale, inspiriert von den Springbrunnen des Schlosses Versailles / Foto: © Odiot Archiv
Und wie sieht es heute aus?

Ich versuche mit allen Mitteln die französische Tisch­kultur aufrecht zu erhalten. Odiot besitzt eine außergewöhnliche Sammlung edelster Stücke, die sich zum größten Teil in allen weltberühmten Museen, wie dem Louvre in Paris, der Ermitage von St. Petersburg, dem Metropolitanmuseum in New York, ja selbst im Nationalmuseum von Kuba, befinden. Als ich Keller und Boden aufräumte, fand ich die noch immer existierenden Formen, so dass wir heute in der Lage sind, die alten Kunstwerke zu reproduzieren. 2017 zeigte das Musée des Arts Décoratifs im Louvre die umfangreiche Ausstellung „Dessiner l’Or et l’Argent. Odiot Orfèvre 1763-1850” (Gold- und Silberzeichnungen. Odiot Kunstschmiede 1763-1850). Die Werke dazu konnte ich bei meinen Aufräumarbeiten in verstaubten Ecken entdecken. Das Wichtigste für mich ist heute, dass wir den gesamten Nachlass für die kommenden Genera­tionen intakt erhalten. Für die nötigen Restaurierungsarbeiten hat mein Mann das noch existierende Atelier Rouge Pullon aufgekauft und bei Odiot intregiert. Nur diese Experten können alten Stücken den Glanz wiedergeben. Unsere Werkstätten für Neuan­ferti­gun­gen befinden sich eine Stunde von Paris entfernt, in Brétigny-sur-Orge. Momentan ist die Nachfrage nach rosévergoldeten Kunstobjekten groß.

Liebe Pia Piard, Sie verkörpern das Image der schicken Pari­serin. Würden Sie uns verraten, wo Sie geboren wurden und wo Sie dann später aufwuchsen?

Ich wurde in Frankfurt am Main geboren, wuchs aber in Steyr in Österreich auf. Mein Vater stammt aus Thailand und meine Mutter aus Österreich. In Steyr ging ich auf das Gym­na­sium und studierte dann danach Politikwissenschaften und Publizistik in Wien. Meine Jugend verlief harmonisch in einer schönen Umgebung. Später dann entwarf und kreierte ich meine eigenen Schmuck­linien mit großem Erfolg. Und schon in jungen Jahren faszinierten mich schön gedeckte Tische.

Wann und wo trafen Sie Ihren Mann? War es damals Liebe auf den ersten Blick?

Nein. Es war Liebe auf den dritten Blick in drei Akten. Freunde nahmen mich in Ste. Maxime in Süd­frankreich zu Patrick Piard in sein beeindruckendes Haus zu einer Party mit. Ich fand den charmanten, eleganten Franzosen sehr nett, aber das war damals schon alles. Es kam mir nicht in den Sinn, mich zu binden. Meine Freiheit bedeutete mir alles und ich hatte ja mein Schmuckgewerbe. Ein Jahr später läutete mein Telefon. Zuerst dachte ich, es handelte sich um einen Kunden, doch es war Patrick, der mir berichtete, dass er geschäftlich in Wien zu tun hätte und mich gern zum Lunch einladen möchte. Als Treffpunkt schlug er das berühmte Hotel Sacher vor. Was mir damals am meisten imponierte: Patrick schritt pünktlich die Treppen im Hotel herunter. Ich liebe nun mal pünktliche Män­ner. Etwas später stellte sich heraus, dass er in Wien eigentlich keine Termine hatte und nur meinetwegen angereist war. Das war dann der zweite Akt. Viel später fand unsere erste gemeinsame Reise nach Marrakesch ins Legendenhotel La Mamounia statt. Dort beschlossen wir, dass wir den kommenden Silvester­abend in New York im berühmten Restaurant Le Cirque zusammen verbringen wollen. Es war ein fabelhafter Abend. Mir gegenüber saß der Hollywoodstar Lauren Bacall.

v.l.: Pia und Patrick Piard mit Gräfin Monica Agusta, Senior Vice President der Netjets Private Aviation / Foto: © Odiot Archiv

Dann, genau nach drei Jahren, im dritten Akt, zogen wir zusammen. Paris war in Sprache und Kultur Neuland für mich. Ich war begeistert von der Schönheit der Stadt und entdeckte das beeindruckende Angebot an Kunst und Kultur. Kurz darauf bezogen wir eine elegante Bleibe auf Fisher Island in Miami und pendelten zwischen Frankreich und Amerika. 2003 kam unser Sohn Julien in Florida zur Welt. Heute fühlt sich Julien als Österreicher. 2008 heirateten wir dann. Patrick brachte drei Söhne mit in die Ehe, die heute alle Anfang dreißig sind. Bereits von Beginn an bewunderte ich meinen Mann und war beeindruckt über seine Erfolge. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Wie wir hörten, haben Sie einen Kreis aus Menschen, die Odiot verbunden sind, ins Leben gerufen.

Ja, ich bin erfolgreich auf die Suche nach noch vorhandenen Nachfahren der Odiots gegangen und organisierte dann ein Netzwerk aus Sammlern der Odiot-Kreationen, Jour­na­listen und Dekorateuren um die Nachfahren herum. Vor der Corona-Pandemie veranstaltete ich Dinnerabende mit Vor­trä­gen im Privatclub Interallié oder bei mir zu Hause. Sobald wir wieder normal leben dürfen, setze ich die Veranstaltungen fort.

Odiot-Tischset mit Pokalen, goldenen Tellern und Kristallgläsern / Foto: © Odiot Archiv
Wer ist heute Kunde bei Odiot?

Heute bestellt bei uns die junge Generation, die von ihren Eltern erlesene Stücke von Odiot geerbt hat, um die Sammlung eleganter Tischkultur zu komplettieren. Oft lassen sie auch geerbte Stücke restaurieren, da sie im Laufe der Zeit an Glanz verloren haben. Große Kunden sitzen in Mo­naco, in Russland, in Marokko, im Orient und in China. Sie müssen wissen, an einem Großauftrag, wie jener von der Mutter von Napoléon, arbeiten unsere Werkstätten ein ganzes Jahr. Davon kann Odiot bereits existieren. Jackie Kennedy-Onassis bestellte bei Odiot das komplette Besteck für die Onassis-Yacht. Bei Jean-Baptiste-Claude Odiot bestellte damals der amerikanische Bot­schafter den vergoldeten Becher als Taufgeschenk für Präsident Jefferson, der später durch Präsident Nixon als Geschenk an Präsident Georges Pompidou zurück nach Frankreich kam.

Wo leben Sie heute mit ihrem Mann?

Zwischen Paris und Maria Wörth in Österreich. Mein Mann und unser Sohn fühlen sich in Österreich pudelwohl. Alle zwei Wochen begibt sich Patrick für seine Geschäfte nach Paris. Ich arbeite hier am Wörthersee jeden Morgen für Odiot am Notebook. Wir besitzen noch in der grünen Normandie ein Fach­werk­herren­haus, wo wir auf Grund der Quarantäne schon lange nicht mehr waren. Unsere Yacht in Südfrankreich wollen wir verkaufen, da Patrick von einem noch größeren und schöneren Modell träumt, mit dem wir dann im Sommer im Mit­tel­meer und im Winter in der Karibik kreuzen wollen.

Was planen Sie für Odiot? Vielleicht eine Schmucklinie?

Wir werden die Taufbecher in die Produktion aufnehmen, sowie andere er­schwingliche kleine Kunst-Gegen­stände. Seit kurzem gibt es bei Odiot eine Kristall­gläser- und Porzellanlinie. Ob ich einmal eine Schmucklinie für Odiot entwerfen werde, steht noch nicht fest. Neben­bei arbeiten wir mit berühmten Künst­lern, wie Hubert Le Gall, der die Wand­leuch­ten „Lumière” kreierte, für die er sich von der Kunstepoche König Ludwig XVI. inspirieren ließ. Mattia Bonetti hat für Odiot einige Stücke entworfen, die anlässlich des Como Lake Design Fair präsentiert wurden. An diesen neuen Kreationen sind in erster Linie Dekorateure und Hotels interessiert. Zur letzten großen Kunstmesse „Biennale de Paris” 2019 schmückten wir mit unseren schönsten Antik­objekten die glamourösen Ehren­tische des Galadinners.

Welche außergewöhnlichen Kreationen liegen Ihnen besonders am Herzen?

Der Pokal, den Odiot nach einer Brust von Pauline Borghèse auf ihren Wunsch hergestellt hatte. Ein Schmetter­ling, der zu Lebzeiten Paulines Glücksbringer war, verziert das frivole Kunstwerk.

Fotos: © Odiot Archiv

Auch die Konfektdose der Feldmarschalle, eine Trophäe, mit der Napoléon besondere Taten ehrte, begeis­tert mich. Die Tischlampe Biennais, die für Napoléon angefertigt wurde, ist ebenfalls eine Kreation, die ich besonders liebe. Beide Kunstwerke stehen heute auf dem Schreibtisch des französischen Staats­präsidenten im Elysée Staatspalais in Paris. Als Besteck würde ich das, welches für Napoléons Mutter entworfen wurde, wählen, oder auch das, welches für den russischen Prin­zen Demidoff angefertigt wurde, der ein guter Kunde bei Odiot war. Heute veredeln wir unsere Kreationen mit Silber, Gold oder dem im Augenblick sehr gefragten Roségold, welches mir besonders gut gefällt.

Als Pariserin, die für ihren Schick weltweit bekannt sind, verraten Sie uns bitte, wo Sie sich einkleiden?

Für meine Cocktail- und Abendkleider bevorzuge ich Dior, ansonsten kaufe ich beim Shoppingbummel das, was mir gerade gefällt. Vor der Covid-Pandemie kleidete mich die amerikanische Modeschöpferin Kim Hicks in New York ein.

Pia Hofmann Piard auf ihrer Yacht am mit Odiot-Silberstücken gedeckten Tisch / Foto: © Odiot Archiv
Als Kunstexpertin dürfte Ihnen Dresden ein Begriff sein. Haben Sie schon einmal unsere Stadt, die man liebevoll Elbflorenz nennt, besucht?

Selbstverständlich ist mir Dresden aus Kunstbüchern und Reiseberichten ein Begriff. Mich fasziniert auch die schillernde Geschichte der Könige von Sachsen. Leider war ich noch nie persönlich in Ihrer interessanten Stadt.
Top: Ende Oktober organisieren wir in Dresden das HOPE Cape Town-Charitydinner, zugunsten Kindern von an Aids erkrankten Eltern in Südafrika. Es wäre schön, wenn wir Sie dafür interessieren könnten.

Vielleicht unterstützen Sie auch unsere Tombola?

Mein Mann und ich unterstützen verschiedene Stiftungen, und falls bis dahin das Reisen wieder möglich ist, würde ich mich freuen, Dresden zu entdecken, die Redaktion des Top Magazins kennenzulernen, Sie zur Tombola zu unterstützen und, wenn es sich zeitlich vereinbaren lässt, persönlich dabei zu sein. Hoffen wir bis dahin.

Foto: © Odiot Archiv

Über Odiot:
1690 gründeten die Odiots in Paris die Kunstschmiede­werkstatt und behielten sie gute 200 Jahre erfolgreich im Familienbesitz. Der französische Kaiser Napoléon Bonaparte und seine Familie waren damals bei Jean-Baptiste-Claude Odiot (1763-1850), der in dritter Generation das Unternehmen leitete, die besten Kunden. An einem trüben Ok­to­ber­tag im Jahre 1801 erhielt Jean-Baptiste-Claude Odiot gemeinsam mit dem Juwelier Marie-Etienne Nitot vom Kaiser Napoléon Bona­parte den Auf­trag, sein Krönungsschwert herzustellen. Einige Zeit da­nach gab Ma­da­me Mère, die Mutter Laetitia von Na­po­léon, Odiot den Auftrag, für sie ein umfangreiches vergoldetes Tafel­service mit Vasen, Kerzen­leuch­tern, Suppen- und Anrichte­schüs­seln, Platztellern, Be­steck und allem, was sonst noch dazu gehört, zu fertigen. König Jerôme von Westfalen, Bruder Napoléons, orderte ein vergoldetes Tafelservice. 215 Teile davon befinden sich bis zum heutigen Tag in der Münchener Resi­denz. Die Stadt Paris bestellte bei Odiot einen vergoldeten Toilet­tentisch mit Fauteuil, zwei Kandelabern, Vasen und Schmuck­­schatul­len als Hoch­zeitsgeschenk für Marie-Louise von Österreich, als diese Napoléon hei­­ratete. Wäh­rend im 19. Jahrhundert in Paris die Cholera tobte, ließ Kaiserin Marie-Louise das Toiletten­ensemble einschmelzen, um Medi­kamente gegen die verheerende Krankheit zu finanzieren. Zur Geburt des Na­po­léon-Sohnes Edmond, König von Rom, in der klassischen Literatur als L’Aiglon (der Adler) bekannt, fertigte Odiot die vergoldete Wiege an, in der das kaiserliche Baby im Pariser Stadtpalast Les Tuileries Hof hielt. Heute steht die Wiege im Kunsthistorischen Museum in der Weltlichen Schatzkammer in Wien. Nach Napoleons Abdanken blieb der französische Regent Ludwig XVIII. dem Haus Odiot als Kunde treu. Bei so hochkarätiger adliger Kundschaft ließen es sich weitere Kaiser- und Königs­häuser nicht nehmen, ebenfalls bei Odiot zu ordern.

Odiot Boutique
7-Rue Royale, F-75008-Paris
Tel :+33 1 5305 1220, www.odiot.com


Geschichtsteil Odiot und Interview: Michel Anders-Cavendish

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