Schloss Weesenstein: Perle des Müglitztals

Parkanlage von Schloss Weesenstein / Foto: © Schlösserland-Sachsen - Sylvio Dittrich
0

Wer ins Müglitztal einfährt, kann es nicht übersehen. Immerhin erhebt sich das Schloss Weesenstein fast schon majestätisch von einem massiven Felsvorsprung. Doch auch die barocke Parkanlage beeindruckt nachhaltig.

Foto: © www.schloesserland-sachsen.de / Sylvio Dittrich

Mit über 800 Jahre auf dem Buckel hat man sicher einiges zu erzählen. Und wenn die Mauern von Schloss Weesen­stein reden könnten, würde der Wortschwall wahrscheinlich gar nicht mehr versiegen. Zwar lag das Schloss nicht unbedingt direkt am Puls sächsischer Realpolitik, doch dafür sind die Geschichten schier unerschöpflich, die sich um das erstmals im 12. Jahrhundert erwähnte Bauwerk ranken. Als erster Besitzer wurden die Burggrafen von Dohna vermerkt, wobei die die erste urkundliche Erwähnung Weesensteins im Jahr 1318 noch unter dem Namen Weysinburg firmierte. Die große architektonische Besonderheit der Anlage ist, dass sie zu ei­nem großen Teil von oben nach unten gebaut wurde. Die „Perle des Müglitztals“ wurde gewissermaßen in den Felsen gehauen. Während der Burgfried auf der Spitze des Felskegels errichtet wurde, wurden alle architektonischen Ergänzungen weiter unten gebaut. Dadurch befinden sich etwa die alten Keller­räume im fünften, die die Pferdeställe im vierten Geschoss.

Die Bünau’schen Schlossherren

Untrennbar verbunden ist das Schloss mit dem Namen von Bünau, denn von 1406 bis ins Jahr 1772 bestimmte die traditionsreiche Familie das Geschehen im Müglitztal. Das Adels­geschlecht, das über ganz Mitteleuropa verstreut war, gehörte vor allem im 15. und 16. Jahrhundert zu den einflussreichsten und vermögendsten Häusern in Sachsen. Der erste Hausherr auf Weesenstein war Günther von Bünau, der die Burg von Markgraf Wilhelm I. von Meißen für seine Verdienste bei der Vertreibung der Dohnaer Burggrafen überlassen bekam. Eine Auseinandersetzung, die als sogenannte Dohnaische Fehde in die sächsische Geschichte eingehen sollte. Unmittelbar darauf verlor die Familie Bünau in den Hussitenkriegen (1420 – 1434) der Legende nach 200 Abkömmlinge. Nur drei Brüder und Vettern mit den Namen Heinrich, Günther und Rodolf überlebten. In Gedenken an diesen Umstand wurden in den folgenden Jahren nur noch diese Vornamen für die männlichen Bünaus verwendet. So hört der letzte nachgewiesene Schloss­herr der Bünaus auf den Namen Rudolf VI., der Schloss Weesenstein dann allerdings 1772 an die bürgerliche Familie von Uckermann für 100.000 rheinische Gulden verkaufen musste.

Parkanlage von Schloss Weesenstein / Foto: © Schlösserland-Sachsen – Ernst Wrba
Königlicher Philosoph

Nachdem die Familie der Uckermanns vor allem den Park­be­reich umgestaltete, übernahm 1830 König Anton von Sachsen und damit die Wettiner das Schloss sowie die Herrschaft Weesenstein. Auch sein Neffe, Johann von Sachsen, lebte auf dem Schloss. In Erinnerung blieb der spätere König allerdings weniger für seine Staatskunst als für seine Leistungen als Philosoph und Wissenschaftler. Seine Übersetzung von Dante Aligheris „Göttlicher Komödie“ unter dem Pseudonym Phila­lethes gilt noch heute als wegweisend. Nachdem mit Johanns Wirken auch das gesellschaftliche Leben auf Schloss Weesen­stein in voller Blüte stand, sahen sich die Wettiner schließlich 1918 dazu gezwungen, das Schloss an den Großindustriellen Alwin Bauer zu verkaufen. In der Folge zeigten sich immer mehr Spuren des Verfalls, da die Erbin Bauers das Schloss finanziell nicht unterhalten konnte. 1933 erwarb der Landes­verein Sächsischer Heimatschutz mit Hilfe von Spenden der Bevölkerung das Objekt. Zahlreiche wertvolle Kunstschätze aus Dresden wurden im Zweiten Weltkrieg in den Räumen des Schlosses versteckt. Nachdem die Anlage nach dem Krieg in die Trägerschaft der Gemeinde Weesenstein ging, befindet sie sich heute im Besitz des Freistaates Sachsen. Aktuell gibt es abseits pandemiebedingter Beschränkungen wieder ein betriebsames Schlossleben. Bei kulinarischen Veranstaltun­gen wird die Historie des Hauses erklärt und gerade als Kulisse für Konzerte jeglicher Art bietet das Schloss eine einzigartige Kulisse.

Symmetrie in Perfektion

Nicht verpassen sollte man einen Rundgang durch den lauschigen Park, der 1781 von den Uckermanns im französischen Stil angelegt wurde und heute auch wieder für Veran­stal­tungen genutzt wird. Der Park eignet sich zudem auch als Ausgangs- oder Endpunkte für Spaziergänge ins wildromantische Müglitztal mit seinen steilen und reich bewaldeten Hän­gen. Der Fluss, der dem Tal den Namen gibt, wurde dem Park wiederum 2002 zum Verhängnis. Die Müglitz wurde bewusst so angelegt, dass sie den Schlossgarten kreuzt, was im Lau­fe der Jahrhundertflut im August 2002 zu verheerenden Schäden führte. Großformatige Fotos erinnern in den Außen­bereichen an die Verwüstungen. Heute erstrahlt der Park glücklicherweise wieder im alten Glanz, wobei vor allem das natürliche Wasserspiel ins Auge fällt, das durch einen künstlichen kleinen Wasserfall ergänzt wird. Ein streng symmetrisches Wegenetz führt zu verschiedenen Erlebnisräumen. Vielfältige Rosen und Blumenrabatten zie­ren den schlossnahen Abschnitt. Im größeren Parkteil leiten schattenspendende Lindenalleen und mit Hain­buchen­hecken gesäumte Wege zu den architektonischen Kleinoden.

Blick auf Schloss Weesenstein / Foto: © Schlösserland-Sachsen – Anja Weiss-Ostkreuz
Brauen aus Tradition

Übrigens wurden lange nicht nur Spaziergänger auf Schloss Weesenstein glücklich. Auch Freunde erlesener Brauereispezialitäten wagten immer mal wieder einen Abstecher. Schon in der Amtszeit von Rudolf II. von Bünau (1486 bis 1543) wurde die Brautätigkeit im Schloss aufgenommen und seitdem sorgsam kultiviert. Dabei stellte man sich auch gegen die herrschenden Verhältnisse. Obwohl das Brauen ab 1550 in Kursachsen auf Rittergütern und in Dörfern verboten war, wurde die Tradition auf Weesenstein trotzdem fortgesetzt. Erst später bekamen die Schloss­her­ren offiziell das Braurecht zugesprochen. 1853 musste die Schlossbrauerei dann vermutlich aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten schließen. Erst 1999 nahm Ulrich Betsch die Tätigkeit wieder auf, um an historisch verbürgter Stelle Bier herzustellen. Dabei ließ er sich auch nicht von der Jahrhundertflut 2002 aufhalten. Jedes Jahr kamen gut 350 Hektoliter Bier zusammen. Nun aber ist Schluss mit Brauen auf Schloss Weesenstein. Ulrich Betsch zieht ab August 2021 ins Rittergut Maxen, um sein Braugut und die beliebten Seminare anzubieten.

Schloss Weesenstein
Am Schlossberg 1, 01809 Müglitztal
www.schloss-weesenstein.de
www.schloesserland-sachsen.de

Redaktion: Philipp Demankowski

Sie interessieren Sich möglichweise auch für:

X