Popstar des Kommunismus

Sadie Barnette, My Father's FBI File, Project 4, 2017 Pigmentdruck Jeweils 40 x 50 cm (RM: 43 x 65 x 3 cm) Edition 1/5
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Als die Aktivistin Angela Davis 1970 verhaftet wurde, reiteten die DDR-Bürger auf einer Welle der Empörung. Wie dieses Verhältnis heute zu bewerten ist, versucht die Ausstellung „ 1 Million Rosen für Angela Davis“ zu ergründen.

Sie war die „Heldin des anderen Amerika“ in den beginnenden 70er Jahren. Das sahen nicht nur die Anhänger der Black Power-Bewegung und linke Kreise in der Bundesrepublik so, sondern auch viele Bürgerinnen und Bürger der DDR. Als Angela Davis 1970 verhaftet und auf Grundlage des Terrorismusverdachts in den USA angeklagt wurde, ging ein Aufschrei durch den Arbeiter- und Bauernstaat. Der Bürgerrechtlerin wurde vorgeworfen, eine Waffe für einen missglückten Befreiungsversuch von George Jackson besorgt zu haben, weil ihr Name bei deren Kauf benutzt wurde. Infolgedessen landete Angela Davis auf der berüchtigten Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher der USA und geriet zur Symbolfigur des Antiimperialismus. Es war die Ostsee-Zeitung in Greifswald, die schließlich eine beispiellose Solidaritätswelle lostrat. Die Schüler der örtlichen Oberschule forderten in ihren Solidaritätsschreiben „Freiheit für Angela Davis“. Bald darauf folgten Blumengrüße und Protestaktionen im ganzen Land, die sich zwei Jahre hinzogen.

Beispiellose Solidarität

Nach ihrer vorläufigen Entlassung aus dem Gefängnis in San Jose im Februar 1972 war der Ost-Berliner Sonderberichterstatter Horst Schäfer einer der ersten, der ihr auch im Namen vieler DDR-Bürger gratulierte. Wenig später reiste die Frau mit dem ikonischen Afro sogar nach Ost-Berlin, traf den späteren Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker, aber auch Kosmonautin Walentina Tereschkowa. Die kommunistische Variante einer Popstar-Heldenerzählung passierte vor den Augen der Weltöffentlichkeit. Eine Geschichte, von der Zeitzeugen heute noch gern berichten. Natürlich ist die historische Anekdote um Angela Davis und die DDR aus heutiger Sicht nicht ohne Widersprüche. Die Ausstellung „1 Million Rosen für Angela Davis“ verschweigt die Gegensätze nicht und hinterfragt den vereinfachenden Blick der DDR-Medien auf die inzwischen emeritierte Professorin.

Ausstellungsansicht „1 Million Rosen für Angela Davis” / © Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Laura Fiorio
Aktuelle Positionen

Daher zeigt das Albertinum neben ausgewählten Archivmaterialien vor allem Werke internationaler Gegenwartskunst. Zum Teil wurden Fotografien, Video- und Klanginstallationen, Skulpturen, sowie Konzeptarbeiten extra für die Ausstellung angefertigt. Ergründet wird dabei auch, wie die heutige junge Generation Davis’ Engagement für soziale Gerechtigkeit sowie ihren Einsatz für die Bekämpfung von Rassismus und Sexismus bewertet. Die Veranstaltungsmacher wollen in der Kunsthalle im Lipsiusbau einen experimentellen Raum der Begegnung von Vergangenheit und Zukunft schaffen. Ein umfangreiches Begleitprogramm hilft bei dieser Zusammenkunft.

1 Million Rosen für Angela Davis

bis 24. Januar 2021
Kunsthalle im Lipsiusbau

www.skd.museum

Text: Philipp Demankowski

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