Digital & praxisnah
Personalwechsel an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTW Dresden), der zweitgrößten Hochschule in der Stadt: Prof. Katrin Salchert folgt dem langjährigen Rektor Prof. Roland Stenzel, dessen zweite Amtszeit am 31. März 2020 endete. Die Chemikerin war zuletzt als Vizepräsidentin für Wissens- und Technologietransfer an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus – Senftenberg tätig, die der HTW Dresden in der inhaltlichen Ausrichtung durchaus ähnlich ist. Eines ihrer wesentlichen Ziele ist es, die HTW Dresden als Innovationstreiberin in Sachen Digitalisierung in Stellung zu bringen. Ein Prozess, der durch die Umstellung auf den Online-Lehrbetrieb durch die Corona-bedingten Restriktionen, bereits angeschoben wurde, wie sie im Interview mit dem Top Magazin Dresden Ostsachsen erklärt.
Haben Sie sich denn bereits in Dresden einleben können?
Prof. Katrin Salchert: Das fiel mir gar nicht schwer, da ich schon einige Jahre in Dresden wohne. Das Einleben an der HTW Dresden gestaltete sich da schon etwas schwieriger, da ich ja unter erschwerten Bedingungen am 1. April gestartet bin, sozusagen zum Zeitpunkt des Höhepunkts der Corona-Krise. Wir hatten keine Studierenden an der Hochschule, viele Kolleginnen und Kollegen befanden sich im Homeoffice und die Gremiensitzungen fanden über Videokonferenz statt. Wir sind gerade dabei, die Hochschule Stück für Stück zu öffnen, weshalb ich hoffe, dass ich nun auch bald einige von ihnen hier vor Ort antreffen kann.
Welche konkreten Maßnahmen beinhaltet dieser Öffnungsprozess und kann man schon Prognosen für das nächste Semester abgeben?
Bis Anfang Mai fand der komplette Lehrbetrieb online statt. Danach haben wir für bestimmte Lehrveranstaltungen einen Online-Modus mit Präsenz-Angeboten in Form von Praktika ermöglicht. Das ist für einige Studienrichtungen bei uns essenziell, damit die Studierenden zu einem vernünftigen Semesterabschluss kommen. Wir haben zudem eine neue Prüfungsordnung verabschiedet, die es den Studierenden einerseits erleichtern soll, überhaupt Abschlüsse zu erhalten. Andererseits soll es aber auch die Möglichkeit geben, dass die Studierenden Prüfungsergebnisse nicht zwangsweise anerkennen müssen, so dass es hier mehr Spielraum gibt. Bezüglich des Wintersemesters stehen wir in enger Abstimmung mit dem Sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Momentan sieht es schon noch danach aus, dass wir auch weiterhin vorwiegend im Online-Betrieb tätig sind. Nur so können wir die Abstandsgebote einhalten.
Umso wichtiger ist es, dass es eine vernünftige digitale Infrastruktur gibt. Wie schätzen Sie die Hochschule diesbezüglich ein?
Da sind wir seit März einen großen Schritt vorangekommen, was einfach den gegenwärtigen Rahmenbedingungen geschuldet ist. Lehre kann eben zurzeit zum Großteil nur am Laptop und mit Videokonferenz funktionieren. Dass wir da jetzt so gut aufgestellt sind, liegt in erster Linie an den Lehrenden, die bei Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltungen stark gefordert waren und es immer noch sind. Es war schon so, dass es zunächst Diskrepanzen hinsichtlich der Erfahrung mit digitalen Formaten gab. Die Transformation von vormals analogen Inhalten aus dem Hörsaal in online-kompatible Vorlesungen war allerdings für alle mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden. Zudem mussten Fragen hinsichtlich des Datenschutzes geklärt werden. Das bisher gesammelte Wissen werden wir jetzt auswerten, um die richtigen Schlüsse für die für uns passende Online-Infrastruktur zu ziehen.
Als Rektorin wollen Sie ja ohnehin die Digitalisierung an der HTW Dresden vorantreiben. Welche Schritte gehören denn abgesehen von Online-Lehrveranstaltungen dazu?
Digitalisierung betrifft die ganze Gesellschaft und auf jeden Fall auch den Hochschulbetrieb. Wie sie funktionieren kann, zeigt sich mit den Online-Lehrveranstaltungen. Aber das ist natürlich nur ein kleiner Teil des Baukastens. Genauso gehört dazu, räumliche und administrative Voraussetzungen zu schaffen. Vor allem aber wollen wir erreichen, dass die Digitalisierung in die Lehrinhalte Einzug hält. Wir müssen die kommenden Generationen schließlich fit für die anstehenden Aufgaben machen.
Gibt es bei der Stärkung der digitalen Lehrinhalte einen strategischen Ansatz oder obliegt das jeweils den Lehrenden? Die Studienrichtungen und ihre Inhalte sind an der HTW Dresden ja sehr unterschiedlich.
Wir haben inhaltlich die Freiheit von Lehre und Forschung. Deshalb können wir niemandem vorschreiben, wie Inhalte konkret auszusehen haben. Ich denke, das müssen die Lehrenden selbst erkennen. Man muss schauen, wo es Potenziale gibt und an welcher Stelle aktuelle Entwicklungen in die Lehrveranstaltungen mit eingebracht werden können. Hier gibt es bereits in einigen Fakultäten spannende Ansätze. Ich denke zum Beispiel an unsere Modellfabrik Industrie 4.0, in der untersucht wird, wie digitale Arbeitswelten aussehen können und wie Mensch und Maschine zukünftig zusammenarbeiten werden. Die praktische Anwendung spielt immer eine wichtige Rolle. Schließlich ist die Praxisnähe ein Faktor, der die HTW Dresden seit jeher auszeichnet. Ich bin zuversichtlich, dass die Lehrenden diese Ideen umsetzen können. Darüber hinaus wollen wir die digitale Lehrkompetenz der Lehrenden fördern, indem wir noch mehr Weiterbildungen im Bereich Online-Lehre anbieten – von der Didaktik bis zum Einsatz entsprechender Technik. Zudem werden wir bei Berufungen zukünftiger Professuren verstärkt ein Augenmerk auf Kompetenzen im Bereich Digitalisierung legen.
Sie waren an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg als Vizepräsidentin für Wissens- und Technologietransfer und Struktur tätig. Wie ist die HTW Dresden in diesem Bereich aufgestellt? Besteht ein gutes Netzwerk mit Akteuren der freien Marktwirtschaft? Inwieweit bringen Sie selbst Kontakte mit?
Es gibt ein großes, breitgefächertes Netzwerk mit der regionalen Wirtschaft, mit den Wirtschaftsverbänden und Kammern, aber auch mit den Kommunen. Wir wollen aber weiterhin interessante Partner akquirieren, nicht nur für die Lehre, sondern auch für Forschungsprojekte. Dresden bietet dafür ein äußerst interessantes Umfeld, da wir nicht nur innovative Unternehmen, sondern auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen vor Ort haben, mit denen die HTW Dresden in Zukunft noch viel stärker kooperieren möchte. Von meinen letzten Stationen bringe ich gute Kontakte zu wirtschaftlichen Partnern und zu den Hochschulen im Süden Brandenburgs mit. Generell ist es mir wichtig, dass wir in Sachsen innerhalb der Hochschullandschaft gut zusammenarbeiten und uns inhaltlich und administrativ austauschen, damit wir den Standort gemeinsam entwickeln können.
Weitere Informationen unter www.htw-dresden.de
Für die Langfassung dieses Interviews empfehlen wir Ihnen unseren Podcast topcast, in dem Prof. Katrin Salchert ihre Ziele als Rektorin weiter ausführt und über den Status der HTW in der sächsischen Hochschullandschaft spricht. Sie finden den topcast unter www.top-magazin-dresden.de oder beim Podcast-Anbieter Ihres Vertrauens.
Interview: Philipp Demankowski