In Sachsen entwickelt – an der Küste heiß begehrt
80 Jahre Schweißtechnik aus Dresden
Sie fahren über alle Weltmeere und trotzen den Elementen: Passagier-, Fähr- und Containerschiffe. Was den Wenigsten bekannt ist: Traditionsreiche Technik aus Dresden gehört dazu, bevor solche Ozeanriesen beim Stapellauf die Werft verlassen können. Jedes Schiff durchziehen Kilometer von Schweißnähten, die höchsten Ansprüchen genügen müssen. Gestandene Schiffbauer an der Ostseeküste (und nicht nur dort) vertrauen bei dieser wichtigen Operation Werkzeugen aus Dresden.
Seit nunmehr 80 Jahren wird im Stadtteil Altlöbtau Schweißtechnik hergestellt, die bei der Fertigung von Schiffen und anderen Industrieprodukten tagtäglich zum Einsatz kommt und sich zigtausendfach bewährt hat.
Den Grundstein für den Dresdener Traditionsbetrieb für Schweißtechnik legte der gelernte Schmied Kurt Haufe 1939 mit der Eintragung der „KURT HAUFE Kunstharzpresserei – Schweißtechnik“ in das Handelsregister. Die Firmenchronik erzählt, dass Kurt Haufe mit der Produktion von Steckern, Elektrodenhaltern und Handschutzschilden begann. Der Tüftler verbesserte seine Produkte ständig, entwickelte neue und meldete Patente an. 1958 erfand er den Lichtbogen-Pressluft-Fugenhobler und begleitete damit die Einführung des „Pressluft-Fugenhobelns“. Ein weiterer Meilenstein der Firmengeschichte wurde gesetzt, als in den 50er Jahren das Schutzgasschweißen als neue Technologie vermehrt Anwendung fand und die Firma „KURT HAUFE KG“ als alleiniger Hersteller in der DDR den Auftrag für die Produktion von CO2-Schweißpistolen erhielt.
Neben der Schweißtechnik beschäftigte sich Kurt Haufe übrigens seit Ende der 50er Jahre auch mit der Herstellung von Spielzeugen aus Thermoplast und übernahm schließlich einen Zweigbetrieb in Kamenz. Dieser produzierte Spiel- und Sportartikel, wie Ball- und Wasserpistolen, Babyrasseln, Auto- und Flugzeugmodelle. Ein Verkaufsschlager und fast in jedem Kinderzimmer präsent war der Optikbaukasten, mit dem sieben verschiedene optische Geräte zusammengebaut werden konnten und der 1966 eine Goldmedaille auf der Leipziger Herbstmesse gewann.
Der Zwangsverstaatlichung in den 70er Jahren konnte sich das Unternehmen nicht entziehen, 1972 erfolgte somit die Umfirmierung zu „VEB Plastverarbeitung und Schweißtechnik Dresden“. Nach der Wende wurde der Dresdner Stammbetrieb 1990 reprivatisiert und wenig später zur Tochtergesellschaft der „Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG“ im hessischen Buseck, zu der bereits in den 80er Jahren ein Kontakt bestand. Unter dem Dach der Gruppe „ABICOR BINZEL“ folgten umfangreiche Umbau- und Modernisierungsarbeiten sowie Investitionen in Millionenhöhe.
Das Dresdner Werk ist heute Produktionsstandort für MIG/MAG-Schweißbrenner und weiteres Schweißzubehör. Von Rohrleitungen bis zu Bürostühlen und von Schiffen bis zu Achterbahnen – ohne Schweißtechnik geht fast nichts. Als Weltmarktführer bietet ABICOR BINZEL optimale Lösungen überall dort, wo Metallteile von Hand oder automatisiert verbunden werden müssen.
Dresden ist innerhalb der ABICOR-Gruppe allerdings nicht nur Produktionsstätte sondern auch Drehscheibe für den Verkauf in Richtung Osten – über Tschechien und die Slowakei bis hin nach Russland und Kasachstan. Die so genannte „Area East“ wird von Dresden aus betreut und besteht derzeit aus 22Ländern in Südost- und Osteuropa sowie in Mittelasien.
Auch wenn das Geschäftsfeld seit Firmengründung breiter, der Vertrieb internationaler geworden ist und das Unternehmen seit 2017 „ABICOR BINZEL Schweißtechnik Dresden GmbH & Co. KG.“ heißt, befindet sich der Firmensitz noch immer wie vor 80Jahren mitten in Dresden. Neben der Produktion mit Lager und Versand sind hier eine eigene Konstruktionsabteilung sowie die Verwaltung ansässig. Ein wenig versteckt und direkt im grünen Zentrum im Stadtteil Altlöbtau arbeiten heute 150 Personen. Ein „Hidden Champion“ – in der Ferne bekannter als zu Hause – feiert im September mit Kunden, Partnern und Mitarbeitern „80 Jahre Schweißtechnik aus Dresden“.