Floraler Nutzen

Andreas Weinand, Erwin, Unkraut (aus der Serie The Good Earth), 2001,, © Andreas Weinand
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Im Hygiene-Museum untersucht eine neue Sonderausstellung das ambivalente Verhältnis von Pflanzen und Menschen.

Der amerikanische Biologe Richard Evans Schultes, der als der Vater der sogenannten Ethnobotanik gilt, kennzeichnete seine Disziplin als Gebiet der „Erforschung von Pflanzen, die von Gesellschaften in verschiedenen Teilen der Welt verwendet werden.“ Ein Ethnobotaniker hat es sich also zur Aufgabe gesetzt, lokale Bräuche zu dokumentieren und dabei die Nutzung der lokalen Flora für viele Aspekte des Lebens zu überprüfen. Das meint vor allem die Nutzung von Pflanzen als Medikamente, als Lebensmittel, aber auch als Kleidung. Dass Pflanzen eine wichtige Rolle für das Überleben der Menschheit spielen, wurde allerdings spätestens in unserem postindustriellen Zeitalter, aber auch schon in der Frühindustrialisierung oft vergessen.

Neuer Naturbegriff?

Die tatsächliche Abhängigkeit von Pflanzen ist uns in einem städtisch geprägten Alltag kaum noch bewusst, denn der Anbau und die Verarbeitung von Pflanzen für Nahrungs- und Arzneimittel oder Werkstoffe sind so gut wie unsichtbar geworden. Die These der Ausstellung besagt dabei, dass der Umgang mit den Pflanzen von einem Verhältnis zur Natur geprägt ist: Einerseits wünschen wir uns unsere Natur intakt, wild und unberührt, andererseits nutzen wir sie schonungslos aus, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Daraus ergeben sich Fragen: Brauchen wir angesichts des tiefgreifenden menschlichen Einflusses auf Ökosysteme einen neuen Naturbegriff? Wäre unser Blick auf die Umwelt ein anderer, wenn die Geschichte der menschlichen Kultur als eine der Komplizenschaft, des Umhegens und der gleichzeitigen Ausbeutung von Pflanzen erzählt würde?

Wunder der Natur

Verantwortlich für die Schau ist die Kulturwissenschaftlerin Kathrin Meyer, die im letzten Jahr auch schon die sehr gute Sonderausstellung „Das Gesicht – eine Spurensuche“ im gleichen Haus kuratiert hatte. Auf rund 800 Quadratmetern Fläche rückt die Ausstellung unsere pflanzlichen Mitgeschöpfe in den Fokus. Sie präsentiert Exponate aus der bildenden Kunst, aus der Literatur und Kulturgeschichte sowie aus Biologie, Agrar- und Forstwissenschaften. Untersucht werden ganz unterschiedliche Auffassungen von der uns umgebenden Flora. Pflanzen begegnen dem Publikum in dieser Ausstellung als umsorgte Wunder der Natur, als komplexe Lebewesen, als Wirtschaftsfaktor und Nahrungsmittel oder als Produkte der menschlichen Kultur.  

Von Pflanzen und Menschen

Deutsches Hygienemuseum Dresden
19. April 2019 bis 19. April 2020
www.dhmd.de

Text: Philipp Demankowski

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