Bauhaus-Schablonen

Haus Schminke in Löbau (1930), Architekt Hans Scharoun / Foto: © Tillmann Franzen, tillmannfranzen.com
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Auch in Dresden und der Region Ostsachsen hat sich die Formsprache des Bauhauses an verschiedenen Stellen niedergeschlagen.

Zwar gilt Ostsachsen nicht gerade als Bauhaus-Hochburg, zumal die hiesige Mentalität eher an der Bewahrung des Status Quo als am Aufbruch zu neuen Ufern interessiert ist. Doch wer aufmerksam hinschaut, findet auch hier Spuren der Formsprache aus Dessau, Weimar und Berlin. 

Festspielhaus Hellerau (1911), Architekt Heinrich Tessenow / Foto: © Stephan Floss

Das Fest­spiel­haus Hellerau zählt gar zu den Vorläufern der von den Bauhaus-Architekten propagierten Vorgaben. Das 1911, also noch vor der Bauhaus-Gründung, nach einem Ent­wurf von Heinrich Tessenow gebaute Haus nahm die Betonung der Funktionalität vorweg und war später richtungsweisend für die Entwicklung der Bauhaus-Architektur. An den Deut­schen Werkstätten Hellerau wiederum wirkte der Bauhaus-Schüler Franz Ehrlich. Als Formgestalter entwarf er unter anderem die Möbel-Typenserie 602 in starker Anlehnung an die Bauhaus-Vorgaben. Obwohl vom Vorsitzenden des SED-Zentral­komitees Walter Ulbricht als „hässliche Kästen“ verunglimpft, entpuppten sich vor allem die Vitrinen in der DDR schnell als Verkaufsschlager, die auch heute noch so mancher Innen­ein­richtung zum Vorteil gereichen. 

Symbiose aus Klassik und Moderne

Auch das Hygiene-Museum gilt als Beispiel für eine Bauwerk, das zumindest vom Bauhaus beeinflusst war. Das in den Jah­ren 1927 bis 1930 von Wilhelm Kreis errichtete und zwischen 2002 und 2010 generalsanierte Museumsgebäude wird von Architekturkritikern als großartiges Beispiel der Klassischen Moderne mit einer individuellen, zeitgenössischen Prägung ge­schätzt. Moderne, funktionalistische Anklänge der Neuen Sach­lichkeit mischen sich mit einem konservativen Zug ins Monumentale. Vor allem hinsichtlich der vom Wiener Archi­tekten Gottlieb Michael entworfenen Innenausstattung gibt es deutliche Anleihen an die Bauhausästhetik. 

Deutsches Hygiene-Museum (1930), Architekt Wilhelm Kreis / Foto: © David Brandt
Zukunftsweisende Unternehmervilla 

Der Klassiker des Bauhaus-Einflusses in Ostsachsen ist aber das Haus Schminke in Löbau. Entworfen vom Architekten Hans Scharoun zählt das Wohnhaus des Teigwarenfabrikanten zu den herausragenden Bauhaus-Ikonen. Es gilt neben Mies van der Rohes Haus Tugendhat in Brünn sowie Frank Lloyd Wrights Gebäude Fallingwater in Pennsylvania zu den wichtigsten Wohnhäusern der klassischen Moderne und wird Jahr für Jahr von Heerscharen von Touristen in Augenschein genommen. Die Villa war voll und ganz auf die Bedürfnisse des Bau­herrn zugeschnitten. Schon 1930 beauftragte Schminke den Architekten, drei Jahre später wurde das Gebäude fertiggestellt. Faszinierend ist allein schon der bootsähnliche Korpus aus Beton mit den großen Bullaugenfenstern. Allerdings wa­ren der Familie Schminke nur zwölf Jahre in dem Haus direkt neben dem Fabrikgelände vergönnt, bevor es die Rote Armee 1945 beschlagnahmte und Fritz Schminke enteignete. Später wurde das Gebäude unter anderem als Erholungsheim der FDJ, als Pionierhaus und Freizeitzentrum genutzt, bis es zwischen 1999 und 2000 umfassend saniert und in seinem Originalzustand weitestgehend wiederhergestellt wurde.  

Text: Philipp Demankowski

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