Theaterkritik „Kabale und Liebe”: Herz ohne Hoffnung

„Kabale und Liebe – v.l.: Lukas Rüppel, Betty Freudenberg, Hans-Werner Leupelt, Moritz Kienemann, Luise Aschenbrenner und Raiko Küster (Hofmarschall von Kalb), Foto: Sebastian Hoppe
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Friedrich Schillers Trauerspiel „Kabale und Liebe“ in der Regie von Data Tavadze im Schauspielhaus.

Das 1784 uraufgeführte Drama „Kabale und Liebe” gilt als ein typisches Beispiel der literarischen Strömung des Sturm und Drang. Einflüsse aus Shakespeares „Romeo und Julia” und Lessings „Emilia Galotti” verbindet Schiller dabei geschickt in seinem Trauerspiel, das ursprünglich nach der weiblichen Hauptfigur „Luise Millerin” benannt war. Bis heute gilt es als eines der bedeutendsten deutschen Theaterstücke.

Bereits vor Beginn der Theateraufführung tollt ein junges Paar im Kostüm, die Gesichter hinter Masken verborgen, über die Flure des Schauspielhauses und drängt sich durch das wartende Publikum. Später wird klar: Es sind Luise (Luise Aschenbrenner) und Ferdinand (Moritz Kienemann), frisch verliebt, glücklich und unbeschwert. Auch auf der Bühne scheint das Stück bereits begonnen zu haben, als sich der Zuschauerraum füllt – sitzen doch Vater Miller (Ahmad Mesgarha) und Wurm (Lukas Rüppel), Sekretär des Präsidenten von Walther (Hans- Werner Leupelt), dort bereits im Gespräch über eine mögliche Verbindung Wurms mit Luise, der jungen Tochter des Musikers. Vater Miller weist die Avancen des Mannes jedoch zurück, ohne die Folgen dieser Entscheidung vorherzusehen.

Der glücklichen Beziehung zwischen Luise und Ferdinand steht jedoch die hierarchisch geprägte Gesellschaft des späten 18. Jahrhunderts entgegen: Eine Verbindung zwischen der bürgerlichen Musikertocher und dem adeligen Major, Sohn des Präsidenten von Walther, ist nicht standesgemäß. Zudem hat von Walther, Präsident am Hof eines Fürsten, andere Pläne mit seinem Sohn. Die Lady Milford (Betty Freudenberg) spielt dabei eine wichtige Rolle. Wurm spinnt eine Intrige gegen das junge Glück, der Hofmarschall von Kalb (Raiko Küster) wird zum Mittun genötigt, und so nimmt das Unglück seinen Lauf …

Moritz Kienemann (Ferdinand) und Luise Aschenbrenner (Luise), Foto: Sebastian Hoppe

Einige Personen wurden in der Dresdner Inszenierung aus dem Stück gestrichen, Luises Mutter taucht nur am Rande auf und begleitet das Stück melancholisch auf einem Violoncello. Der Text Friedrich Schillers wurde angepasst und verschlankt, wirkt jedoch zu keinem Zeitpunkt entstellt. Den Besucher erwartet also klassisches Theater im besten Sinne. Die Besetzung der Rollen ist ein Glücksfall: Luise Aschenbrenner und Moritz Kienemann überzeugen als Liebespaar über Standesgrenzen hinweg ebenso wie Lukas Rüppel als gerissener Intrigant Wurm und Hans-Werner Leupelt als an Gefühlen nicht interessierter Präsident von Walther. Raiko Küster ist im golden schimmernden Anzug ein gelangweiltes Mitglied des Hofstaats, für die Wahrung seiner Stellung zur Unterstützung jeder Intrige bereit. Auch Betty Freudenberg als desillusionierte Lady Milford und Ahmad Mesgarha, am Ende als verzweifelt gebrochener Vater Miller mit seiner toten Tochter in den Armen, sind in ihren Rollen brillant.

Das Stück ist also absolut sehenswert, die gelungene Gestaltung der Bühne (Thilo Reuther), die Kostüme (Irène Favre de Lucascaz) sowie der Einsatz von Licht (Peter Lorenz) und Musik (Nika Pasuri) haben hieran natürlich ihren Anteil.

Der 1989 in Georgien geborene Regisseur Data Tavadze gewann 2016 den Preis für die beste Regie bei Fast Forward – Europäisches Festival für junge Regie – und inszenierte im Zuge dieser Auszeichnung Schillers „Kabale und Liebe” am Staatsschauspiel Dresden. Gelungen ist ihm dabei einfach alles: Wie er den Klassiker umsetzt, ist famos. Einen Besuch des Stückes im Schauspielhaus möchten wir Ihnen daher sehr ans Herz legen, weitere Inszenierungen des Regisseurs in Dresden werden hoffentlich folgen.  

„Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller

Regie: Data Tavadze
Schauspielhaus Dresden, Theaterstraße 2, 01067 Dresden
Dauer der Aufführung: 2 Stunden und 10 Minuten. Keine Pause.
Spielplan, Karten etc. unter: www.staatsschauspiel-dresden.de

Text: Jörg Fehlisch

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