Filmkritik „Cold War – Der Breitengrad der Liebe“: Über Liebe und Heimat

Fotos: © Neue Visionen Filmverleih
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Der polnische Regisseur Paweł Pawlikowski erzählt in „Cold War – Der Breitengrad der Liebe” von einer tragischen Liebe und von der unerschütterlichen Bindung an die Heimat.

Paweł Pawlikowski beginnt seine Tragödie im Jahr 1949 in Polen. Das Land ist im Aufbau begriffen, während sich der begabte Komponist Wiktor (Tomasz Kot) auf die Suche nach traditionellen Melodien für ein neues Volkstanz- und Musik-Ensemble begibt. Das sind wunderbare Szenen voller Ur­sprünglichkeit in diesen ersten fünf Minuten, die später nicht mehr vorkommen, da der Film immer mehr eine unheilvolle Wendung zu nehmen scheint. Im Herzen von „Cold War“ steht die Liebesgeschichte von Wiktor und der elektrisierenden Sängerin Zula (Joanna Kulig), die auch von jahrelangen Unter­brechungen und unterschiedlichen Gesellschaftssystemen nicht zerstört werden kann. Später nämlich finden sich die Protagnisten in Berlin, Paris oder in Jugoslawien wieder. In 90 Minuten wird der Zuschauer durch 20 Jahre geleitet. Dem Regisseur gelingt dabei das Kunststück, dass sich die Epi­so­den trotzdem nicht gehetzt anfühlen, was wiederum nur mit einer guten Figurenzeichnung möglich ist. Eigentlich weiß man nicht viel über Zula und Wiktor. Trotzdem fühlen sich ihre Handlungen nachvollziehbar an, auch wenn es manchmal schwerfällt.

Fotos: © Neue Visionen Filmverleih

Letzter Ausweg: Polen

Nach „Ida“, der ihm den Oscar für den besten fremdsprachigen Film einbrachte, erzählt Paweł Pawlikowski „Cold War“ wieder in Schwarz-Weiß. Ein Kunstgriff, der vielleicht nicht mehr be­sonders kreativ ist, dafür aber für ein authentischeres Film­erlebnis sorgt. Symbolkräftige Bilder wie das des tanzenden Volksmusikensembles vor dem überdimensionierten Stalin-Bild dürfen da nicht fehlen. Der Regisseur hat aber auch einen Film über Heimat gedreht. Gerade Zula kann irgendwann nicht mehr darüber hinwegsehen, dass sie fernab von Polen keinen Frieden finden wird. Sie trifft Entscheidungen, die durchaus als kleine Sabotageakte zu begreifen sind. Ent­schei­dungen, die irgendwann nur noch den Ausweg zurück nach Polen zulassen. Kein Versprechen auf eine Bohème-Existenz, keine kreative Selbstverwirklichung, nicht mal die eigentlich doch so unerschütterliche Liebe zu Wiktor kann sie aufhalten.

Fotos: © Neue Visionen Filmverleih

Früher Kritikerliebling

Augenfällig ist die Parallele zu Paweł Pawlikowski. Der Regis­seur verließ Polen bereits mit vierzehn Jahren, lebte in Deutsch­land und Italien, bevor er sich 1977 in Großbritannien niederließ und dort seine Filme drehte. Heute arbeitet er wieder in Warschau. Mit „Ida“ und „Cold War“ hat er seine wohl stärksten Filme gedreht. Das zumindest ist die einhellige Meinung der Kritiker. Sicher auch, weil beide Filme eigentlich einer recht klassischen Erzählstruktur folgen. In Cannes hat Pawlikowski schon mal den Preis für den besten Regisseur gewonnen. Und auch für den Oscar ist „Cold War“ als polnischer Beitrag wieder nominiert. Die Chancen stehen nicht schlecht. Unbestritten ist dem Polen ein Film gelungen, der nachwirkt.                                                                                   

Cold War – Der Breitengrad der Liebe

Regisseur: Paweł Pawlikowski

Kinostart: 22. November 2018

Text: Philipp Demankowski

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