Kolumne: Vom Glück des Teilens

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,,Man muss sein Glück teilen, um es zu multiplizieren.” (Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach)

,,Wie zahlreich sind doch die Dinge, derer ich nicht bedarf”, wusste schon Sokrates. Nach jahrzehntelangem Anhäufen von materiellen Gütern und deren öffentliche, medientaugliche Zur-Schau-Stellung, um (zumindest nach außen) den Status Quo zu wahren, scheint sich die Menschheit wieder an ihre ursprünglichen Werte zurückzuerinnern. ,,Mein Haus, mein Auto, mein Boot” ist einem neuen gesellschaftlichen Ideal gewichen, dem Prinzip des Teilens – zugunsten der Nachhaltigkeit und zur Schonung der Ressourcen gegen Verschwendung und Konsum sucht. Die Idee ist zugegebenermaßen nicht neu, fand sie zum Beispiel zu Zeiten der Mangelwirtschaft bereits kreative Anwendungen – wenn auch nicht unbedingt aus dem Motiv der Nachhaltigkeit heraus. Das Prinzip des kollektiven Konsums ist so einfach wie genial: Was man nicht selbst braucht, benötigt unter Garantie ein anderer. Der unersättlichen Gier des Individuums nach ,,mehr” weicht nun ein zutiefst humanistisches Ideal: die Freude am Geben zugunsten einer funktionierenden Gemeinschaft, die gern ihre Güter, als auch Leid und Freude teilt.

Macht Konsum glücklich?

Verliert das materielle Denken im 21. Jahrhundert tatsächlich ein Stück an Bedeutung und macht es alternativen Ansichten Platz? Der aufgeklärte, verantwortungsbewusste Mensch von heute sucht in jedem Fall nach neuen Möglichkeiten, um sich wohl zu fühlen und seine Sichtweisen auch zu leben. Dass Konsum nicht zufrieden, sondern sogar unglücklich macht, ist übrigens bereits mehrfach erwiesen. Menschen, die ausschließlich nach finanziellem Erfolg streben, verwirklichen sich in der Regel selbst kaum und zeigen erheblich mehr depressive Verstimmungen und Verlustängste. Unser Denken nur danach auszurichten, immer mehr haben zu wollen, versetzt uns zwangsläufig in eine Endlosschleife selbstbetrügerischen Handelns, was uns zudem noch stresst. Wir machen uns abhängig von einer Illusion und fühlen uns am Ende fremdbestimmt. Es ist eine psychologische Tatsache, dass – sobald unsere Grundbedürfnisse gedeckt sind – noch mehr Geld und Besitz eben nicht zu unserem Wohlbefinden beitragen. Und vor allem: Besitz schützt nicht vor Verlust! Also lassen wir die Dinge, die wir nicht unbedingt brauchen, einfach los und entspannen uns. So wird unser Blick wieder frei für die wesentlichen Dinge des Lebens.

Weniger ist mehr

Was sich einige Branchen als Geschäftsmodell zunutze gemacht haben, ist in Wirklichkeit ein Lebensstil. Sich freiwillig zu reduzieren, setzt eine gewisse Reflexion über die eigene Situation voraus. Was brauche ich wirklich zum Leben? Wie oft benutze ich diese Sache? Wenn wir uns bewusst einschränken, obwohl wir uns vielleicht mehr leisten könnten, sind wir Minima listen. Eine minimalistische Lebens weise kann auch Protest gegen Verschwendung und Genusssucht sein. Sie ist aber auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, dem Überangebot und dem damit verbundenen Stress, sich entscheiden zu müssen, aus dem Wege zu gehen. Minimalismus ist eine Form der Selbstbestimmung, denn er setzt eine bewusste Entscheidung gegen die Anhäufung von Luxusgütern voraus. Und man wird belohnt – denn mit der Genügsamkeit kommt auch die Besin nung auf das Wesentliche zurück. Aus Verzicht wird somit Gewinn.

Teilen versus Konsumrausch

Dem minimalistischen Trend ,,Weniger ist mehr” folgt nun die Einsicht, dass eine freiwillig reduzierte Lebensform zwar zufriedener, aber noch lange nicht glücklich macht. Die Idee des kollektiven Konsums ist zumindestens ökonomisch und ökologisch sinnvoll, denn mal ehrlich: Wie oft brauchen wir beispielsweise eine Bohrmaschine oder ein Waffeleisen im Jahr? Der Tauschhandel hat mittlerweile Hochkonjunktur. Das Internet bietet etliche Plattformen zum Tauschen und zum Leihen. Mittlerweile kann (fast) alles gemietet, getauscht oder geliehen werden: Autos, Pferde, Werkzeuge, Bücher, Musik, Kleider, Schmuck und vieles mehr. Und ganz nebenbei hat der nachhaltige Lebensstil noch eine ganz andere positive Wirkung: Wir befreien uns vom Konsumwahn und gewinnen an Lebensqualität dazu, denn die Zeit, die beim Shopping geradezu verfliegt, können wir in unser Hobby investieren oder in gemütlicher Runde mit Freunden teilen. Denn geteilte Freude ist doppelte Freude!

Text: Sabine Dittrich

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