Sibylle statt Brigitte

Coverbild links: Rudolf Schäfer; Coverbilder Mitte und rechts: Günter Rössler
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Eine Ausstellung im Kunstgewerbemuseum Dresden im Schloss Pillnitz würdigt die legendäre DDR-Modezeitschrift.

Sie war ein Unikum auf dem Printmarkt. Keine Publikation im Arbeiter- und Bauernstaat entfernte sich so sehr von der DDR-immanenten Muffigkeit wie die Sibylle. In ihrer Erscheinungszeit zwischen 1956 bis 1994 galt die Modezeitschrift als stilprägend. Talentierte Fotografen wie Arno Fischer, Günter Rössler oder Sibylle Bergemann oder Ute Mahler konnten sich in verschiedenen Stilen ausprobieren. Die Modefotografie war für viele Fotografen die einzige Möglichkeit, inszenatorisch aus dem Vollen zu schöpfen, eine Nische der Individualität. Auch Erotik war möglich. Die „Vogue des Ostens“ wurde überwiegend an der langen Leine gelassen, da es ihr bei den zuständigen Kontrollbehörden schlicht an Bedeutung mangelte. Mitunter sah sie sich aber auch der Repression ausgesetzt. Jede Ausgabe musste nach der Drucklegung vorgelegt werden. Als die Sibylle über den Mythos Blue Jeans berichtete, intervenierten die Oberen. „Zu kapitalistisch“ wäre die Aufarbeitung. Die Ausgabe wurde eingestampft.

Raus aus dem Alltag

Auch die Miniröcke durften nicht zu knapp werden. Und die im Editorial der ersten Ausgabe noch groß angekündigten Inspirationen aus der Welt der Mode beschränkten sich bald auf die Schauen in den sozialistischen Brüderländern. Regelmäßig wurde auch über den Alltag der Frauen in der DDR berichtet. Trotz der relativ geringen Auflage von 200.000 Exemplaren hatte die Sibylle einen deutlichen Einfluss auf Stilfragen in der DDR. Beiträge zu Kunst, Architektur und Gesundheit sorgten nicht nur für Gesprächsstoffe bei kulturell interessierten DDR-Bürgern. Sie hatten teilweise auch eine Verschiebung des Zielpublikums weg von der werktätigen Bevölkerung hin zu intellektuellen Zirkeln in der DDR-Gesellschaft zur Folge. Trotzdem waren die jährlich erscheinenden sechs Hefte stets schnell vergriffen.

Chronologischer Abriss

Die Ausstellung im Kunstgewerbemuseum stellt nun die zentralen Fotografen der Zeitschrift vor, darunter Sibylle Bergemann, Arno Fischer, Ute Mahler, Sven Marquardt und Elisabeth Meinke. Ein chronologischer Abriss der Sibylle-Ausgaben anhand von Originalen und Reproduktionen einzelner Hefte, von der ersten Ausgabe 1956 bis zu Exemplaren aus den frühen 1990er Jahren ist genauso Bestandteil der Präsentation wie in der DDR produzierte Kleidungsstücke, Schmuck und Modeentwürfe.

SIBYLLE – Zeitschrift für Mode und Kultur

Kunstgewerbemuseum Dresden, Schloss Pillnitz
vom 28. April bis zum 4. November 2018

www.skd.museum

Text: Philipp Demankowski

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