Kunst im Dialog mit der Wissenschaft: Altana Galerie

Gwendolin Kremer, Kuratorische Leiterin Altana Galerie, Kustodie der TU Dresden, Foto: Stephan Floss
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„Remembering the Future“ in der Altana Galerie im Görges-Bau der TU Dresden.

Was passiert, wenn man Kunst und Wissenschaft für einen intensiven Dialog mit Werkstoffen und Materialien zusammenbringt? Für das Projekt „Remembering the Future“ in der Altana Galerie öffneten Sammlungen und Institute der Technischen Universität Dresden sowie außeruniversitäre Institute insgesamt siebzehn eingeladenen Künstlerinnen und Künstlern ihre Türen. Die Ergebnisse sind ab sofort in der Altana Galerie zu sehen. Top Magazin sprach mit der Kunsthistorikerin und kuratorischen Leiterin der Altana Galerie, Gwendolin Kremer, die das Projekt initiiert hat.

Was ist der künstlerische Auftrag der Altana Galerie?

Das Konzept des Ausstellungshauses der Technischen Universität Dresden ist in Deutschland singulär: Unser Ausstellungshaus ist ein Ort, um zeitgenössische Kunst im Kontext von Forschung und Gesellschaft zu erfahren und zugleich ein offener Begegnungsort. Die gemeinsame Präsentation künstlerischer und wissenschaftlicher Positionen zu diskursrelevanten Fragestellungen bietet unserem Publikum die Gelegenheit, um über das Zukünftige, das Vergangene und unsere Gegenwart zu diskutieren. Wir verstehen uns als Ort einer breit angelegten kulturellen Praxis für Diskurse und Reflexionen sowohl über aktuelle Formen wirtschaftlicher, politischer, kultureller und technologischer Vorstellungen als auch über mögliche Alternativen.

Warum leistet sich eine Technische Universität eine Galerie?

Unser Ziel ist es, am Puls der Zeit zu agieren und nicht nur den Austausch von Wissenschaft und Kunst zu befördern und zu begleiten, sondern auch die Definition der Verbindung von Wissenschaft und Kunst maßgeblich mit unseren Vermittlungsformaten zu bestimmen und um neue Kategorien – auch in der Präsentation – zu erweitern und neu zu denken. Gerade im Kontext aktueller Diskurse wird es immer wichtiger, dass sich Universitäten als Orte des Wissens ihrer gesellschaftlichen Rolle stärker bewusst werden. Unsere Arbeit soll die Außenwirkung unserer Universität erhöhen und die transdisziplinäre Zusammenarbeit befördern, einen Raum für Neugier, Innovation und kollaborative Prozesse über Fachgrenzen bieten und sichtbar machen. Die Schnittstellen von Natur-, Ingenieurs-, und Geisteswissenschaften spielen bei uns eine zentrale Rolle.

Johannes Makolies, Poncho (2017), Faserverbundkunststoff, Stahl; 135 x 180 x 50 cm, Leihgabe des Künstlers / In Kooperation mit Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK), TU Dresden, Leibniz-Institut für Polymerforschung e.V., Foto: Adrian Sauer

Inwieweit haben Sie freie Hand beim Kuratieren der Ausstellungen?

Unsere Ausstellungsvorhaben entstehen entweder aus unserer Arbeit mit den Sammlungen oder in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen, Kuratoren und Künstlern. Für jede Ausstellung gibt es ein Ausstellungskonzept, das intern abgestimmt wird. Dabei wird uns bei der Auswahl der Themen viel Freiheit eingeräumt.

Welche Idee steckt hinter „Remembering the Future“?

Unser kollaboratives Ausstellungsprojekt greift eine lange Tradition auf: die enge Verbindung von Wissenschaft und Kunst. Schon zu Beginn der Moderne mit Carl Gustav Carus, Maler und Arzt in Dresden, gab es wichtige Verbindungen zwischen Kunst und Naturwissenschaften. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden im Zuge der universitären Neubebauung viele Künstler eingeladen für Gebäude der Technischen Universität Dresden Kunst am Bau zu entwickeln. So hat der große Dresdner Konstruktivist Hermann Glöckner schon in den späten 1950er Jahren raumbezogene „Säulen zur Farbenlehre“ für das Physikgebäude entworfen. In unserem Kunstbesitz finden sich darüber hinaus viele Gemälde und Grafiken, deren Sujets Bezug auf die Wissenschaftsgeschichte der Universität nehmen. Mit „Remembering the Future“ überführen wir die Interdependenz von Kunst und Wissenschaft in die Gegenwart. Wir wollten wissen, was passiert, wenn man Künstler und Wissenschaftler zusammenbringt, die sich beide intensiv mit Werkstoffen und Materialien, auch im übertragenen, immateriellen Sinne, beschäftigen.

Karen Weinert, Behausungen (2017), Pigmentdrucke gerahmt, Größen zwischen 18 x 24 cm und 60 x 60 cm, Leihgabe der Künstlerin / In Kooperation mit Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden, Museum für Tierkunde und Institut für Forstbotanik und Forstzoologie, TU Dresden, Foto: Karen Weinert

Was können Kunst und Wissenschaft voneinander lernen? Inwieweit eröffnen sich Chancen durch ihre Verflechtung?

Wir zeigen, dass die Zusammenarbeit zwischen Künstlern und Wissenschaftlern für beide Seiten fruchtbar ist, wenn unsere Lehrobjekte oder neue Materialien Thema einer künstlerischen Arbeit werden, die unabhängig oder auch abhängig vom Kontext eine eigene künstlerische Praxis sichtbar macht. Es geht explizit nicht um ein beschreibendes Nebeneinander von Kunstwerken und Beispielen aus der Wissenschaft, sondern um einen differenzierten Blick auf ihre Verflechtung. Wir wollen Kunst und Wissenschaft weder vergleichen noch gleichmachen. Die Materialien und die Auseinandersetzung sind entscheidend. Gleichzeitig sollen die einzelnen künstlerischen Positionen als solche erkennbar bleiben. Nur so kann echter Austausch stattfinden.

Wie näherten sich die beteiligten Künstler dem Projekt?

Die 17 eingeladenen Künstler wurden in unsere Sammlungen und Institute eingeladen. Im Gespräch mit Patricia Westerholz und Andreas Kempe von meinem Kooperationspartner, der Galerie Ursula Walter, und mir sowie den Sammlungsbeauftragten und den Wissenschaftlern der Institute entwickelten die Künstler dann ein Projekt, das sie bei uns an der Universität beziehungsweise in den außeruniversitären Instituten umsetzten. Recherchen und Aufenthalte vor Ort bestimmten das Projekt, das wir als Prozess verstanden wissen wollen.

Blick in die Ausstellung „Remembering the Future“ mit Arbeiten von Cindy Schmiedichen und Jens Klein, Foto: Andreas Kempe

Nach welchen Kriterien erfolgte die Auswahl der Künstler und der jeweiligen Institute?

Die Künstler arbeiten alle materialbezogen, das heißt, ihre bildhauerischen, installativen, malerischen oder auch fotografischen Werke thematisieren Ausgangs materialien beziehungsweise sie verstehen Archive und Sammlungen selbst als Material. Der Leipziger Fotograf Jens Klein entwickelte ein Postkartenbuch mit Aufnahmen aus dem Bestand der Deutschen Fotothek in der SLUB, Johannes Makolies, ein Bildhauer, entdeckte ganz neue Materialien für seine Arbeit im Leibniz Institut für Polymerforschung und dem Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik der TU Dresden, Matt McClune, ein Farb feld maler, ließ sich wiederum von unserer Sammlung Farbenlehre und der Historischen Farbstoffsammlung zu einer Installation über Wahrnehmung von Farbe und Licht inspirieren.

Interview: Philipp Demankowski

„Remembering the Future”
noch bis bis 26. Januar 2018
Altana Galerie im Görges-Bau
www.tu-dresden.de/kustodie

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