Erich-Kästner-Preis 2017 für Prof. Gerhard Ehninger

Der 22. Erich-Kästner-Preis geht an Professor Gerhard Ehninger, Direktor der Medizinischen Klinik I am Universitätsklinikum Dresden und Mitbegründer des Vereins „Dresden - place to be e.V.“ / Foto: © Uniklinikum Dresden
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Der 22. Erich-Kästner-Preis geht an Professor Gerhard Ehninger, Direktor der Medizinischen Klinik I am Universitätsklinikum Dresden und Mitbegründer des Vereins „Dresden – place to be e.V.“ Prof. Gerhard Ehninger: „Wir haben alle die Pflicht zur Zivilisation.“

Es ist eine ganz besondere Auszeichnung. Der vom Presseclub Dresden vergebene 22. Erich-Kästner-Preis geht in diesem Jahr an Prof. Gerhard Ehninger. Damit tritt der Mediziner die Nachfolge illustrer Demokraten wie Ignatz Bubis, Richard von Weizsäcker und Hans-Dietrich Genscher an. Der Gründer der Deut­schen Knochenmarkdatei (DKMS) arbeitet seit 1994 in Dresden. Doch nicht nur am Uniklinikum hat sich der Direktor der Medizinischen Klinik I um die Landeshauptstadt verdient gemacht. Als Mitbegründer des Vereins „Dresden – place to be e.V.” setzt er sich regelmäßig für eine tolerante Stadt ein. So etwa beim Konzert für Welt­offen­heit im Januar 2015 im Schulter­schluss mit Künstlern wie Herbert Grönemeyer, Jan Josef Liefers oder auch Sebastian Krumbiegel, der am 22. Oktober bei der Preisverleihung auf Schloss Albrechtsberg die Laudatio auf Prof. Gerhard Ehninger hält.

Der Erich-Kästner-Preis wird jährlich vom Presseclub Dresden e. V. vergeben. / Foto: © Ralf U. Heinrich

Was bedeutet Ihnen eine Auszeichnung wie der Erich Kästner-Preis?
Prof. Gerhard Ehninger: Das ist eine schöne Anerkennung für die Gruppe von Menschen, die versucht, in der Mitte der Bevölkerung für ein besseres Miteinander zu sorgen. Wir haben eine Auseinanderentwicklung bestimmter Fraktionen, die wir nur mit einer Neujustierung aufhalten können.

Ist gerade Erich Kästner für ein solches Engagement ein Vorbild?
Erich Kästner hat auch in einer schwie­rigen Phase Haltung bewahrt und Kritik bis an die Gren­ze des Zulässigen geäußert. Man muss seine Position auch dann beziehen, wenn einem dadurch Schaden entsteht. Für mich sind die Menschen, die im Dritten Reich Widerstand aller Art geleistet haben, gar nicht hoch genug zu würdigen. Unter jenen ist Kästner einer, der mit Stift und Papier, mit Prosa und Artikeln vorangegangen ist.

Welche Rolle spielen Ihre Vorgänger bei der Bewertung?
Das sind menschliche Vorbilder unterschiedlicher Ausprägung, die einen in eine noch größere Verantwortung bringen, weiterhin für Weltoffenheit einzustehen.

Wenn man wie Sie so lange in einer Stadt wirkt und dabei eine große Öffentlichkeit anspricht, hat man da per so schon die Verantwortung für ein stärkeres Miteinander zu werben?
Man lebt ja nicht nur für sich selbst. Wir sind alle Teil einer Gemeinschaft und müssen unser Zusammenleben gestalten, wobei jeder eine unterschiedliche Funktion einnimmt. Jeder, der seine Verantwortung nicht wahr­nimmt, trägt dazu bei, dass das Gesamte nicht gelingen kann. Vom Populismus kann sich aber auch keiner freimachen. Jeder trägt Vorurteile in sich. Nur haben wir die Pflicht zur Zivi­lisation. Wenn nötig, auch öffentlich. Ich wollte nie im sprichwörtlichen Elfenbeinturm zu leben.

Sehen Sie Dresden als Heimat an?
Dresdner tendieren leider manchmal dazu, sich abzuschotten. Ich bin ja selber ein Migrant gewesen, der 1994 nach Dresden kam und erst einmal der damals noch grassierenden Ost-West-Polarität begegnete. Heute ist das na­türlich anders. Meine Kinder sind in der Stadt großgeworden, wir haben Firmenkonzepte entwickelt und ich habe die Ver­ant­wortung für viele Mitarbeiter. Mit Blick auf meinen Pen­sionseintritt kann ich sagen, dass ich mich in Dresden nicht nur heimisch fühle, sondern auch hierbleiben möchte. Heimat ist da, wo Lebensenergie eingebracht wird.

Interview: Philipp Demankowski

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