Speerwurf-Weltmeister Johannes Vetter

Der Dresdner Speerwerfer Johannes Vetter / Foto: © Kai Schmidt
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Jung, ehrgeizig, erfolgreich – Der Speerwerfer JOHANNES VETTER könnte das neue Aus­hängeschild der deutschen Leichtathletik werden. In London wurde der gebürtige Dresdner in diesem Jahr Weltmeister, davor Deutscher Meister. Sein Speer landet fast immer jenseits der 90-Meter-Marke. Mit seiner Heimatstadt verbindet ihn nicht nur der berühmte Christstollen.

Ein Sommertag in Berlin hat Johannes Vetter gezeigt, dass ein neues Leben für ihn angebrochen ist. Schon frühmorgens saß er beim ZDF in der Maske, später im Studio des Morgenmagazins „MoMa“. Hier kommt nicht jeder hin. Den Fragen der Journalisten dürfen sich bei diesem Format zu­meist nur die Besten ihres Faches stellen. Und das hat seinen Grund: Mit durchschnittlich rund vier Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von rund 20 Prozent zu früher Stunde steht das „MoMa“ an der Spitze der deutschen Frühinforma­tions­programme. Für Vetter ist das eine neue Erfahrung und nicht die einzige an diesem Tag. Denn kurze Zeit später unterschreibt er einen Vertrag mit einem Berliner Marketing­manage­ment, das ihn fortan unterstützt. „Das sind völlig neue Dimensionen“, sagt der 24-Jährige.

Innerhalb von nur drei Jahren hat sich sein Leben völlig verändert. Vetter ist in Dresden geboren und aufgewachsen und hat das Sportgymnasium Dresden absolviert. Doch so richtig vorwärts ging es mit seinen Leistungen nicht – kein Zustand für den ehrgeizigen jungen Werfer. Er trifft deshalb eine Ent­schei­dung: Im Jahr 2014 kündigt er seine Ausbildung bei der Landespolizei, wechselte zur Sportfördergruppe der Bundes­wehr, verlässt Dresden, zieht 620 Kilometer nach Südwesten, trainiert dort bei Bundestrainer Boris Obergföll und startet fort­an für die LG Offenburg. Die Familie, Freunde, vertraute Plätze und liebe Gewohnheiten lässt er hinter sich.

Heute weiß er: Es war ein Meilenstein und einschneidender Karriere­schritt. Denn seitdem fliegt sein Speer mindestens über 80 Me­ter. Bereits 2015 erzielte er im Mai eine neue persönliche Best­weite von 85,40 Meter und wurde bei den Deutschen Meis­terschaften mit 83,12 Meter Vizemeister. Auch 2016 lieferte er ab: gute Platzierungen und persönliche Rekorde. Damit kämpfte er sich Stück für Stück an die Weltspitze. Mit den Weiten vergrößern sich aber auch die Erwartungen der Öffentlichkeit. Immer und immer wieder wird er gefragt, wann denn endlich die 90 Meter fallen. Das nervt ihn gewaltig. „Da habe ich gesagt: Leute, lasst mich einfach mal machen, lasst es geschehen. Ich wusste, dass sie in diesem Jahr fallen werden“, sagt der Sportsoldat. Bei den Deutschen Meister­schaften gewinnt er vor Thomas Röhler mit 89,35 Meter. Nur zwei Tage später in Luzern landet der Speer bei 94,44 Meter und damit bei einer neuen Deutschen-Rekord-Marke. Und es folgten noch weiter 90-Meter-Würfe. „So schnell kann es ge­hen“, freut sich der Rekordwerfer. Schließlich wird er in London mit 89,89 Metern Weltmeister.

Johannes Vetter / Foto: © Kai Schmidt

Vetter will nicht Everybody`s Darling sein. Er sagt, was er denkt. Im Gespräch mit Journalisten wirkt er mitunter abgeklärt. Im Prinzip ist ihm das egal. Vetter will eigentlich nur eines: erfolgreich Speerwerfen. Zimperlich ist der Weltmeister dabei nicht. Nach der Weltmeisterschaft absolvierten die internationalen Top-Werfer einen regelrechten Terminmarathon. Freitags ein Meeting in Thum (Erzgebirge), Dienstag darauf von Dresden Flug nach Zürich zum Diamond-League-Finale. Gegen halb eins im Bett. Freitag dann um 5:30 Uhr aufgestanden und die Frühmaschine nach Sachsen genommen. In Leipzig holt ihn sein Vater ab, kurze Erholung bei den Eltern in Dres­den, schon abends ging es weiter zum Meeting nach Bad Kös­tritz. Samstags in Dresden ausgeruht. Sonntags gewinnt er das internationale Leichtathletikmeeting ISTAF in Berlin. „Es war sehr intensiv, das Publikum hat mich enorm getragen, aber auch mein eigener Wille“, sagt Vetter. „Ich wollte heute noch einmal eine geile Show, einen geilen Wettkampf machen.“
Das ist sein eigener Anspruch.

Nach seinem vierten Platz beim Diamond-League-Finale in Zürich sagte ihm jemand, dass er sich nun 50.000 Dollar entgehen lassen habe. „Na und? Ich mache das, weil es mir einen Heidenspaß macht, weil es mein Hobby ist und wenn man das Hobby zum Beruf machen kann, dann ist es einfach optimal“, kontert der gebürtige Sachse. Wer ihn in Action oder auf Wettkampffotos sieht, nimmt ihm das ohne weiteres ab.

Vetter lebt seinen Sport. Jeder Wurf, jede Ergebnisanzeige sind Emo­tionen pur. Genauso unerbittlich ist aber auch der Druck. Drei Jahre vor den nächsten Olympischen Spielen beginnt bereits die Dis­kus­sion darüber, ob die 100 Meter fallen werden. Olympiasieger Thomas Röhler hat diese Frage bereits öffentlich beantwortet: Er will für Tokio 100 Meter werfen, das ist sein mentales Ziel. Sicher gibt es im Trainingsalltag noch Reserven und auch in der Technik. Trainer und Athleten werden das analysieren und spezifizieren. Das ist ein Prozess. Vielleicht auch deshalb mag sich Vetter nicht mit solchen im Moment noch sehr theoretischen Gedankenspielen auseinandersetzen. Selbst wenn er nächstes Jahr nur konstant 91 Meter werfen würde, dann wäre das Weltklasseniveau. „Ich setze mir keine Grenzen. Ich will mir einfach keine 100 Meter als Ziel setzen oder einen Welt­rekord. Ich nehme das einfach mit. Punkt!“

Johannes Vetter hat 2017 noch folgende Ehrungen aufgrund seines WM-Titels erhalten: „Champion des Jahres“, ”Goldene Henne“, „Men‘s European Athlete of the year“, und bei der Wahl zum ”Welt-Leichtathleten des Jahres“ ist er auch nominiert.

Zu seiner Heimatstadt Dresden hat Johannes Vetter noch immer eine ganz besondere Beziehung.

Was magst du an Dresden besonders?
Johannes Vetter: Die kulturellen Sehenswürdigkeiten vor allem in der Altstadt, das Zusammenspiel von Natur in der Umgebung und das Großstadtflair, die Neustadt mit ihren vielen Bars und Restaurants, die Elbwiesen.

Hast du Lieblingsplätze?
Die Elbwiesen sind super zum Chillen und „Runterkommen“. Ich mag die historische Altstadt, egal ob zum Schlendern, Shoppen oder um gut essen zu gehen und den Großen Garten. Meine Lieblingssehenswürdigkeit ist die Dresdner Frauenkirche.

Magst du Dresdner Christstollen und hat auch dein Trainer schon davon probiert?
Ich liebe Christstollen zur Weihnachtszeit, besonders den vom „Bucheckchen“-Bio-Konditorei & -Bäckerei von Thomas Heller in Dresden Leubnitz-Neuostra, quasi gleich bei meinen Eltern um die Ecke. Ich nehme jedes Jahr zwei, drei Stück mit in meine neue Heimat für meinen Trainer und seine Familie und für meine Freunde.

Schlemmst du Weihnachten oder bist du beim Essen genauso diszipliniert wie beim Sport?
Die Weihnachtszeit ist für mich eine Zeit zum Runterkommen und Zusammenkommen mit der Familie. Da rückt das Training in den Hintergrund. Ich esse ordentlich, übertreibe aber nicht.

Interview: Sarah di Lauro

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