Benno Fürmann auf der grünen Bühne

© Pascal Bünning
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Im Gespräch mit Benno Fürmann zu seiner Liebe zur Natur: ,,Ich glaube, wir leben entkoppelt von der Natur und haben sie irgendwann als pures Rohstofflager verkannt.”

Landauf, landab kennt man Benno Fürmann als wandelbaren Schauspieler, der mit einer starken Präsenz und einer unverwechselbaren Stimme unzählige Kino- und TV-Projekte veredelt hat. Seit er mit jugendlichem Ruhrpott-Charme im RTL-Format „Und Tschüss“ 1994 das erste Mal einer größeren TV-Öffentlichkeit bekannt wurde, sind nicht nur ein paar Jahre, sondern auch viele nachhaltige Engagements ins Land gegangen, in denen der gebürtige Berliner mal den schwer durchschaubaren Bösewicht wie in „Babylon Berlin“ und mal den hadernden Allerweltsmenschen spielt, wie in den Filmen von Christian Petzold. Wenn es die Drehs gestatten, macht sich der Naturliebhaber immer wieder auf zu ausgedehnten Reisen – früher in die entlegensten Winkel der Welt, heute aufgrund des wachsenden Bewusstseins für die CO2-Belastung durch den Flugverkehr aber auch immer wieder in nahgelegene Orte… 

Inzwischen sucht er nicht mehr zwangsweise die Exotik beim Reisen, sondern eher die Ruhe in der Natur. Genau davon berichtet er im Sachbuch „Unter Bäumen. Die Natur, mein Leben und der ganze Rest“, das er gemeinsam mit Co-Autor Philipp Hedemann geschrieben hat und das beim Verlag Gräfe und Unzer veröffentlicht wurde. Im Rahmen der Top Lounge im Dresdener Haus des Buches las der gebürtige Berliner aus seinem Buch, das auf konkreten Reiseerfahrungen wie dem Besuch des Bergwaldprojekts im Alpenvorland beruht. Eine ideale Gelegenheit für ein ausführliches Gespräch mit dem charismatischen Schauspieler über die Ursprünge seiner tiefen Verbundenheit zur Natur sowie über die Reisen und Projekte, von denen er im Buch berichtet.

Benno Fürmann / © Thomas Koy

War von Anfang an klar, dass das erste Buchprojekt von Ihrer Beziehung zur Natur handeln wird?
Ich glaube, dass wir die vor uns liegenden klimatischen Probleme nicht lösen werden, wenn wir nur auf sie starren. Ich finde es wichtig, das Hirn ,anzuschmeißen’, denn wir brauchen kluge Lösungen. Mindestens genauso wichtig ist es aber, dass wir uns mit der Natur und dadurch mit uns selbst verbinden. Ich glaube, wir leben entkoppelt von der Natur und haben sie irgendwann als pures Rohstofflager verkannt. Ich plädiere dafür, die tiefe Verbindung zur Natur, die in uns allen steckt und die schon immer war, wieder zu entdecken. Das erlebt jeder, der in der Natur spazieren geht. Ich kenne niemanden, der gestresster aus dem Wald herauskommt, als er hineingegangen ist. Über diese Gedanken hatte ich grob mit dem Verlag gesprochen und dann war die Richtung ziemlich schnell klar.

Hat das Leben in der Natur für Sie schon immer so eine wichtige Rolle gespielt? Gab es Schlüsselmomente, die ein neues Verhältnis dazu eingeleitet haben?
Es gab als Kind immer wieder tiefgreifende Erfah­rungen. Ich reiste mit meiner Mutter im Urlaub zu Inseln, auf denen es keinen Strom gab und wo es sehr ursprünglich zuging. Als Westberliner kann ich mich aber auch noch gut an die Reisen durch die damalige Zone nach Bonn erinnern, wo ein Teil unserer Familie lebte. Von da aus haben wir Ausflüge ins Siebengebirge im Rheinland rund um den Drachenfelsen unternommen, wo Siegfried den Drachen erschlug. Dort bin ich mit meinem Onkel und meiner Tante, die mir viel erklärt haben, durch die hügelige Landschaft spaziert. Ich kannte solche Wälder aus Berlin ja überhaupt nicht! Viele Jahre später habe ich gemerkt, dass ich mehr Ruhe brauche als noch in jüngeren Jahren, in denen man eher die Orte aufgesucht hat, wo viel passierte und wo man seine Freunde traf. Das kam dann, als ich selbst Vater wurde, so um die 30. Da sind dann auch meine Reisen immer ursprünglicher geworden. Nicht unbedingt weiter weg, aber doch immer weiter von Städten entfernt. Ich war viel mit dem Zelt unterwegs, war immer mehr Bergsteigen und Berg­wandern. Je stiller es wurde, desto langsamer werde ich. Das genieße ich sehr.

Ist das eine Stille, die Sie als Erholung von Ihrem wahrscheinlich sonst recht hektischen Job als Schauspieler brauchen?
Auf jeden Fall! In der Natur oder auch bei einer Meditation kann man den Kopf auch mal verlassen. Wobei ich den Kopf natürlich nicht verteufeln will. Da gibt es ja auch spirituelle Ansätze, die meinen, das Denken wäre böse und die tiefere Weisheit wäre ganz woanders zu finden. Das stimmt vielleicht sogar. Wir werden diese Weisheit aber nur finden, wenn wir parallel den Intellekt mitentwickeln. Mir geht es vor allem darum, mich mit mir zu verbinden, zu meinem wahren Ich zurückzufinden. Jeder, der einmal ganz bewusst ein paar tiefere Atemzüge genommen hat, weiß, wovon ich spreche. Man hört zwar nicht auf, zu denken, aber die Pause zwischen den Denk­ein­heiten wird größer. Ich fühle mich dann anwesender. Anwesenheit ist überhaupt so ein schönes deutsches Wort in diesem Zu­sam­men­hang. Wenn ich mich mit der Natur verbinde, fühle ich mich anwesender. Ich glaube, so kann ich es formulieren.

Benno Fürmann / © Thomas Koy

Können wir in der Natur besser verstehen oder womöglich sogar lernen, wie wir mit den Problemen des Klimawandels umgehen?
Total. Wir werden es nur schaffen, den Problemen Herr zu werden, indem wir uns darauf zurückbesinnen, was wirklich wichtig ist und was wir gerade drohen zu verlieren. Ich glaube, die Lösung kann nur in einer Symbiose aus Technik und den Lehren der Natur bestehen. Ich habe für das Buch an einem Berg­wald­projekt teilgenommen, das sich der Sensibilisierung von Laien für die Rena­turierung verschrieben hat. Dabei arbeitet und lernt man sowohl mit einem Förster vom Bergwaldprojekt als auch mit einem lokalen Förster. Zu den Arbeiten gehört dann auch das Roden von bestimmten Bäumen, damit andere wiederum mehr Licht bekommen. Es geht darum, den Wald fit zu machen für die klimatischen Herausforderun­gen, die vor ihm liegen. Die zugrundeliegende Theorie ist in diesem Fall, dass dem Wald durch technische Ein­schnitte geholfen werden muss. Die Maßnahmen von Menschen­hand sind wichtig, weil die Uhr tickt, und zwar schneller als der Wald wächst. Die Natur hat ihren eigenen, sehr langsamen Rhythmus. Wir wissen erst in hundert Jahren, ob der Mischwald, wie er im Bergwaldprojekt gesetzt wird, funktioniert oder nicht. Ich glaube, dass wir unbedingt kluge Ideen brauchen und dass wir wichtige Schritte aktiv einleiten müssen.

Neben dem Bergwaldprojekt waren Sie auch im Zukunfts­projekt in Thüringen. Dort haben Sie sich viel mit der Jagd auseinandergesetzt. Was haben Sie dort gelernt?
An der Jagd scheiden sich die Geister. Mit dem Töten von Tieren haben die meisten Menschen Probleme – vor allem die, die sich vegan ernähren. Wenn man Tiere isst, sollte man auch dazu in der Lage sein, sie zu erlegen. Hinzu kommt, dass die Bestände von Wild begrenzt werden müssen, da die Tiere nicht mehr die natürlichen Feinde wie früher haben. Rehe können jegliche Anstrengung zunichtemachen, die klimatischen Ver­ände­rungen durch Auf­forstung zu begrenzen. Hinzu kommen private Jagd­gesellschaften, die Rehe hochziehen und dann zum Abschuss freigeben. Da beißt sich die Katze so ein bisschen selber in den Schwanz. Die Jagd gehört einfach dazu, wenn man sich mit dem Thema Umwelt auseinandersetzt, des­halb wollte ich unbedingt einmal dabei sein. Obwohl ich viele Leute kenne, die jagen, saß ich bis dato noch nie auf einem Hochsitz mit einer Flinte in Griffnähe, um zu lauern. Spannend war, dass ich in diesem Moment zwei Seelen in meiner Brust gespürt habe. Die eine wollte dem Tier zuflüstern: ‚Geh weiter. Hau schnell ab. Hier wartet der Tod!‘ . Bei der anderen wurde mein Jagdinstinkt extrem getriggert. Die Jagd ist wirklich sehr aufregend. Alle Sinne sind hellwach und man hört selbst das kleinste Knacken. Das ist letztendlich auch eine Art von Medi­tation, nur mit tödlichem Ausgang. Ich verstehe natürlich total, wenn man damit Probleme hat. Ich war in diesem Moment einfach gespannt genug, mich darauf einzulassen.

Was entgegnen Sie Menschen, die meinen, man sollte so wenig wie möglich in die Natur eingreifen?
Benno Fürmann: Mal davon abgesehen, dass ich das Buch nicht als Wissen­schaftler geschrieben habe, sind sich ja letztendlich alle einig, dass wir von den Monokulturen wegmüssen. 60% der deutschen Baumbe­stände sind Fichten und Kiefern. Die Bäume brennen lichterloh, vor allem, wenn die Sommer immer trocke­ner werden. Insofern ist die Rich­tung klar. Mischwald sorgt für mehr Humus, das Totholz speichert Feuchtigkeit, was wiederum Lebensraum für Tiere und Pflanzen schafft. Wie man dort hinkommt, da scheiden sich die Geister. Ob man den Wald sich selbst überlässt und in den anderen massiv eingreift, weil dort nur Mono­kulturen vorherrschen. Das müssen andere entscheiden. Ich kann da keine steilen Thesen aufstellen. Für das Buch habe ich Dinge gemacht, die sich für mich sinnvoll angefühlt haben. Ich sage, die Natur ist ein perfektes System. Sie ist fluide, mannigfaltig und sie schafft Optionen. Wir haben aber schon so lange in den Lauf der Dinge eingegriffen, dass es für mich persönlich logisch ist, einzugreifen, damit der Kurswechsel schneller in die Wege geleitet werden kann, als es der Wald von allein schaffen würde.

Für die Langfassung dieses Interviews empfehlen wir Ihnen unseren topcast – den Podcast vom Top Magazin Dresden/Ostsachsen.

Interview: Philipp Demankowski

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