Gemeinsam gegen den Krebs
Seit April 2022 ist Falk Noack Geschäftsführer des „Sonnenstrahl e. V. Dresden – Förderkreis für krebskranke Kinder und Jugendliche”.
Bereits zuvor war er dem Verein viele Jahre als Geschäftsführer einer Fitnessstudiokette verbunden. Dort unterstützte er regelmäßig die Jugendgruppe des Sonnenstrahl e.V. und sammelte Spendengelder. Mit seiner neuen Aufgabe widmet er sich ganz dem durch Spenden finanzierten Verein, der sich um Kinder und Jugendliche mit Krebs kümmert und schon seit 1990 in enger Kooperation mit der onkologischen Kinderstation des Uniklinikums Dresden die betroffenen Familien unterstützt. Wir trafen Falk Noack zu einem Gespräch über Projekte, Ziele und seine persönliche Motivation.
Sie haben sich in den letzten Monaten ein umfangreiches Bild vom Sonnenstrahl e. V. machen können. Welche Projekte liegen Ihnen derzeit besonders am Herzen?
Aktuell zwei Projekte: Der sogenannte Schulavatar und unser Sportprojekt auf Station. Der „Schulavatar” füllt den leeren Platz des betroffenen Kindes im Klassenzimmer. Er sieht kindlich aus, dreht sich um die eigene Achse und übernimmt durch farbige Signale Aufgaben der Kommunikation, wie zum Beispiel „sich zu melden“. Und natürlich kann das Gerät auch mit der Klasse sprechen. Das erkrankte Kind kann nun also im Krankenhaus oder Zuhause über ein Tablet am Unterricht teilnehmen. So bleibt neben der Wissensvermittlung vor allem auch der soziale Kontakt aufrecht. In der Anschaffung kostet das Gerät ca. 3.500 EUR. Zusätzlich fallen jährliche Unterhaltskosten in Höhe von 750 EUR für Support etc. an. Ich sehe den Avatar aber nicht nur bei Krebserkrankungen. Er kann bei jedweder Erkrankung mit längerer Abwesenheitsdauer angewandt werden. Von daher wäre es wünschenswert, wenn sich Bildungspolitik in der Pflicht sehen würde, zentralisiert Avatare dieser Art anzubieten um betroffenen Schulen und Schülern die Möglichkeit zu geben, am Unterricht teilnehmen zu können.
Sie sprachen von einem Sportprojekt. Erzählen Sie mehr.
Das „Sportprojekt auf Station” steht kurz vor der Ausschreibung. Es geht darum, einen Sporttherapeuten/eine Sporttherapeutin auf Station einzusetzen und die Kinder am Krankenbett, in einem separaten Zimmer oder auf dem Flur in Bewegung zu halten und die gewonnenen Erkenntnisse in die Forschung einfließen zu lassen. Ich komme vom Sport und weiß, dass hier mit vergleichsweise geringen Mitteln und wenig Platz viel möglich ist. Ich sehe dieses Projekt als eines meiner Herzensprojekte an. Sport, Bewegung und Aktivität helfen heilen.
Der Sonnenstrahl e. V. plant ein neues „Haus Sonnenstrahl“. Wie weit fortgeschritten ist dieses Projekt?
Unser aktueller Standort stößt, was die Übernachtungsmöglichkeiten betrifft, an seine Kapazitätsgrenzen. Die elf Zimmer im Haus sind nicht mehr ausreichend, denn wir beherbergen hier zum Beispiel auch die Eltern, deren Kinder über Wochen eine Protonenbestrahlung in Dresden erhalten. Seit 2018 sind Überlegungen im Gange, aus dem jetzigen Haus ein reines Elternhaus zur Übernachtung und neue Räume für Therapie-Projekte, Beratung und die Nachsorge zu schaffen. Für dieses Vorhaben hat uns die Uniklinik auf ihrem Gelände ein Grundstück durch übermitteltes Erbbaurecht des Freistaates Sachsen zur Verfügung gestellt. Wir werden hoffentlich in naher Zukunft mit dem Bau des Hauses beginnen können, in welches auch das Sächsische Kinderpalliativzentrum und die World Childhood Foundation Deutschland mit einziehen werden. Wir schaffen dort Räume für die Musik-, Kunst- und Sporttherapie sowie für die Transitionssprechstunde. Momentan warten wir auf die Baugenehmigung. Wir hoffen aber, dass wir im Januar oder Februar 2023 mit dem Bau beginnen können.
Die Entfernung bzw. Verbindung des neue Objektes zur onkologischen Station beträgt nur 50 Meter, sodass wir perspektivisch auch Kindern die Möglichkeit geben können, das Krankenbett zu verlassen um diese Räumlichkeiten und Angebote zu nutzen. Für unsere Selbsthilfegruppe von Patienten, Eltern und Geschwistern freuen wir uns auf große barrierefreie Räume, die wir bislang immer extern anmieten müssen.
Was kann man tun, um das Projekt zu unterstützen?
Das Projekt basiert auf Spenden, wobei der Grundstein aus dem Erbe des Kabarettisten, Autors und Schauspielers Olaf Böhme gelegt wurde. Er hat sein Vermögen dem Umweltverband „Michael Succow-Stiftung” und uns zur Verfügung gestellt. Mit diesem Erbe war es überhaupt erst möglich, das Projekt anzugehen. Des Weiteren werden Rücklagen der vergangenen Jahre und Spendengelder benötigt, um das Projekt zu finanzieren. Wir sind über jede Spende dankbar, jeder Euro hilft. Wir haben dafür extra ein Konto eingerichtet. Man kann aber auch direkt an den Sonnenstrahl e. V. mit dem Vermerk „Haus Sonnenstrahl“ spenden, um dieses Projekt und die Zukunft mitzugestalten.
Was bewegt Sie am meisten bei Ihrer täglichen Arbeit?
Am meisten bewegt mich zu sehen, wie stark die erkrankten Kinder und ihre Familien sind und wie tapfer sie die Behandlung durchstehen. Mit meiner Arbeit im Sonnenstrahl e. V. möchte ich dazu beitragen, dass es für die Kinder während der Behandlung auch viele schöne Momente gibt, dass sie die Krankheit auch mal vergessen und ganz Kind sein können. Die Eltern sollen durch Angebote des Sonnenstrahl e. V. Entlastung erfahren und die Klinikmitarbeiter in ihrer wichtigen Arbeit unterstützt werden. Wichtig ist mir auch im Blick zu haben, dass es im Bereich der Nachsorge viele gute Angebote gibt, die helfen die Krankheit zu verarbeiten und physische und mentale Stärkung zu erfahren.
Wo sehen Sie den Verein und Ihre Arbeit in der Zukunft? Gibt es weitere Wunschpartner zur Unterstützung?
Die Zukunft vom Sonnenstrahl e. V. sehe ich natürlich mit mehr und vor allem verbesserten Möglichkeiten in unserem neuen Haus. Aktuell betreuen wir 300 Familien pro Jahr individuell und bieten zahlreiche Gruppenangebote. Dabei stoßen wir an räumliche Grenzen. Gern wollen wir unsere Angebote weiter ausbauen und an die Bedürfnisse der Familien anpassen. Toll wäre, wenn wir auch mehr öffentliche finanzielle Mittel für die Erfüllung unserer Aufgaben erhalten würden. Persönlich sehe ich mich bis zu meinem Ruhestand in dieser Tätigkeit und später im Ehrenamt. Die Verbindung wird, gerade wegen meiner bereits 20-jährigen Verbindung, auch über meine Tätigkeit als Geschäftsführer hinaus bestehen bleiben.
Mit der Uniklinik haben wir bereits einen starken Wunschpartner an der Seite. Ich wünsche mir aber auch, dass sich unsere Politiker Zeit für die Thematik Krebserkrankungen im Kindesalter nehmen. Es geht mir dabei nicht nur um die Erkrankten, sondern ebenso Pflegekräfte und Ärzte, die immer am Limit arbeiten. Hier braucht es mehr Aufmerksamkeit und größere Unterstützung seitens der Politik, damit wir unsere Vision verwirklichen können, dass Familien und ihre an Krebs erkrankten Kinder die extremen Herausforderungen der anhaltenden Belastungssituation konstruktiv bewältigen, gestärkt aus dieser Lebenskrise hervorgehen und vielseitigen Rückhalt erfahren.
Interview: Roland Hess