Endlich wieder Kunst

Still Alive Félix González-Torres, Untitled (Placebo-Landscape-for Roni) (ARG# GF1993-15), 1993 © Félix González-Torres, courtesy of the Felix Gonzalez-Torres Foundation / Foto: Albertinum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Elke Estel/Hans-Peter Klut
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Die Staatlichen Kunstsammlungen lassen uns 2021 nicht allein. Das ist gut, denn dass uns Kunst das Leben verstehen lässt, hat vielleicht niemals mehr gestimmt als in diesen Zeiten. Zudem ist Kunst ein Motor für Utopien, kann Gedankenexperimente erzeugen, die im Alltag unmöglich sind. Genug Impulse und Inspi­ratio­nen sollte sich in den Häusern des Dresdner Museumsverbunds finden lassen. Der Jahres­plan jedenfalls ist proppenvoll. Schon im ersten Halb­jahr stehen spannende Ausstellungs­pro­jekte an. Wir stellen einige der Highlights vor.

STILL ALIVE – Werke aus der Schenkung Sammlung Hoffmann

Es sind Themen wie Lebendigkeit, Beweglichkeit, Flüchtigkeit, Veränderlichkeit und Vergänglichkeit, die den inhaltlichen Schwerpunkt der 1200 Werke der Schenkung Sammlung Hoff­mann bilden. Folglich konzentriert sich die erste umfassende Präsentation des Schenkungsbestands auf diese Kernpunkte. Seit 2018 befindet sich die international bedeutende Privat­sammlung von Erika und Rolf Hoffmann als Schenkung in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Sie vereint Werke aus Malerei, Fotografie, Zeichnung, Skulptur, Installation, Film- und Videokunst. Die Ausstellung zeigt nun eine Auswahl von Positionen, unter anderem von Marcel Broodthaers, A K Dolven, Roni Horn, Ernesto Neto und Chiaro Shiota. Dabei folgt sie im Wesentlichen drei thematischen Erzählungen. Nach dem Auf­takt versammelt ein erstes Kapitel Arbeiten, die Vergänglichkeit als Konstante des Lebendigen thematisieren und dabei den Blick auf den Leib als Hülle des Geistes sowie den gebauten Raum als Hülle des Körpers thematisieren. Einen zweiten Fokus bilden Werke, die den Aspekt des Wandels als Prinzip gesellschaftlicher Entwicklung untersuchen und sich der Konstruk­tion von Vergangenheit widmen. Der dritte Schwerpunkt wiederum umfasst Arbeiten, die bewusst instabil sind und den Prozess sowohl in der Entstehung als auch im fertigen Kunst­werk verdeutlichen.
März bis 30. Mai 2021 / Albertinum

Vermeer – Vom Innehalten

Eine der öffentlichkeitswirksamsten Ausstellungen für die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ist 2021 zweifellos die Ausstellung „Vermeer“, die sich anschickt, die größte Aus­stellung über den Maler in Deutschland überhaupt zu werden. Hochkarätige Leihgaben aus vielen Teilen der Welt kommen in der Gemäldegalerie Alte Meister zusammen. Im Zentrum steht natürlich das frisch restaurierte „Brieflesende Mädchen am offenen Fenster“.

Johannes Vermeer, „Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster”,
Zustand während der Restaurierung am 16. Januar 2020, Restaurator Dr. Christoph Schölzel,
© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister, Foto: Wolfgang Kreische

Für die Sammlung des sächsischen Kur­fürsten Friedrich August II. wurde es 1742 in Paris erworben und befindet sich seitdem in der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meis­ter. Seit 2017 wird das frühe Hauptwerk Vermeers nach um­fangreichen Untersuchungen in Dresden restauriert. Jüngste Forschungsergebnisse zeigten, dass der bisherige Zustand des Gemäldes mit einer großflächigen Übermalung im Hintergrund nicht demjenigen entspricht, den Vermeer geschaffen hatte. Pünktlich zu Ausstellungsbeginn wird die anspruchsvolle und zeitaufwendige Restaurierung abgeschlossen sein. Schon jetzt wird deutlich, wie gravierend sich das Erscheinungsbild des Gemäldes wandelt. Die spektakuläre Restaurierung wird eine veränderte Sicht auf das Gemälde zur Folge haben und zu einer kunsthistorischen Neueinordnung des Werks führen. Zusätzlich zum „brieflesenden Mädchen“ präsentiert die Ausstellung neun weitere Gemälde Vermeers, die zu dem Bild in enger Beziehung stehen. 40 bis 50 Werke der holländischen Genremalerei aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ergänzen die Präsentation.
März bis 30. Mai 2021 / Gemäldegalerie Alte Meister

Sprachlosigkeit – Das laute Verstummen

Ausgehend von der Topografie des Japanischen Palais laden die Staatlichen Ethnografischen Sammlungen mit der Ausstellung „Sprachlosigkeit – Das laute Verstummen“ ab Mitte April 2021 zu einem transkulturellen Dialog. Vor dem Hintergrund der poeti­schen Widerstandskraft von Literatur fragt die Schau nach den Chancen zur Überwindung eines Schweigens, das als Folge erlittener Traumata bis heute unsere Gegenwart prägt. Als traumatisch werden dabei kollektive Weltereignisse wie Krieg, Geno­zid, Verfolgung und Vertreibung charakterisiert. Die Aus­stellung befragt unterschiedliche Formen und Ursachen von Sprachlosigkeit im Hinblick auf eine differenzierte und zugleich globale Perspektive. Berichtet wird von der Enteignung der australischen Aborigines über die Shoah in Europa zum Völker­mord in Bosnien vor 25 Jahren bis zu den Gewalterfahrungen der sogenannten Trostfrauen im 2. Weltkrieg in Südostasien. Gleichzeitig sollen aber auch Utopien entworfen und eine Zu­kunft jenseits der Sprachlosigkeit gezeichnet werden.
April bis 1. August 2021 / Japanisches Palais

BELLUM ET ARTES – Mitteleuropa im Dreißigjährigen Krieg

Vor 400 Jahren tobte in Mitteleuropa der Dreißigjährige Krieg, der sich als eine der dramatischsten Epochen der europäischen Geschichte in das kollektive Gedächtnis eingeschrieben hat. Der Konflikt, der 1618 mit dem Prager Fenstersturz begann, weitete sich in den folgenden Jahrzehnten zu einem erbittert geführten Kampf um Macht und politischen Einfluss innerhalb Europas aus. Doch auch während des Krieges war die Arbeit von Künstlern gefragt: Kunstwerke dienten der Repräsentation von Macht, dem diplomatischen Austausch von Geschenken, der Dokumentation von Kriegshandlungen oder der Mahnung zum Frieden. Von erzwungener Migration waren Künstler und Kunstwerke gleichermaßen betroffen. Die Ausstellung BELLUM ET ARTES bildet den Auftakt einer mehrjährigen internationalen Kooperation, an der Museen in Prag, Innsbruck, Breslau und Danzig, Stockholm, Mantua, Madrid und Brüssel beteiligt sind. Rund 150 Exponate aus den reichen Beständen der SKD werden durch Leihgaben und authentische Zeitdokumente ergänzt, die die vielfältigen Facetten der Kunstproduktion, aber auch die Schreckensseiten des Dreißigjährigen Kriegs zeigen.
Mai bis 16. August 2021 / Residenzschloss

www.skd.museum

Redaktion: Philipp Demankowski

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