Filmkritik „Proxima – Die Astronautin“: Ein Leben für das All
In Proxima – Die Astronautin wird ein Lebenstraum auf eine harte Probe gestellt.
Für Sarah Loreau (Eva Green) geht ein Traum in Erfüllung. Die junge Astronautin wurde ausgewählt, um ein Jahr auf der internationalen Raumstation ISS zu verbringen. Fast ihr ganzes Leben lang hat die Französin auf diesen Moment hingearbeitet. Nun soll es soweit sein. Zurücklassen muss sie allerdings ihre Tochter Stella (Zélie Boulant Lemesle), die zum getrennt lebenden Vater Thomas (Lars Eidinger) zieht. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter wird auf eine harte Probe gestellt. Nicht nur, dass sich Stella nur schwerlich an die neuen Lebensumstände gewöhnt. Sie hat natürlich auch Angst um ihre Mutter und vermisst sie schrecklich. Zunehmend entfremden sich Sarah und Stella voneinander, obwohl jederzeit deutlich ist, dass die Liebe zwischen beiden eigentlich unerschütterlich ist. Die Entwicklung der Beziehung unter diesen außergewöhnlichen Umständen ist das Herzstück des Films, der das Leben als Astronautin stets sehr nahbar und realistisch nachzeichnet.
Gelebte Völkerverständigung
Ein wunderbarer Nebeneffekt in dieser unsicheren Zeit, in der sich Politiker unterschiedlicher Länder skeptisch beäugen, ist die Darstellung gelebter Völkerverständigung. Zur Vorbereitung auf den Flug ins All kommt die Raumfahrer-Crew in der russischen Stadt Swjosdny Gorodok zusammen, die im Englischen den äußerst passenden Namen Star City trägt. Sarah trifft hier ihren russischen Kollegen Anton (Aleksey Fateev) und den erfahrenen Amerikaner Mike (Matt Dillon), um sich dem harten Training zu stellen. Bald schon entwickelt sich trotz anfänglicher Vorbehalte eine rückhaltlose Solidarität unter den Astronauten. Man weiß um die emotionalen Fallstricke des selbstgewählten Schicksals und unterstützt sich gegenseitig.
Kein Weltallpathos
Der französischen Regisseurin Alice Winocour gelingt es, die mentale und körperliche Belastung der Raumfahrer stets nachvollziehbar und ohne das übliche Weltallpathos darzustellen. Als es dann schließlich zum Weltraumbahnhof Baikonur geht, wechselt die Perspektive teils zu Sarahs Helmkamera, was deutlich zur Immersion der Zuschauer beiträgt. Mit Ausnahme von Damien Chazelles „Aufbruch zum Mond“ gelang es keinem Film der jüngeren Vergangenheit, solche eindrücklichen Bilder für das Leben als Astronaut zu finden. Wobei jederzeit klar ist, dass es sich bei „Proxima – Die Astronautin“ um ein Charakterdrama handelt. Dazu tragen auch die herzzerreißenden Briefe bei, die Sarah aus der Isolation an Stella schickt und die sie aus dem Off vorträgt.
Proxima – Die Astronautin
vorr. Kinostart: 21. Januar 2021
Regie: Alice Winocou