Ein Leben für die Forschung

Emanuel Goldberg und sein Sohn Herbert stellen Geschäftsfreunden ein fotografisches Kopiergerät vor. Tel Aviv 1949, Foto: © Technische Sammlungen Dresden - Nachlass Emanuel Goldberg, Schenkung Familie Gichon
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Die Technischen Sammlungen würdigen einen großen Dresdner Erfinder in der Ausstellung Emanuel Goldberg. Architekt des Wissens. Der gebürtige Russe hinterließ vor allem im Bereich der Fotografie bahnbrechende Erfindungen.

Jeder Dresdner kennt Manfred von Ardenne oder Karl August Lingner. Doch den Namen Emanuel Goldberg haben wahrscheinlich nur die wenigsten gehört. Dabei hat der russisch-jüdische Chemiker, Techniker und Erfinder, der lange Zeit in Dresden wirkte, bis heute deutliche Spuren in der Wissen­schaftsgeschichte hinterlassen, vor allen aber im Bereich der Fotografie. Zu seinen größten Errungenschaften gehört die Entwicklung der Mikropunkt-Technik. Diese Form des Mikro­films wurde von den Nationalsozialisten genutzt, um in Satz­zeichen getarnte Briefe oder Lagepläne zu schmuggeln, die später unter dem Mikroskop gelesen werden konnten. Noch heute wird die Technik zur Identifikation von Diebesgut verwendet. Zudem war er einer der Gründer des Zeiss Ikon-Konzerns in Dresden. Das Unternehmen entstand 1926 aus einer Fusion vier führender Kamerahersteller. Hier half er, die berühmte Contax 35mm-Kamera mit zu entwickeln. Schon vorher gelang es ihm, die Kinamo Filmkamera mit einem Federwerk herzustellen, deren Bedienung auch Amateur­filmern erstmals leicht von der Hand ging.

Die Wissensmaschine

Die Technischen Sammlungen widmen dem Schaffen des Ingenieurs und seinem bewegten Leben nun eine längst überfällige Sonderausstellung. Dabei versammelt die Schau aber nicht nur reine Exponate. Sie nähert sich seinem Erbe auch aus heutiger Perspektive. Bei „Emanuel Goldberg. Architekt des Wissens“ zeigen Studierende aus Berlin und Leipzig sowie Künstler, Filmemacher und Fotografen, Ingenieure und Kulturwissenschaftler Originale aus Goldbergs Nachlass. Diese Beteiligung hätte Goldberg gefallen, denn zu seinen Prinzipien gehörte es, dass Forschung und Entwicklung stets in Zusammenarbeit mit Studierenden und Auszubildenden ge­schehen sollte. Ausgestellt werden außerdem Foto- und Film­installationen, Nachbauten seiner Wahrnehmungs­ver­suche sowie Modelle seiner Wissensmaschine. Diese Bezeichnung nutzte Goldberg für die Mikrofilmtechnologie, in die er große Hoffnungen steckte. Dank der Möglichkeiten der Langzeit­archi­vierung konnte die Technik durchaus als Vorläufer der Computertechnologie verstanden werden. Plötzlich konnte man in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts 95% des Platz­bedarfs von Dokumenten einsparen. Überhaupt wollte Goldberg mit seine Erfindungen stets dazu beitragen, den Arbeitsaufwand zu minimieren. In Folgeforschungen gelang es Goldberg schließlich die so genannte Statistische Maschine herzustellen, die in der Lage war Dokumenteneinträge nach bestimmten Merkmalen zu durchzusuchen, auszuwählen und abzubilden. Damit ist die Statistische Maschine als Prototyp der heutigen Suchmaschinen zu begreifen.

Goldberg an seiner Drehbank, etwa um 1912, die er mit ins Exil nahm. Foto: © Technische Sammlungen Dresden

Bewegte Biografie

Seinen bahnbrechenden Erfindungen auf dem Gebiet der Foto­grafie war ein Chemiestudium in seiner Heimat Moskau vorausgegangen. Nachdem er in Leipzig promovierte, entschied er sich angesichts des schwelenden Antisemitismus in Russ­land gegen eine Rückkehr. Nach einem Jahr als Assistent von Adolf Miethe an der Königlich technischen Hochschule zu Berlin wurde er 1907 als Nachfolger von Georg Aarland Pro­fessor an der Königlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig, wo er den Unterricht in Re­pro­duk­tionsfotografie zu einer eigenen Abteilung ausbaute. 1917 wurde Goldberg Direktor der Internationalen Camera Actien­gesellschaft in Dresden, eines der vier Unternehmen, aus denen später die Zeiss Ikon-Werke hervorgingen. 1933 wurde er von der SA nach Paris verschleppt, wo er in einer Filiale von Zeiss Ikon arbeitete. Vier Jahre später gelang es ihm, nach Palästina zu emigrieren. Südlich von Tel Aviv baute er ein Forschungslabor namens Goldberg Instruments auf, das er lange Jahre leitete. 1968 bekam er den renommierten Israel-Preis für seine Leistungen verliehen und auch danach wirkte er noch bis zu seinem Tod im Jahre 1970.

Emanuel Goldberg. Architekt des Wissens.
Ausstellung bis 24. September 2017
Technische Sammlungen Dresden
Junghansstraße 1 – 3 (Eingang Schandauer Straße), 01277 Dresden
Öffnungszeiten: Di-Fr 9-17.00 Uhr, Sa / So / Feiertag 10-18 Uhr
Tel: +49 (0) 3 51 4 88 72 72

www.tsd.de

Text: Philipp Demankowski

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