Chinesischer Pavillon: Verstecktes Kleinod am Weißen Hirsch

Foto: © Mandy Ettelt
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Malerisch ist noch untertrieben, fast schon verwunschen sieht er aus, der Chinesische Pavillon am Rande der Dresdner Heide im Stadtteil Weißer Hirsch. Zwar drehen um das imposante Gebäude im Stil der Architektur des ausgehenden chinesischen Kaiserreichs noch die Bagger ihre Runden, um den Garten- und Außenbereich aufzuhübschen. Doch der Chinesische Pavillon höchstselbst ist längst herausgeputzt und begeistert nach einer wechselvollen Geschichte inzwischen wieder mit regelmäßigen Veran­stal­tungen. Und das wird längt nicht mehr nur von der unmittelbaren Nachbarschaft am Weißen Hirsch wahrgenommen. Hinter dem Bauwerk steht der Verein „Chinesischer Pavillon zu Dresden e.V.”, der gerade einen neuen Vorstandsvorsitzenden gewählt hat. Anlässlich der Ernennung hatten wir das Vergnügen mit Prof. Dr.-Ing. Henning Heuer zu sprechen, der am Fraunhofer-Institut eine Forschungsabteilung leitet, an der TU Dresden als Honorarprofessor lehrt und für die SPD im Stadtbezirksbeirat Loschwitz sitzt.

Prof. Dr.-Ing. Henning Heuer / Foto: © Mandy Ettelt

Herr Prof. Heuer, schön, dass Sie sich die Zeit nehmen. Können Sie uns erklären, wo wir uns hier gerade befinden?
Herzlich Willkommen hier bei uns im Chine­sischen Pavillon. Wir befinden uns in einem ganz besonderen Gebäude, denn es ist das einzige originale chinesische Bau­werk in Deutschland, das noch aus der chinesischen Kaiserzeit stammt. Es kam zur Internationalen Hygiene-Ausstellung von August Lingner im Jahr 1911 nach Dresden, genau ein Jahr be­vor der letzte Kaiser Aisin Gioro Puyi abdankte. Im Rahmen der Hygiene-Ausstellung diente das Gebäude als Ausstellungs­pavil­lon für chinesische Heilkräuter und Medizin. Nach Ab­schluss der Messe wurde er demontiert und am Weißen Hirsch wiederaufgebaut, wo er zunächst als Lesesaal von den Kur­gästen des Lahmann-Sanatoriums frequentiert wurde. Hier in unmittelbarer Randlage zur Dresdner Heide steht er auch heute noch.

Es gab aber auch eine lange Zeit, in der der Pavillon nicht genutzt wurde?
Ja, der Pavillon hat eine wechselvolle Ge­schichte hinter sich. Er wurde mal als Lesecafé, mal als Bibliothek ge­nutzt. Nach der Wende befand sich dann eine Agentur und sogar ein chinesisches Restaurant im Gebäude. 1997 gab es allerdings einen Brandfall, der zum Leerstand des Gebäudes geführt hat. Und erst 2005 wurde der Verein gegründet, der sich dem Wieder­aufbau des Pavillons verschrieben hat. An der Stelle sei besonders meinem Vorgängern Dr. Malte von Bargen und Dr. Reinfried gedankt, die wesentlich dazu beitrugen, dass wieder Leben in das Gebäude einzog. An der Decke sieht man heute noch schwar­zes Holz von der originalen Bausubstanz. Das verbrannte Holz erinnert an diese Episode in der Geschichte des Pavillons, die wir als Verein explizit erzählen wollen. Eventuell rekonstruieren wir dafür auch noch das eine oder andere historische Ornament.

Foto: © Mandy Ettelt

Wie ist denn Ihre Beziehung zu dem Haus?
Ich wohne mit meiner Familie ganz in der Nähe und deswegen gehört der Pavillon schon seit über zehn Jahren zu einem gern genutzten Ziel für unsere Spaziergänge. Wir haben den Baufortschritt stets mit großem Interesse verfolgt, auch schon lange bevor ich im Verein aktiv wurde. Das Ge­bäu­de erschien uns immer sehr schön und geheimnisvoll. Irgend­wann brannte dann plötzlich Licht im Inneren und die ersten Kulturveranstaltungen wurden organsiert. Da waren wir dann auch gleich dabei. Und irgendwann habe ich den Entschluss gefasst, in den Verein einzutreten.

Denken Sie, dass das Haus im öffentlichen Bewusstsein der Dresd­ner angekommen ist?
Es setzt sich zunehmend durch. Zunächst ha­ben wir na­türlich die unmittelbare Nachbar­schaft angesprochen mit unseren Veranstal­tun­gen. Die Menschen hier kennen das Ge­bäu­de, haben noch Erinnerungen an frühere Nutzun­gen. Aber immer mehr gibt es auch Veran­staltungen, die mindestens die Dresdnerinnen und Dresdner, aber auch Menschen in ganz Sachsen ansprechen. Das sind in hohem Maße kulturelle, mitunter auch Veranstaltungen aus Wissenschaft und Wirtschaft, die ein Publikum mitnimmt, das durchaus bereit ist, eine etwas längere Anfahrtszeit in Kauf zu nehmen.

Foto: © Mandy Ettelt

Welche Rolle kann der Pavillon für die Präsentation chinesischer Kultur und eventuell sogar für die Vernetzung der chinesischen Gemeinde hier in Dresden spielen?
Es ist eindeutig das Ziel des Vereins, eine Platt­form für die Auseinandersetzung mit chinesischer Kultur zu bieten. Welcher Ort wäre denn besser geeignet für einen kulturellen Austausch als der Chinesische Pavillon? China ist wichtig. Für Europa, aber auch für Dresden. Viele chinesische Un­ter­nehmen sind in Dresden aktiv. Es gibt an der TU Dresden eine Vielzahl chinesischer Studierender. Allerdings gibt es auch eine gewisse Verunsicherung darüber, was China in Zu­kunft für unser Leben bedeutet. Dagegen wollen wir mit unseren Angeboten wie etwa einer Veranstaltung zum chinesischen Mondfest, mit Teezeremonien oder Kinoabenden mit Filmen aus dem chinesischen Underground vorgehen. Wir wollen die Menschen miteinander in Kontakt bringen, denn Erfahrungen und Austausch sorgen für Aufklärung und beugen Ängsten vor. Dazu arbeiten wir auch mit Trägern in der Stadt zusammen, die bereits viel für die Verbreitung chinesischer Kultur leisten, so zum Beispiel dem SHUDAO-Studio.

Welche Ziele wollen Sie mit dem Chinesischen Pavillon noch umsetzen?
Ein großes Ziel muss sein, eine Geschäfts­füh­rerstelle zu etablieren, denn allein mit ehrenamtlicher Ver­eins­arbeit ist die Organisation der Veranstaltungen mittelfris­tig nicht zu betreiben. Wenn Sie sich umschauen, dann sehen Sie, dass viel gemacht wird. Der Saal ist schon in einem guten Zustand. An den Außenfassaden gibt es aber noch Teile mit altem Anstrich und Brandschäden. Das muss nach und nach saniert werden. Die Bauarbeiten an den Außenanlagen werden dann im Frühjahr 2021 abgeschlossen sein, wobei wir uns auf eine Mischung aus chinesischer und sächsischer Gartenkunst freuen können. Der Sanierung liegt ein Konzept zugrunde, das auch von chinesischen Experten erarbeitet wurde.

Wann können denn interessierte Besucher vorbeikommen?
Natürlich immer im Rahmen der Veranstal­tun­gen, die meist abends stattfinden, sofern sie wieder erlaubt sind. Aber auch tagsüber ist meist jemand da, um Fragen zu beantworten. Wir bieten den Pavillon übrigens ebenso zur Ver­mietung an. Ganz bewusst haben wir uns dagegen entschieden, Zäune zu errichten, damit man mal einen Blick durch die Scheibe werfen kann. Denn auch abseits der Veranstaltungen können Sie beim Spaziergang gerne kurz anhalten und klingeln, wenn Sie ein Licht sehen. Es wird jemand da sein, der Ihnen gerne eine kurze Führung gibt.

Chinesischer Pavillon zu Dresden e.V.
Bautzner Landstraße 17 A, 01324 Dresden
www.chinesischer-pavillon.de

Interview: Philipp Demankowski

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