Nicole Ricard – Ein Herz für kranke und mittellose Kinder

Auf der Ricardinsel Les Embiez – v.l.: Lord Michel Anders-Cavendish mit Nicole und Bernard Ricard / Foto: © Michel Anders-Cavendish
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Das Familienmitglied der Pernod-Ricard-Dynastie
nutzt sein Leben zum Wohl anderer Menschen

In der grünen Normandie im Nordwesten Frankreichs erblickte die adlige Nicole Grignion de Montfort das Licht der Welt. Ihr Vorfahr, der Missionar Saint Louis-Marie Grignion de Montfort (1673-1716), inspirierte sie dazu, sich um andere Menschen zu kümmern. Vor über vierzig Jahren traf die schwarz­­haarige Nicole (im Aussehen eine Mischung aus dem Filmstar Zizi Jeanmaire und der Chansonsängerin Barbara) Bernard Ricard, den Sohn des Gründers der bekannten Spiri­tuosengruppe. Der junge Bernard wollte in Andorra ein An­we­sen kaufen, das ihm Nicole auf einem Silbertablett präsentierte. Mit dem Einvernehmen seines Vaters kaufte er am Tag darauf die romantische Bleibe am Waldrand von Juberri und verliebte sich zugleich unsterblich in Nicole. Bernard Ricard hatte bereits zwei gescheiterte Ehen hinter sich, doch als er Nicole sah, war es um ihn geschehen. Beide traten in Andorra vor den Traualtar und lebten in Liebe und Harmonie über vierzig Jahre zusammen.

Ab dem Tag der Eheschließung wurde Nicole Mitglied einer der wohlhabendsten Familien Frankreichs. Die Gruppe Per­nod-Ricard umfasst heute unzählige verschiedene Spirituosen­ge­sell­schaften. Zu ihnen zählen etwa die Whiskys Chivas, Ballan­tines oder Clan Campbell, der Gin Beefater, der Vodka Absolut, der Cognac Martell, der Bourbon Four Roses, mehrere Wein- und Likör-Marken, sowie die Champagner Mumm und Perrier Jouët. Firmengünder Paul Ricard startete sein Imperium in Marseille mit dem Anishaltigen Getränk Ricard. Im zweiten Weltkrieg kaufte der Geschäftsmann fast ein Drittel der Ca­mar­gue, einer Schwemmlandebene im Süden Frankreichs, und baute sich dort eine eigene Arena, wo die Familie Ricard jedes Jahr im Juli das sogenannte Fest des Pferdes feiert. Ber­nard baute auf dem Terrain eine Bimmelbahn auf Schienen, die durch das Land der wilden Pferde und rosa Flamingos fährt. In den Kriegsjahren baute Senior Ricard auf dem feuchten Boden der Camargue Reis an. Damit ernährte er seine An­gestellten in der schweren Zeit.

Vor Marseille kaufte Paul Ricard die beiden paradiesischen Mittelmeerinseln Les Embiez und Bandor, die bis heute im Be­sitz der Familie sind. Sohn Bernard schuf den Yacht Club des Embies. Hier ankert Le Garlabau, der Dreimaster seines Vaters, auch heute noch. In Afrika wiederum rief Bernard die 2CV Citroën Rallye ins Leben. An den Olympischen Spielen 1960 in Rom nahm er für Frankreich an den Segelwettbewerben teil, die in Neapel stattfanden. Im gleichen Jahr absolvierte er seinen Pilotenschein und gründete den Aéro-Club Soleil. Jährlich wird in Südfrankreich das Autorennen Paul Ricard ausgetragen. Bei allen Ereignissen stand Nicole Ricard ihrem Mann bis zu seinem Tod am 4. November 2017 treu zur Seite.

Parallel kümmerte sie sich aufopfernd um kranke und arme Menschen. Haute Couture-Kleider und das Leben in Luxus­hotels interessieren sie herzlich wenig. „Mit solcherart unnütz herausgeworfenem Geld kann man viel Gutes tun”, so ihre De­vise. Heute liegt der Pernod Ricard-Konzern in den Händen von Alexandre Ricard, Bernards Sohn aus zweiter Ehe und Nicoles Stiefsohn. In dritter Generation leitet er die gewaltige Familien-Holding.

Nicole Ricard / Foto: © Michel Anders-Cavendish


In ihrem Zuhause im Fürstentum Andorra empfing uns Nicole Ricard zu einem Exklusiv-Interview, um über ihre En­gage­ments für verschiedene Hilfsprojekte zu sprechen.

Madame Ricard, Sie kümmern sich seit über 20 Jahren um die Association Française de la Myopathie (AFM). Welches Hilfsprogramm beinhaltet die wohltätige Stiftung?
Nicole Ricard: 1993 habe ich die Stiftung als Téléthon-Bot­schaf­terin mit Unterstützung meines Mannes und meiner Freunde in Andorra ins Leben gerufen. Jedes Jahr Anfang Dezember bitten wir die TV-Zuschauer um Spenden für die Forschungen an Degenerativen Erkrankungen wie der Myopa­thie, die junge Menschen an Rollstühle fesselt. Das Geld, das wir dann im Fürstentum Andorra erhalten, geht sofort an den Sammelplatz nach Frankreich.

Seit Jahren kümmern Sie sich um kranke Kinder. Mit welchen Stiftungen arbeiten Sie zusammen?
In erster Linie unterstütze ich die „Fondation pour l’Enfance” (Stiftung zum Schutz der Kinder). Wir gehen gegen Gewalttätigkeiten vor, die an Kindern verübt werden. Dadurch können wir Depressionen und andere gesundheitliche Folgeschäden verhindern.

Wie Sie schon erwähnten, liegen Ihnen bedürftige Kinder am Herzen.
So ist es. Für mich ist es das Schlimmste, wenn ein Kind an einer unheilbaren Krankheit sterben muss. Es bleibt ihm nicht einmal die Zeit das Leben, welches uns allen von Gott gegeben ist, zu erleben. Mit Air Liberté erfüllen wir heimliche Wünsche in fernen Ländern für todesgeweihte Kinder. Selbstverständlich begleiten die Eltern sie dabei. Egal wohin. Wir wollen nur, dass ihr letzter Wunsch sie glücklich macht. Ob nach Thailand oder Tahiti: Kein Ziel ist zu weit. Die Freude, die sich dann in den Kinderaugen widerspiegelt, ist für mich die größte Belohnung. Mit Air Liberté haben wir auch 4.000 Rollstühle für Behinderte nach Marokko, Tunesien, Kambodscha, Frankreich oder Jordanien verschickt.

Sie sind also eine Art gute Fee für all die Kinder, die an Wunder glauben?
Das wäre übertrieben. Ich helfe da, wo immer ich kann. Das Leben hat mich verwöhnt und so ist es nur selbst­verständlich, dass ich mein Glück mit Menschen teile, denen es nicht so gut geht. In Moskau haben wir ein Foot-Fauteuil (Fußball im Rollstuhl) organisiert. Gleichzeitig er­möglichten wir, dass sich 700 kranke Kinder gemeinsam im Wettkampf verschiedener olympischer Disziplinen messen konnten. 54 internationale Fernsehstationen, davon etliche in China, berichteten über das Ereignis in Russland.

Für Ihr Engagement als Botschafter verschiedener Hilfsaktionen wurden Sie mit verschiedenen Ehrungen ausgezeichnet.
Die „Charte de l’Etoile Civique“ (Charta für Volks­schutz), eine Institution, die von der weltberühmten Académie française anerkannt wird, zeichnete mich mit dem Ehrenstern aus. Die „Ligue Universelle du Bien Publique“, die an UNESCO und die ONU angeschlossen ist, verlieh mir wiederum in An­wesenheit der Garde Républicaine (Wache zum Schutz des Präsidenten Frankreichs) die Goldmedaille, die auch Sir Wins­ton Churchill, John F. Kennedy, Josèphine Baker, die Herzogin von Windsor oder Abbé Pierre erhielten. In Monaco überreichte mir Fürst Albert II. das Ehrenzertifikat des internationalen Lions Club für humanitäre Hilfe.

Seit wann wohnen Sie im Fürstentum Andorra?
In Andorra lebe ich seit über 50 Jahren. Mein Mann liebte den Ort und war stolzer Bürger des Fürstentums. 40 Jahre lebten wir gemeinsam glücklich in unserem Haus „Le Châlet Vert“ am Waldrand. Heute ruht die Urne mit der Asche meines Mannes in unserer privaten Kapelle. Zu seinen Leb­zeiten hatten wir das Land hinter unserem Châlet gerodet, um einen großen Park à la Française zu errichten. Heute sind die Bewohner des Fürstentums und die Touristen herzlichst eingeladen den Park kostenlos zu besichtigen. Zur Belustigung der Besucher haben wir an verschiedenen Stellen 550 lebensgroße Statuen aus Holz oder Glasfaser in freier Natur aufgestellt. Ele­fanten leben so in Frieden mit Giraffen, Affen, Löwen, Tigern, aber auch Hunden, Kühen und Pferden zusammen. Die Kinder sind begeistert und springen vor Freude um die Tiere.

Oft helfen Sie auch, indem Sie Ricard-Getränke für eine Benefiz-Soirée sponsern.
Das wird in der Pariser Hauptverwaltung auf Anfrage eines Familienmitgliedes bestimmt. Bereits zu seinen Lebzeiten hatte der Gründer Paul Ricard ein entsprechendes Gesetz verfasst. Jedes Mitglied, das für eine Charity-Veran­stal­tung Getränke benötigt, muss sie aus eigener Tasche bezahlen. Das Gesetz gilt bis zum heutigen Tag.

Ich nehme an, dass Sie auch Deutschland besucht haben?
Ja. Wir waren in Köln bei der Familie Schwing­ler Nolden in ihrem Herrenhaus, das Napoleon auf seinem Rückzug aus Russland beherbergte, zu Gast. Die Martins­gans teilten wir dort mit den Nachfahren von Konrad Ade­nauer. Am darauffolgenden Tag besuchten wir den Kölner Dom und waren zutiefst beeindruckt. 2013 unterstützten wir die Renovierungsarbeiten des Domes von Karl dem Großen in Aachen. Charlemagne war schließlich das Bindeglied zwischen Frankreich und Deutschland. Der Modedesigner Chris­tophe Thouet überreichte uns für unsere Hilfe die Ehren­urkunde des Doms.

Sicher waren Sie auch bereits in Deutschlands Hauptstadt zu Gast?
Selbstverständlich. Der private Capital Club Berlin gab im November 2012 meinem Mann und mir zu Ehren ein fabelhaftes Dinner hoch über dem Gendarmenmarkt. Nach unserem Besuch auf Schloss Sanssouci in Potsdam lud uns die Berliner Charity-Lady Ulla Klingbeil zu sich in ihr Haus am Wannsee ein, um uns ihre Miniatursammlung berühmter Resi­denzen zu zeigen. Zudem war ich auch bei den Festlichkeiten dabei, die in Berlin zum Erscheinen des Romans „Etoile: Stern der Liebe” unseres Freundes Lord Michael Anders-Cavendish im September 2018 veranstaltet wurden.

Wie gefällt Ihnen unsere Hauptstadt?
Sensationell! Die Stadt ist jung und dynamisch. Die moderne Kunst ist heute in Berlin zuhause. Was Opern und Konzerte anbelangt ist die Stadt führend. Besonders faszinierten mich die alten und modernen Gebäude, die harmonisch nebeneinander stehen. Ich finde, dass die Berliner höflich und zuvorkommend sind.

Waren Sie auch schon einmal in Dresden? Falls Sie unsere Stadt noch nicht kennen, wäre es uns eine Ehre, Sie in Sachsen begrüßen zu dürfen. Wie wäre es, wenn wir Sie zur HOPE-Gala zugunsten bedürftiger Kinder von Südafrika einladen würden?
Wie Sie wissen, sage ich nie nein, wenn es um kranke Kinder geht. Gewiss komme ich gerne nach Dresden. Ihre Stadt gehört zu einer der schönsten Kulturstädte der Welt, wie ich hörte. Immer wieder wird Dresden als nördliches Florenz gelobt. Vielleicht wäre es im nächsten Jahr in der zweiten Hälfte möglich. Bis dahin können wir hoffentlich wieder unbesorgt reisen.

Text und Interview: Michel Anders-Cavendish

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