Material der Moderne

Fotos: © Sammlung Köpcke & Weinhold, Berlin
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Das Stadtmuseum begibt sich mit der Ausstellung „Konferenz der Plastiktiere“ auf die Spuren Leningrader Spielzeugdesigns.

Mit der Ausstellung „Konferenz der Plastiktiere“ widmet sich das Stadtmuseum Dresden sowjetischen Spielzeugtieren der 1950er bis 1980er Jahre. Sie wurden aus einem Material gefertigt, das gegenwärtig so öffentlich und intensiv wie lange nicht diskutiert wird. Tatsächlich steht die aktuelle gesellschaftliche Position zur Verwendung des heute umstrittenen Plastiks diametral entgegen zur Begeisterung der 1950er und 1960er Jahre angesichts der neuesten Errungenschaft der chemischen Industrie im Bereich der Kunststoffe. Das „Material der Moderne“ eroberte sich binnen kürzester Zeit seinen Platz in allen Lebensbereichen – auch und gerade in der Welt des Spielzeugs. Dies dokumentiert die reiche Sammlung sowjetischer Spielzeugtiere „ZOO MOCKBA“ der zwei Berliner Fotografen Sebastian Köpcke und Volker Weinhold, auf der die Schau des Stadtmuseums basiert. Sie zeigt aber ebenso die modernen Ansätze im Spielzeugdesign, auf welche die Ausstellung am Beispiel von Dresdens Partnerstadt Leningrad / St. Petersburg ihren Fokus legt.

Neue Materialien bieten neue Möglichkeiten

Leningrad gehörte Mitte des 20. Jahrhunderts zu den wirtschaftlichen Zentren der Sowjetunion. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und insbesondere der Leningrader Blockade begann der Wiederaufbau der Stadt und Industrie. Letztere erhielt zugleich den Auftrag, die aus der Evakuierung zurückgekehrten Kinder mit Spielzeug zu versorgen. Die lokalen Industriebetriebe benötigten dafür kreative Köpfe, die für das Design des Spielzeugs sorgen sollten. In der Folge entstanden Kooperationen mit dem Leningrader Ilja Repin Institut für Malerei, Bildhauerei und Architektur und der Vera Muchina Hoch – schule für Kunst und Design. Die Studierenden und Absolventen dieser beiden Leningrader Kunstakademien lieferten die Entwürfe für die örtlichen Spielzeughersteller. Sie entwarfen Spielzeug, das unter anderen in der Leningrader Gummifabrik „Rotes Dreieck“, in der Puppenfabrik Lenigruschka und in den Leningrader OHK-Werken (später Chemisches Kombinat Plast – polymer Leningrad) produziert wurde. Die anfangs parallel zu Celluloid und Gummi verwendeten neuen Kunststoffe erlaubten eine kostengünstige Produktion in hohen Stückzahlen und in vielfältiger Form. Die Gestaltung der Spielzeuge löste sich hier bei zunehmend von der naturalistischen Wiedergabe zugunsten von Abstraktion und Stilisierung wie schon im Reformspielzeug der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ihr geringes Gewicht, die Abwaschbarkeit und problemlose Aufbewahrung gestatteten eine praktische Handhabung, was in Verbindung mit der knalligen Farbigkeit die Attraktivität der neuen Spielwaren beförderte.

Innovative Gestalter am Werk

Die Ausstellung „Konferenz der Plastiktiere“ möchte diese für die damalige Zeit innovativen und künstlerisch gestalteten Spielzeugprodukte vorstellen und auf die als Spielzeuggestalter wirkenden Bildhauer, Maler, Grafiker, Form-, Keramik- und Glasgestalterinnen aufmerksam machen. Mit ihren Spielzeugentwürfen werden deshalb vorgestellt: Boris Worobjew (1911- 1990), Lew Razumowsky (1926-2006), Tamara Federowa (1926- 2009), Natalia Tyrkowa (1928-2015), Lew Smorgon (*1929), Galina Sokolowa (*1929), Elena Podwolotskaya (1932-2014) und Adolf Neystat (*1935). Ergänzend werden ihnen als internationaler Vergleich gegenübergestellt die Arbeiten der tschechischen Designerin Libuše Niklová (1934-1981) und des DDR-Künstlers und Spiel – zeuggestalters Ali Kurt Baumgarten (1914-2009), deren Entwürfe nicht nur in der ČSSR und der DDR, sondern auch in Leningrad produziert wurden.  

Konferenz der Plastiktiere – Sowjetisches Spielzeugdesign der 1950er bis 1980er Jahre trifft Klassiker der DDR

vom 30. November 2019 bis 1. März 2020
Stadtmuseum Dresden
www.museen-dresden.de

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