Von Büchner bis Orwell

Bild: Sebastian Hoppe
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Das Staatsschauspiel steckt bereits mitten in der Spielzeit. Die ersten Stücke sind auf die Bühne gebracht worden. Doch auch in den kommenden Monaten dürfen sich die Dresdner Theaterfreunde auf interessante Ansätze freuen. Bis zum Jahresende stehen spannende Premieren auf dem Spielplan.

Mit Spannung erwartet wird etwa Büchners „Woyzeck“. Im Fragment des deutschen Dramatikers wird nicht nur der menschliche Wille aus rechtsphilosophischer Perspektive betrachtet, sondern auch pseudo-naturwissenschaftliche Disziplinen des 19. Jahrhunderts wie die sogenannte „Rassenlehre“ und die „Physiognomik“. Diese Methoden erleben in aktuellen biometrischen Überwachungsverfahren ihre Wiederauferstehung. Um diese Hintergründe auf der Bühne sinnlich erlebbar zu machen, arbeitet Regisseur Jan-Christoph Gockel erneut mit dem Puppenbauer und Puppenspieler Michael Pietsch zusammen. Zum Spielensemble gehört außerdem der in Dresden lebende Musiker und Songschreiber Ezé Wendtoin. Im Kleinen Haus wird Anna Seghers‘ „Transit“ gezeigt. Auf der Flucht vor den Nationalsozialisten hat die Autorin den Roman größtenteils im Marseille geschrieben, wo er dann auch spielt. Wie Seghers selbst versuchen tausende Flüchtlinge sich vor dem drohenden Zugriff der Nazis, die gerade Frankreich besetzt haben, zu retten und eine Schiffspassage in die Freiheit zu ergattern. Erst im letzten Jahr durch den hervorragenden Film von Christian Petzold wieder ins kulturelle Bewusstsein gerückt, wird „Transit“ im Kleinen Haus von Data Tavadze inszeniert.

Von Rittern und Häuslebauern

Fast schon Tradition ist die Adaption eines Kinderbuchs von Cornelia Funke. Nach „Reckless“, „Tintenherz“ und „Herr der Diebe“ werden in „Geisterritter“ Türen zu den verwunschenen Mauern eines englischen Internats geöffnet. Die Zuschauer tauchen ein in eine opulente Welt voller Ritter, Geister und geheimnisvoller Orte. „Richtfest“ spielt vor dem Hintergrund einer Hausversammlung und erzählt von Häuslebauern, die sich ihr Traumhaus eigentlich nicht leisten können. Sechs Parteien finden zusammen, um gemeinsam eine Bauherrenschaft zu übernehmen. Sie kommen aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen und hegen ganz unterschiedliche Vorstellungen vom Wohnen und vom Leben. Dass sie wenig voneinander wissen, macht ihnen ihre Sache nicht leichter. Aber kein Zweifel: Weil sie zusammen ein Haus bauen, lernen sie sich kennen. Wird die Zweck- zur Vertrauensgemeinschaft?

Algorithmen als Pädagogen

Dresden-Premiere feiert die Groteske „Mein Kampf“ des Ungarn George Tabori, der Hitlers Biografie vom scheiternden Künstler zum antisemitischen Demagogen mit einem Humanismus entlarvt, der keine Unschuld kennt. Ebenfalls im Kleinen Haus kommt „2084 (AT)“ zur Aufführung, die letzte Premiere in diesem Jahr. Die Bürgerbühne versetzt hierbei George Orwells Zukunftsroman abermals in die Zukunft. Junge Menschen begeben sich auf die Suche nach einer utopischen „Diktatur der Tugend“, in der Algorithmen die Menschen erziehen und so unsere Gesellschaft zu einem besseren Ort machen sollen.

Informationen, Spielplan und Tickets unter: www.staatsschauspiel-dresden.de

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