Filmkritik „Der unverhoffte Charme des Geldes“: Der Strom des Geldes

Fotos: © Cinémaginaire Inc. - FilmTDA Inc. – 2018
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In Der unverhoffte Charme des Geldes vom kanadischen Regisseur Denys Arcands wird das westliche System mit den eigenen Mitteln ausgetrickst.

Die Filme des kanadischen Regisseurs Denys Arcands dienten schon immer vor allem als Analysen über die uns bestimmende Zeit und die uns eventuell verlorengegangenen Werte. Der Plot war dabei stets eher Katalysator für kulturphilosophische Gedanken als wirkliche Handlungsebene. Da kommen dann Filme heraus, die meist mehr Ab- als Lobgesang der Menschen und ihrer Antriebe sind, bei denen die Zuschauer aber trotz des über allem stehenden Pessimismus die handelnden Charaktere liebgewinnen. Es ist eben im besten Sinne ein frankokanadischer Film. Die Leichtigkeit des französischen Films wird konterkariert durch die Ernsthaftigkeit des Sujets.

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Geld statt Sexualität

Auch bei „Der unverhoffte Charme des Geldes“ wird gleich am Anfang des Films der Ton vorgegeben. Kurierfahrer und Hauptfigur Pierre Paul konstatiert im Gespräch mit seiner zukünftigen Ex-Geliebten, dass Intelligenz für Erfolg nur hinderlich ist. Ein Blick in die Vergangenheit beweist das. Großen Schriftstellern, sogar den von Pierre-Paul so geliebten Philosophen, aber auch den Politikern unserer Zeit wird die Intelligenz abgesprochen. Es sind Gespräche wie diese, die den Nihilismus im Kapitalismus aus der Sicht von Pierre-Paul definieren. Dagegen hält er einen ausgeprägten Altruismus, den er ganz konkret in Unterstützung der Obdachlosenhilfe in Montreal umsetzt. Immer wieder werden im Laufe des Films diejenigen Menschen gezeigt, die in den Systemmühlen zermahlen werden. „Der unverhoffte Charme des Geldes“ folgt auf „Der Untergang des amerikanischen Imperiums“ von 1986 und dem mit dem Auslandsoscar ausgezeichneten „Die Invasion der Barbaren“ von 2003. Während der Regisseur aus Québec in den beiden Vorgängerfilmen der thematisch lose zusammengehörenden Trilogie noch die Sexualität als wesentliche Triebfeder des menschlichen Handelns herausstellt, ist es im neuen Film das Geld. Gezeigt wird, wie Geld versteckt wird, wie Geld auf Konten ausländischer Banken landet, und welche Wege es dahin nimmt.

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Plädoyer für mehr Menschlichkeit

Die narrativen Mittel, derer sich Denys Arcands bedient, sind die eines klassischen Heist-Movies. Pierre-Paul kommt aufgrund eines missglückten Raubüberfalls, dem er als Zeuge beiwohnt, plötzlich zu sehr viel Geld. Bald schart er eine kleine Gang um sich, die ihm dabei hilft, das Geld vor der Polizei und den bestohlenen Kriminellen zu verschleiern. Mit Unterstützung eines aus dem Knast entlassenen Finanzgenies, eines Offshore-Bankers und seiner neuen Freundin gelingt es Pierre- Paul schließlich, das System mit den eigenen Mitteln auszutricksen. Ein System, das kompromisslos auf Erfolg ausgerichtet ist, dabei aber grundlegende Werte vermissen lässt. Am Ende ist der Film ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit. Und zwar in einer solchen Deutlichkeit, wie man es dem Zyniker Denys Arcands gar nicht zugetraut hätte.

Der unverhoffte Charme des Geldes

Regie: Denys Arcands
Kinostart: 1. August 2019

Text: Philipp Demankowski

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