1719 reloaded

1719 wurde der Dresdner Zwinger anlässlich der Königlichen Hochzeit des Sächsischen Kurprinzen unter August dem Starken eingeweiht. Regelmäßig bevölkert der Sächsische Hofstaat zu besonderen Anlässen den Innenhof, so bei der traditionellen 'Rückkehr der Orangenbäume'. Foto: Christoph Münch
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Dresden steht 2019 ganz im Bann von 1719. Die Hochzeit zwischen Friedrich August und Maria Josepha belebt das Stadtbild wie kein zweites Ereignis in diesem Sommer.

Wer einen Vater wie August den Starken hat, darf auf ein etwas größeres Fest zur Vermählung hoffen. Zumal wenn man der einzige Sohn des Kurfürsten ist. Dass die Trauung von Friedrich August und Maria Josepha 1719 aber zur Hochzeit des Jahr­hun­derts hochstilisiert werden würde, hatte aber wohl selbst der Kurprinz nicht erwartet. Die politischen Ambitionen seines Vaters hingegen waren ihm bekannt. August der Starke woll­te Sachsen emanzipieren. Das kleine Fürs­tentum sollte mitspielen im Konzert der Großen. Ein großer Baustein zum Gelingen dieses Plans sollte nun die Vermählung seines Sohnes mit der österreichischen Erzherzogin Maria Josepha darstellen. Damit gelang es dem sächsischen Fürsten, sich einerseits gegen die preußische Dominanz in der Region abzusichern und andererseits enger an die südlichen Machthaber zu binden.

links: Louis de Silvestre und Werkstatt, Kurprinz Friedrich August von Sachsen, Dresden, um 1730, © SKD, Rüstkammer, Foto: Elke Estel / Hans-Peter Klut
rechts: Louis de Silvestre, Königin Maria Josepha, Gemahling König Augusts II. von Polen, als sächsische Kurprinzessin, nach 1719, Öl auf Leinwand, 142 x 114,5 cm, Gemäldegalerie Alte Meister, © SKD, Elke Estel / Hans-Peter Klut

Pompös ist gar kein Ausdruck
Die eigentliche Hochzeit fand allerdings in Wien statt. Am 20. August begleitete ein relativ schlichtes Fest die Vermählung in der Ka­pelle der Favorita. August der Starke hatte für den Dresd­ner Part natürlich etwas ausschweifendere Pläne. Entsprechend repräsentativ sollten die Feierlichkeiten zur Vermählung werden. 21 Jahre vor dem berühmten Zeithainer Lustlager, der spektakulären Truppenschau Augusts des Star­ken in der Nähe von Riesa und Großenhain, war die Hochzeit weit mehr als nur ein Vorgeschmack. Insgesamt 40 Tage verbrachte die Hoch­zeits­gesellschaft in der Stadt. Alles in allem war die Feier vier Mil­lio­nen Taler teuer. Alles war minutiös geplant. Am 2. Sep­tember bestieg die Braut in Pirna die Bucen­taur, eine Replik der venezianischen Staatsgaleere, und fuhr buchstäblich mit Pauken und Trompeten in Dresden ein. In den folgenden Tagen wurden alle Varian­ten barocken Amüse­ments aufgeboten. Es wurde getanzt bis die Füße schmerzten. Man besuchte verschiedene Theaterstücke oder Konzerte. Aus heutiger Sicht zumindest be­fremdlich wirkt das sogenannte „Kampf-Jagen“. Zwei Löwen, ein Panther, ein Pavian, sechs Bären, Wildschweine und Auerochsen wurden aufeinander losgelassen und dann von August und dem Brautpaar abgeschossen. Bei der „Wasser-Jagd“ hingegen wurden 400 Hirsche, Rehe und Wildschweine in die Elbe getrieben, um entspannt erlegt zu werden.

Rückkehr der Orangenbäume aus dem Winterquartier, Foto: Cordula Maria Grahl

Planeten-Trilogie
Doch damit war noch längst nicht Schluss. Als nächstes sollte eine Festtrilogie folgen, die nach Himmelsgestirnen benannt war. Los ging es am 20. September mit dem Merkurfest. Im Zwinger wurden ein großer „Jahrmarkt der Nationen“, eine Mes­se und eine Lotterie aufgebaut, bevor die Braut in einem prächtigen Muschelwagen ins Festgelände eingefahren wurde. Drei Tage später wurde das Venusfest im Großen Garten veranstaltet, zu dem auch Georg Friedrich Händel und Georg Philipp Telemann angereist waren. Am 26. September folgte schließlich im Plauenschen Grund das Fest des Saturnus, das eine Bergparade, ein üppiges Festbankett, eine Jagd, Vokalmusik und eine italienische Komödie umfasste. Am 29. September fanden die Feierlichkeiten schließlich ein Ende. August der Starke und seine Partyplaner hatte Sachsen für 40 Tage zum Nabel der Welt gemacht.

Kupferstich nach Jacob Fehling 1724, Bergmannsaufzug im Plauenschen Grund, © SKD – Der Höhepunkt der nach den sieben Planeten benannten Festfolge war das Saturnfest im Plauenschen Grund bei Dresden, das dem Bergbau gewidmet war. Nach einer Jagd und einer Theateraufführung paradierten nicht weniger als 1.400 Bergleute mit ihren Gruben­lichtern über den nächtlichen Festplatz. Im Plauenschen Grund trafen in dieser Nacht die Kulturen des Hofes und des Bergbaus aufeinander. Die Sonderausstellung „Der Berg­­manns­­aufzug zur Fürstenhochzeit 1719 und seine Folgen für die Volkskunst” vom 01.06.2019 bis 03.11.2019 im Jägerhof  beleuchtet das Saturnfest.


1719 reloaded
In Erinnerung an die legendäre Hochzeit gibt es zum 300. Jubi­läum ein buntes Veranstaltungspotpourri in Dresden. Im wunder­schönen Marketing-Deutsch werden die Feste unter dem Schlagwort 1719 reloaded subsummiert. Herausgekommen ist ein bunter Strauß an Freizeitmöglichkeiten, der es so gut wie jedem Familienmitglied möglich macht, Tuchfühlung zu den Ereig­nissen des Jahres 1719 aufzunehmen. Wer dann noch ein Faible für Kostümierung hat, umso besser. Denn es steht zu vermuten, dass auch beim Höhepunkt der Feierlichkeiten, der Neuauflage des Venusfests im Großen Garten, kostümiertes Volk zu bestaunen ist. Daneben gibt es allerhand Sonder­aus­stellungen zum Thema. Fast meint man, jedes Museum in Dresden möchte zum Wissenstransfer bezüglich der Jahr­hun­derthochzeit beitragen. So gibt es etwa Sonder­ausstellungen in der SLUB, im Ver­kehrs­museum und im Palais im Großen Garten. Und im Residenz­schloss werden die prunkvollen Paraderäume wiedereröffnet, die August der Starke eigens für die Hochzeit anfertigen ließ. Wer sich einen Überblick über die Veranstaltungen verschaffen möchte, dem sei der Veran­staltungskalender hier im Magazin oder auf unserer Website empfohlen.

Traumhochzeit per Gewinnspiel
Für ein glückliches Paar geht sogar der Wunsch einer barocken Traumhochzeit in Erfüllung, denn am 8. Oktober ist eine standesamtliche Trauung im Dresdner Schloss angesetzt. Eine ab­solute Ausnahme, die nur dieses Jahr möglich ist. Die Hoch­zeits­nacht wird natürlich standesgemäß im Hotel Ta­schen­­berg­palais Kempinski verbracht. Und auch eine Kutsch­fahrt durch Dresden gehört zum romantischen Komplettpaket. Dafür wurde extra ein Gewinnspiel anberaumt. Bis zum 30. Ju­ni ha­ben die Paare noch die Möglichkeit, sich über die Website von Dresden-Marketing zu bewerben. Zwei Kriterien beeinflussen den Erfolg. Paare, die eine ungewöhnliche oder besonders romantische Liebesgeschichte erzählen können, haben gute Chancen. Wer diese zudem noch kreativ in Szene setzen kann, dürfte der eigenen Traumhochzeit noch ein Stückchen näherkommen. Welches Medium dabei benutzt wird, bleibt ganz den bald Vermählten überlassen. Ob Text, Bild, Video oder Audio – entscheidend ist die Kreativität.

Text: Philipp Demankowski

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