Märchenschloss in der Lausitz

In den restaurierten historischen Räumen des Landschlosses entdecken Sie interessante Geschichten über einstige Besitzer und die barocke sowie klassizistische Raumgestaltung. Kunst-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte finden Sie auch im idyllischen Landschaftspark und dem ländlichen Meierhof. / Foto: © Schlösserland- Sachsen/Dittrich
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Zweifellos gehört das Barockschloss Rammenau zu den beliebtesten Ausflugszielen in der Region. Sein Ruf als schönstes Barockschloss Sachsens eilt ihm über die Freistaatsgrenzen voraus.

Auch aus Dresden kommen gerade am Wochenende stets zahlreiche Besucher, um das prachtvolle Landschloss in Augenschein zu nehmen. Die 30 Kilometer Anfahrtsweg in die Westlausitz sind schließlich in maximal 40 Autominuten problemlos zu meistern. Wer dann im Barockschloss angekommen ist, kann durchaus einen Tag für die Besichtigung einplanen. Die Anlage besteht neben dem prächtigen Schloss aus dem Ehrenhof, verschiedenen Kavaliershäusern, dem Rittergut und einem Park, der zum Flanieren einlädt. Wer das Hauptschloss, eine zweistöckige Dreiflügelanlage mit hohem Mansarddach, betritt, findet sich in einer imposanten Empfangshalle wieder, in der eine dreiläufige Treppe ins Obergeschoss führt. Dort befinden sich die weitestgehend im Originalzustand wieder hergestellten Schauräume des Schlosses: das Pompeijanische Zimmer, das Goldene Zimmer und das Chinesische Zimmer. Das Zentrum des Obergeschosses bildet der über zwei Etagen reichende Spiegelsaal. Im Erdgeschoss hingegen befinden sich die Schlossgaststätte und einige Museumsräume. Die Schönheiten des Schlosses werden den Besuchern dabei von den in historischer Tracht gekleideten Kammerzofen gezeigt, die über die Jahre ein Markenzeichen der Anlage geworden sind.

Rückseite des Barockschlosses mit Zugang zum Park – Foto: © Schlösserland-Sachsen/Dittrich
Aus der Schlossgeschichte

Der Besuch der originalgetreuen Zimmer ist ein ästhetisches Erlebnis an sich. Doch wer genau hinschaut, entdeckt zahlreiche Spuren der Vorbesitzer wieder. Hier wird Geschichte lebendig. Stilvolle Salons, kostbare Porzellane und bezaubernde Wandmalereien erzählen vom Leben in der einstigen Sommerresidenz. Auch die Vorliebe für asiatisches Kunsthandwerk im Barock wird deutlich. Vor allem die Tapeten des Chinesischen Zimmers erzählen vom sorglosen Dasein in fernen Welten. Ursprünglich reicht die Historie der Anlage zurück ins Jahr 1717. Ernst Ferdinand von Knoch kaufte das Rittergut Rammenau damals von der in Konkurs geratenen Familie von Seydewitz. Vier Jahre später begann der Kammerherr Augusts des Starken mit dem Neubau des Barockschlosses. Die Planung überließ er dem Vater des sächsischen Rokokos, Johann Christoph Knöffel. Von Knoch selbst sah sich 1744 aufgrund von Verschuldung gezwungen, die Region zu verlassen. Die Angst vor den Gläubigern muss groß gewesen sein, denn seitdem wurde der Kammerherr nicht mehr gesehen. Das noch unfertige Schloss gelangte in den Besitz der Familie von Hoffmann, die den Bau schließlich vollendete. Ab 1794 durfte sich nach einem Verkauf Friedrich von Kleist Schlossherr nennen. Er initiierte eine der wesentlichen Umgestaltungen der Schlossgeschichte, die die Anlage bis heute prägt. Viele Räume präsentieren sich seitdem in klassizistischem Glanz. Nach drei weiteren Besitzerwechseln wurde Rammenau im ersten Weltkrieg als Lazarett genutzt und 1945 von der Roten Armee besetzt. Seit Anfang der 1990er Jahre wird die Anlage nun vom Staatsbetrieb Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen verwaltet.

Fotos: © Barockschloss Rammenau
Romantischer Schlossgarten

Der Park hinter dem Schlossgebäude wurde in seiner heutigen Form von Johann Centurius Graf von Hoffmannsegg erdacht. Dieser ließ den symmetrischen Garten zu einem Land schaftspark im englischen Stil umgestalten. Nach 1962 trug er den Namen Fichte-Park nach dem berühmten deutschen Philosophen, der in Rammenau geborenen wurde. Neuerdings wird er aber meist nur Schloss park genannt. Ein Denkmal von Johann Gottlieb Fichte befindet sich immer noch im Park, zudem seltene Pflanzen, ein Teich mit Wasserspielen, der Schlossteich sowie zahlreiche Statuen und Putti. Der romantische Park wird dabei nicht nur von Spaziergängern gerne genutzt. Immer mal wieder finden Foto-Shootings in der einzigartigen Atmosphäre statt.

Frontseite des Landschlosses – Foto: © Barockschloss Rammenau
Buntes Veranstaltungsprogramm

Auch Hochzeitsgesellschaften sieht man oft im Park, denn im Schloss Rammenau kann man heiraten. An zehn ausgewählten Tagen im Jahr öffnet das schlosseigene Standesamt und lässt den Traum von den Märchenhochzeit für ein glückliches Paar wahr werden. Aber auch abseits der Hochzeitsfeierlichkeiten und dem regulären Besucherbetrieb finden im Barock schloss immer wieder spezielle Veranstaltungen statt. Am 4. August etwa steht das „Picknick in Weiß“ für die ganze Familie an, in dessen Rahmen auch verschiedene Spiele aus dem Barock ausprobiert werden können. Ein weiteres High – light sind die alljährlichen „Internationale Oberlausitzer Leinentage“. Immer am letzten Augustwochenende des Jahres verwandeln sich Schlossanlage und Park dann in einen Markt für Liebhaber von hochwertigen Naturprodukten, edlem Leinen, alter Handwerkskunst und Selbstgemachtem.

Zwischen Gesindeküche und Speisesalon

Wer sich nach dem Parkspaziergang und dem Schlossrundgang nach einer kleinen Stärkung sehnt, ist im Schlossrestaurant gut aufgehoben. Dabei kann man ganz nach den eigenen Vorlieben speisen. Wer den prachtvollen Tagtraum noch etwas länger aufrechterhalten will, nimmt in den historischen Speisesalons und auf der Schlossterrasse Platz. Denn hier wird noch die barocke Tafelkultur gepflegt, auch in kulinarischer Hinsicht. Der Höhepunkt des penibel durchkomponierten, mehrgängigen Menüs war damals oft ein Wildgericht. Immer aber setzten die Küchenmeister auf saisonales Gut, wobei der Eigengeschmack der Speisen im Vordergrund stand. Auch die heutigen Gastronomen in Rammenau bekennen sich zu dieser Prämisse. Und wer richtig prassen will, bekommt von den Kammerzofen gar „Speisen in barocken sechzehn Gängen“ serviert, mit Pausen zur Schloss- und Parkbesichtigung. Wem der Sinn allerdings eher nach der bodenständigen Gastronomie von Mägden und Knechten steht, sollte wiederum mit der Gesindeküche vorliebnehmen. Hier verspeist man einen Gesindeteller, also Quark mit Gemüse, Pellkartoffeln und Leinöl. Oder das Bautzener Bratenbrot mit Rindfleisch, Meerrettichsenf und Gewürzgurken.

Text: Philipp Demankowski

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