Zwischen Exotik und Barock: Der Schlosspark Pillnitz
Der Schlosspark Pillnitz ist immer einen Ausflug wert. Vor allem im Frühling. Und das nicht nur, weil dann die Kamelie erblüht.
Alter schützt vor Schönheit nicht. Auch im rüstigen Alter ist die Kamelie die botanische Sensation schlechthin im Schlosspark Pillnitz. Immerhin hat die eigentlich in Ostasien beheimatete Zierpflanze schon über 230 Jahre auf dem Buckel. Die Faszination, die sie ausstrahlt, ist jedenfalls ungebrochen. Hobby-Botaniker kommen ins Schwärmen, wenn sie von der rund neun Meter hohen Pillnitzer Kamelie sprechen. Im Frühling kann sie sich vor Bewunderern kaum retten. In diesem Jahr war es am 15. Februar soweit. Das klimatisierte, 54 Tonnen schwere und 13 Meter hohe Glashaus, in dem die Pflanze ihren Winterschlaf verbringt, öffnete pünktlich zum Beginn der Blüte seine Tore. Voraussichtlich noch bis Ende April kann die Kamelie täglich von 10 bis 17 Uhr besichtigt werden. Nur bei extremen Wetterbedingungen bleiben die Tore verschlossen. Schließlich soll die Pillnitzer Schönheit auch im nächsten Jahr noch in all ihrer Pracht erblühen. Immerhin 35.000 Blüten treibt sie jedes Jahr.
Dramatische Geschichte
Wie die Kamelie nach Pillnitz kam, darüber herrscht allerdings Unklarheit. Eine heute weitgehend bezweifelte These besagt, dass der Naturforscher Carl Peter Thunberg in den 1770er Jahren vier Exemplare von Japan mit nach Deutschland brachte. Falls diese Legende stimmt, wäre die Pillnitzer Kamelie das einzige heute noch lebende Exemplar der vier Mitbringsel. Verbrieft ist aber, dass der spätere Hofgärtner Carl Adolph Terscheck im Jahr 1801 die Kamelie genau an der Stelle im Park des Schlosses Pillnitz gepflanzt hat, an der sie sich noch heute befindet. Dramatisch war das Jahr 1905, als das damalige hölzerne Schutzhaus durch eine Überhitzung des Heizhauses abbrannte. Da das Löschwasser bei den damals im Januar vorherrschenden Temperaturen von minus 20 Grad Celsius zu einem Eisberg gefror, überlebte die Pflanze den Brand. Übrigens hat der Name der Kamelie nichts mit etwaigen Wüstentieren zu tun. Vielmehr verdankt sie ihre Bezeichnung dem berühmten Botaniker und Zoologen Carl von Linné, der wiederum den Jesuitenpfarrer Georg Joseph Kamel mit der Bezeichnung würdigte.
Die Tritonengondel
Doch die Kamelie ist längst nicht die einzige Sehenswürdigkeit im Park des einstigen Lustschlosses von August dem Starken. Jedem Spaziergänger in Erinnerung bleibt auch die sogenannte Tritonengondel, die einst dem Schiffsverkehr zwischen Pillnitz und Dresden diente. Streng genommen ist die rote Gondel sogar durch eine Symbiose entstanden, denn eigentlich gab es noch eine grüne Schwester. Nachdem eine Restaurierung beider stark beschädigter Exemplare nicht infrage kam, wurde aus Teilen beider Boote in den fünfziger Jahren eine neue Gondel nach den ursprünglichen Entwürfen des Dresdner Gartenarchitekten Christian Friedrich Schuricht gebaut. Blickfang ist damals wie heute die Galionsfigur der Meeresgottheit Triton. Geschützt wird die Gondel durch eine Dachkonstruktion, die wie die Architektur des Schlosses selbst als Beleg für die grassierende Chinamode des 18. Jahrhunderts interpretiert werden kann.
Englischer und Chinesischer Garten
Auch an anderer Stelle wird diese Vorliebe jener Zeit deutlich. Der chinesische Pavillon, der ebenfalls von Christian Friedrich Schuricht entworfen wurde, ist dabei das Prunkstück des Chinesischen Gartens. Der Raum im Inneren des Pavillons ist mit acht chinesischen Landschaftsbildern bemalt, die höchstwahrscheinlich vom Dresdner Maler Johann Ludwig Giesel stammen. Der Pavillon gilt bis heute als herausragende Nachbildung eines geschlossenen ostasiatischen Bauwerks. In der Nähe der Kamelie liegt wiederum der Englische Garten. Hier gibt es einen Englischen Pavillon, ein Rundtempel, der von Johann Daniel Schade nach dem Vorbild des Tempietto in Rom gestaltet wurde. Die drei Räume im Inneren des Pavillons sind jeweils unterschiedlich dekoriert. Im nicht weniger detailreich gestalteten historischen Palmenhaus können sich die Besucher vorrangig an australischen und südafrikanischen Pflanzen sattsehen. Zum 150. Geburtstag wurde das imposante Pflanzenschauhaus 2009 wiedereröffnet.
Ein Ort der Entspannung
Insgesamt finden sich im Park 2.000 Gehölzer und über 600 Kübelpflanzen. Ein Spaziergang lohnt sich besonders für Familien. Es soll schon vorgekommen sein, dass angehende Biologen im Schlossparkt Pillnitz mit dem Virus der Floraliebe angesteckt wurden. Die üppige Ausgestaltung des Schlossparks ist initial übrigens Gräfin Cosel zu verdanken. In ihrer Zeit als Schlossherrin zwischen 1713 und 1715 legte die Mätresse Augusts des Starken die Heckenquartiere oder Charmillen an, die bis heute überdauerten. In den Jahrzehnten danach entfaltete sich der barocke Lustgarten dann allmählich zu dem Schlosspark, der von Hundertausenden Besuchern jährlich zur Entspannung genutzt wird.