Zwischen Exotik und Barock: Der Schlosspark Pillnitz

Blütenpracht im Fliederhof - Foto: © Sylvio Dittrich / www.schloesserland-sachsen.de
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Der Schlosspark Pillnitz ist immer einen Ausflug wert. Vor allem im Frühling. Und das nicht nur, weil dann die Kamelie erblüht.

Alter schützt vor Schönheit nicht. Auch im rüstigen Alter ist die Kamelie die botanische Sensation schlechthin im Schlosspark Pillnitz. Immerhin hat die eigentlich in Ostasien beheimatete Zierpflanze schon über 230 Jahre auf dem Buckel. Die Faszination, die sie ausstrahlt, ist jedenfalls ungebrochen. Hobby-Botaniker kommen ins Schwärmen, wenn sie von der rund neun Meter hohen Pillnitzer Kamelie sprechen. Im Frühling kann sie sich vor Bewunderern kaum retten. In diesem Jahr war es am 15. Februar soweit. Das klimatisierte, 54 Ton­nen schwere und 13 Meter hohe Glashaus, in dem die Pflanze ihren Winterschlaf verbringt, öffnete pünktlich zum Beginn der Blüte seine Tore. Voraussichtlich noch bis Ende April kann die Kamelie täglich von 10 bis 17 Uhr besichtigt werden. Nur bei extremen Wetterbedingungen bleiben die Tore verschlossen. Schließlich soll die Pillnitzer Schönheit auch im nächsten Jahr noch in all ihrer Pracht erblühen. Immerhin 35.000 Blü­ten treibt sie jedes Jahr.

Die Kamelie im Schlosspark Pillnitz, Foto: Sylvio Dittrich / www.schloesserland-sachsen.de
Dramatische Geschichte

Wie die Kamelie nach Pillnitz kam, darüber herrscht allerdings Unklarheit. Eine heute weitgehend bezweifelte These besagt, dass der Naturforscher Carl Peter Thunberg in den 1770er Jahren vier Exemplare von Japan mit nach Deutsch­land brachte. Falls diese Legende stimmt, wäre die Pillnitzer Kamelie das einzige heute noch lebende Exemplar der vier Mitbringsel. Verbrieft ist aber, dass der spätere Hofgärtner Carl Adolph Terscheck im Jahr 1801 die Kamelie genau an der Stelle im Park des Schlosses Pillnitz gepflanzt hat, an der sie sich noch heute befindet. Dramatisch war das Jahr 1905, als das damalige hölzerne Schutzhaus durch eine Überhitzung des Heizhauses abbrannte. Da das Löschwasser bei den da­mals im Januar vorherrschenden Temperaturen von minus 20 Grad Celsius zu einem Eisberg gefror, überlebte die Pflanze den Brand. Übrigens hat der Name der Kamelie nichts mit etwaigen Wüstentieren zu tun. Vielmehr verdankt sie ihre Bezeich­nung dem berühmten Botaniker und Zoologen Carl von Linné, der wiederum den Jesuitenpfarrer Georg Joseph Kamel mit der Bezeichnung würdigte.

Die Tritonengondel

Doch die Kamelie ist längst nicht die einzige Sehens­wür­digkeit im Park des einstigen Lustschlosses von August dem Starken. Jedem Spaziergänger in Erinnerung bleibt auch die sogenannte Tritonengondel, die einst dem Schiffsverkehr zwischen Pillnitz und Dresden diente. Streng genommen ist die rote Gondel sogar durch eine Symbiose entstanden, denn eigentlich gab es noch eine grüne Schwes­ter. Nachdem eine Restaurierung beider stark beschädigter Exemplare nicht infrage kam, wurde aus Tei­len beider Boote in den fünfziger Jahren eine neue Gondel nach den ursprünglichen Ent­würfen des Dresdner Gartenarchitekten Christian Friedrich Schuricht ge­baut. Blickfang ist damals wie heute die Galionsfigur der Me­e­res­gottheit Triton. Geschützt wird die Gondel durch eine Dach­konstruktion, die wie die Architektur des Schlosses selbst als Beleg für die grassierende Chinamode des 18. Jahrhunderts interpretiert werden kann.

Lustgarten im Schlosspark Pillnitz, Foto: © Sylvio Dittrich / www.schloesserland-sachsen.de
Englischer und Chinesischer Garten

Auch an anderer Stelle wird diese Vorliebe jener Zeit deutlich. Der chinesische Pavillon, der ebenfalls von Christian Fried­rich Schuricht entworfen wurde, ist dabei das Prunkstück des Chinesischen Gartens. Der Raum im Inneren des Pavillons ist mit acht chinesischen Landschaftsbildern bemalt, die höchstwahrscheinlich vom Dresdner Maler Johann Ludwig Giesel stammen. Der Pavillon gilt bis heute als herausragende Nach­bildung eines geschlossenen ostasiatischen Bauwerks. In der Nähe der Kamelie liegt wiederum der Englische Garten. Hier gibt es einen Englischen Pavillon, ein Rundtempel, der von Johann Daniel Schade nach dem Vorbild des Tempietto in Rom gestaltet wurde. Die drei Räume im Inneren des Pavillons sind jeweils unterschiedlich dekoriert. Im nicht weniger detailreich gestalteten historischen Palmenhaus können sich die Besucher vorrangig an australischen und südafrikanischen Pflanzen sattsehen. Zum 150. Geburtstag wurde das im­po­sante Pflanzenschauhaus 2009 wiedereröffnet.

Ein Ort der Entspannung

Insgesamt finden sich im Park 2.000 Gehölzer und über 600 Kübelpflanzen. Ein Spaziergang lohnt sich besonders für Fa­mi­lien. Es soll schon vorgekommen sein, dass angehende Bio­logen im Schlossparkt Pillnitz mit dem Virus der Floraliebe angesteckt wurden. Die üppige Ausgestaltung des Schloss­parks ist initial übrigens Gräfin Cosel zu verdanken. In ihrer Zeit als Schlossherrin zwischen 1713 und 1715 legte die Mä­tres­se Augusts des Starken die Heckenquartiere oder Charmillen an, die bis heute überdauerten. In den Jahrzehnten danach entfaltete sich der barocke Lustgarten dann allmählich zu dem Schlosspark, der von Hundertausenden Besuchern jährlich zur Entspannung genutzt wird.

www.schlosspillnitz.de

Text: Philipp Demankowski


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