Ein Raum für Ida Bienert

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„Zukunftsräume. Kandinsky, Mondrian, Lissitzky und die abstrakt-konstruktive Avantgarde in Dresden 1919 bis 1932“ zeigt Dresden in den 1920er Jahren als Ort der künstlerischen Visionen.

Kennen Sie Ida Bienert? Sie war die Schwiegertochter des Dresdner Mühlen-Unternehmers Gottlieb Traugott Bienert, der mittels der nach ihm benannten Bienertmühle in Dresden-Plauen immer noch im Dresdner Stadtbild präsent ist. Ida Bienert (1879-1965) war eine umtriebige Mäzenin in der Stadt und für ihre Zeit eine vergleichsweise emanzipierte Frau mit großem Wirkungsgrad, nicht nur für die Kunstwelt Dresdens. So finanzierte sie aus eigenen Mitteln die erste Volksbibliothek Sachsens, die „Freie öffentliche Bibliothek Dresden-Plauen“. Sie war zudem eine der wesentlichen Protagonistin nen, die dazu beitrugen, dass Dresden im Gegensatz zum heutigen Leumund der Stadt in den 1920er Jahren durchaus als Zentrum der europäischen Avantgarde galt. In ihrem Salon in der Bienert’schen Familienvilla verkehrten viele namhafte Künstler. Immer wieder waren illustre Figuren aus der damaligen Kunstszene zu Gast im Haus, so Paul Klee, Walter Gropius, Otto Dix oder Conrad Felixmüller, aber auch Mary Wigman und Gret Palucca.

Konstruktivismus im Damenzimmer

Ihr Ruf wurde auch jenseits der Stadtgrenzen erhört. 1926 entwarf Piet Mondrian in Paris ein Raumkunstwerk für Ida Bienert. Der niederländische Konstruktivist wurde von der Dresdner Kunstsammlerin beauftragt, ihr Damenzimmer in der Bienertvilla neu zu gestalten. Leider wurde der Entwurf aber nie in der Familienvilla umgesetzt. Die in der Ausstellung gezeigte Zeichnung zeigt die vier Wände um den Fußboden gruppiert sowie die Decke des Raumes. Zwei weitere kleinere Entwürfe geben die farbige Gliederung der Räume aus der Vogel- beziehungsweise aus der Froschperspektive wieder. Der russische Avantgardist El Lissitzky konzipierte unterdessen in Moskau anlässlich der Internationalen Kunstausstellung Dresden in einem vergleichbar visionären Geist einen Demonstrationsraum für abstrakte Kunst. Das einmalige Erlebnis dieser Räume – real wie virtuell nachgebaut – steht im Zentrum der Ausstellung abstrakter und konstruktivistischer Kunst.

Weltoffenes Dresden

Die Ausstellung versammelt aber nicht nur Meisterwerke von Mondrian und Lissitzky. Auch die Bauhaus-Lehrer Wassily Kandinsky, Paul Klee, Lyonel Feininger, László Moholy-Nagy, Willi Baumeister und Oskar Schlemmer sind mit Werken vertreten, die aus bedeutenden Museen nach Dresden entliehen werden. Entgegen seinem Ruf als traditionsverhaftete Kunststadt war Dresden Mitte der 1920er Jahre Schauplatz für die Durchsetzung noch umstrittener Neuerungen in der Kunst. Weltoffene Dresdner  Galeristen, Sammler und Kritiker brachen mit dem Kanon und förderten Künstlerinnen und Künstler des Bauhauses, der niederländischen De Stijl-Bewegung und des russischen Konstruktivismus. Die Ausstellung zeigt, wie die von gesellschaftsutopischen Idealen getragene „Kunst der Zukunft“ in den 1920er Jahren ausgestellt, gesammelt und diskutiert wurde – zwischen heftiger Ablehnung und begeisterter Zustimmung.

Zukunftsräume. Kandinsky, Mondrian, Lissitzky und die abstrakt-konstruktive Avantgarde in Dresden 1919 bis 1932

2. März bis 2. Juni 2019
Albertinum

www.skd.museum

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