Horst Meier-Ausstellung: Spion im Atelier

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Eine Ausstellung im Hotel Westin Bellevue Dresden inszeniert die Skulpturen des Leipziger Künstler-Agenten Horst Meier.

Horst Meier hat ein Leben geführt, das man sich wahrlich kaum auszudenken vermag. Geboren 1925 in einem kleinen Dorf im Burgenlandkreis, wurde der spätere Künstler zu einem Zeugen der großen Zäsuren der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert. Mit nur 18 Jahren wurde Horst Meier zur Wehrmacht an die Ostfront befohlen, in einen Krieg, den er zutiefst verabscheute. 1944 geriet er in sowjetische Gefangen schaft und verbrachte fünf Jahre lang in verschiedenen Arbeitslagern. Aus dieser Zeit stammte vermutlich der Wunsch, der sein Leben prägte: den Frieden zu bewahren. Zurückgekehrt in die Heimat, die bald darauf zur DDR gehörte, wollte er einen Beitrag leisten und positive Spuren hinterlassen. Er studierte Journalismus und wurde Kulturredakteur bei der Zeitung Freies Wort in Suhl. Durch einen Freund kam er dann aber zum Auslandsgeheimdienst, der von Markus Wolf geleitet wurde.

Künstlerisches Erwachen

Ob die wechselseitige Agententätigkeit zur Aufrechterhaltung der Patt-Situation von Ost und West beitrug, wie er damals behauptete, darf natürlich aus heutiger Sicht zumindest angezweifelt werden. Unter einem neuen Namen ging er als Erwin Miserre in den Westen. Zunächst nach Frankfurt am Main und Saarbrücken, schließlich ab 1967 nach Brüssel. Hier beobachte er die auswärtigen Agenten, durfte aber ansonsten ein freies Leben führen. Dies nutzte er, um die Brüsseler Kulturszene zu erkunden. Er schrieb sich an der Königlichen Akademie ein und wurde Schüler und Assistent des Brüsseler Bildhauers Olivier Strebelle. Zwischen beiden entstand ein freundschaftliches Verhältnis. Horst Meier lernte schnell, entwickelte sein Talent und schuf schon bald seine ersten eigenen Werke. Als seine Agentenzeit schließlich endete, blieb ihm die Kunst. In den kommenden 30 Jahren schuf er eine kleine, aber unverkennbare Sammlung an Plastiken.

Unverwechselbare Formensprache

Alle Skulpturen Horst Meiers besitzen ihre ganz eigene Bedeutung, sind aber durch einen gemeinsamen Geist und
eine unverwechselbare Formensprache verbunden. Ihre Besonderheit sind die demontierbaren Teile, die sich geschmeidig zu eleganten Einheiten aufbauen und wie die Organe eines Körpers zusammenpassen. So kleiden sie Präzision in Ästhetik, Härte in Weichheit, Komplexität in Schlichtheit und stehen sinnbildlich für eine zutiefst menschliche Vielschichtigkeit. Ein Variantenreichtum, für die ihr Schöpfer der glaubwürdigste Zeuge ist. Nachdem der Künstler 2016 verstorben war, sind 30 seiner Skulpturen nun erstmals zu sehen. Im Testament hatte er verfügt, dass die Werke erst nach seinem Tod das Licht der Öffentlichkeit erblicken sollten. Unter anderem dank der Mitwirkung seiner Ehefrau Cécilia Meier sowie des Leipziger Künstlers und Meier-Kenners Günther Rothe wurde eine Wanderausstellung zusammengestellt. Aktuell macht die Schau im Dresdner Hotel Westin Bellevue Station, wo sie noch bis Ende August zu sehen ist.

„Meier/Miserre – Aus dem Schutzraum der Heimlichkeit“
bis Ende August
in der Lobby des Westin Bellevue Dresden
Große Meißner Str. 15, 01097 Dresden
www.horst-meier.de
www.westinbellevuedresden.com

Text: Philipp Demankowski

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