Gelungenes DDR-Design: Gießkanne und KT100

Gießkanne: Heute mit Skepsis beäugt, war Plaste im Alltag der DDR-Bürger allgegenwärtig. Die kleinen Helfer im Haushalt sorgten für bunte Farbtupfer im oftmals grauen DDR-Alltag. Sie waren schlicht, aber elegant designt. Eine Formsprache entstand, die auch Formgestalter Klaus Kunis prägte. Seine Gießkannen, die in der VEB Glasbijouterie Zittau hergestellt wurden, fanden sich in fast jeder Wohnung. Gerade die ältesten Modelle der Serie aus den sechziger Jahren können sich mit ihren mehrfarbigen Körpern und geschwungenen Übergängen auch heute noch sehen lassen. Später dominierten die einfarbigen Versionen, bei denen die Verbindung von Henkel zu Hohlkörper am Ende nicht mehr elegant zusammengefügt wurde. Stattdessen wurden die Elemente achtlos aufeinander montiert. Die gestiegene Nachfrage, verbunden mit einer immer gravierender werdenden Materialknappheit, sorgte bei einigen DDR-Designern schnell für Ernüchterung, die sich in solchen Kompromissen äußerte. Foto: Felix Posselt

Zwischen Ästhetik und Funktionalität

Schon in der Frühjahrsausgabe des Top Magazins Dresden stellten wir Ihnen Beispiele vor, wie elegante Produkte den Alltag der DDR-Bürger prägten. Dazu gehörten etwa die unzerstörbare Küchenallzweckwaffe, das Rühr- und Mixgerät RG28, die Kamera Penti 0 oder der sogenannte Menzel-Stuhl aus den Werkstätten in Dresden-Hellerau. In diesem Magazin setzen wir nun den KT 100, das erste tragbare Kassettengerät der DDR, und die legendäre Gießkanne von Klaus Kunis in Szene.

Der KT 100 war das erste tragbare Kassettengerät der DDR und wurde ab 1969 zum stolzen Preis von 635 Mark verkauft. Beworben wurde er in den DDR-Medien nicht nur mit dem Versprechen auf Musikgenuss und lange Partynächte, sondern auch als Hilfe bei den Schularbeiten. Unter der Überschrift „Für Party und Diktat“ erklärte die Zeitschrift „Jugend und Technik“ ihren Lesern im Jahr 1971 die Vorteile des Geräts und von Kassetten generell. Im Artikel heißt es dann aber auch wahrheitsgemäß, dass Wiedergabequalität und Kassettenangebot der Schallplatte nicht das Wasser reichen können. Immerhin: Bis Ende des Jahres 1971 sollte das Kassettenangebot der VEB Deutsche Schallplatten auf 70 Titel erweitert werden. Die ersten Geräte wurden noch in einem grünem Polystyrolgehäuse verkauft. Mutige Musikhörer entschieden sich später für die rote Variante, doch verbreiteter war der KT 100 in der schwarzen Aufmachung, wobei das Gehäuse oft noch durch eine zusätzliche Verkleidung geschützt wurde. Fabriziert wurde der Recorder im VEB Stern-Radio Sonneberg. Foto: Felix Posselt

Deutlich wird: Formschönheit war kein Privileg des Westens. Auch die Produktdesigner, die früher noch Formgestalter hießen, legten elegante Entwürfe vor, die Ästhetik und Funktio­nalität vereinten. Dezente Farbgebung oder geschwungene Linien dominierten bei vielen Produkten, die bis heute dem Auge schmeicheln. Doch auch die Formgestalter bekamen die systemtypischen Störungen in der DDR zu spüren. Nach dem Formalismusstreit mussten sie unter den Maßgaben der verlorenen Kunstfreiheit und dem Diktat der Politik arbeiten. Umso erstaunlicher, dass auch in den späteren DDR-Jahrzehnten elegante Lösungen gefunden wurden, die Ästheten begeistern. Wer sich die Produkte näher anschauen will, dem sei ein Besuch des Museums Welt der DDR im Dresdner Simmel-Hochhaus ans Herz gelegt.

Die Welt der DDR Antonstraße 2A, 01097 Dresden

www.weltderddr.de

Philipp Demankowski

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