Forschung und Vergnügen: Botanischer Garten Dresden

Foto: Felix Posselt
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Vor fast 200 Jahren öffnete Dresdens Botanischer Garten seine Tore für Besucher. Seitdem erfreuen sich nicht nur Naturfreunde an seiner Pflanzenvielfalt, auch Wissenschaftler finden hier Inspiration.

Um von einer asiatischen Steppe in den Tropenwald Südamerikas zu reisen, muss man normalerweise mehrere Flugstunden einplanen. Im Botanischen Garten liegen ganz unterschiedliche Regionen und Klimazonen nur wenige Schritte auseinander. Auf 3,25 Hektar wachsen hier 10.000 Pflanzenarten aus verschiedenen Regionen und Klimazonen der Erde. Bei einem Spaziergang durch den Botanischen Garten passiert man direkt am Eingang das Freilandquartier der asiatischen Pflanzen. Je nach Jahreszeit kann man sich hier an einer anderen Blüte erfreuen, jetzt im Herbst beenden die Zwerg-Herbst-Funkie und der blaue Herbst-Eisenhut die Saison. Direkt gegenüber im Victoria-Haus wachsen Pflanzen aus dem tropischen Amerika. Namensgeberin des Hauses ist die Viktoria-Seerose, die ab Mitte Mai das zentrale Wasserbecken bezieht. Im Laufe des Sommers können ihre Schwimmblätter einen Durchmesser von zwei Metern erreichen und sogar das Gewicht eines Menschen tragen.

Nicht nur exotische Blüten gibt es im Botanischen Garten zu bewundern, auch einige bekannte Nutzpflanzen wachsen hier. Kaffee, Bananen, Pfeffer, Zimt und Baumwolle findet man in fast jedem deutschen Haushalt. Wie ein Kaffeestrauch eigentlich aussieht, dürften aber die wenigsten wissen. Im Großen Tropenhaus findet man diese beliebten Importe und auch weniger bekannte Exoten aus Afrika und Asien wie den Pepulbaum, der in Indien heilig ist.

Einen vertrauteren Anblick dürfte die heimische Flora bieten, die im hinteren Gartenbereich ihren Platz hat. Wer in der sächsischen Natur auf eine seltene Pflanze trifft, kann hier auf Namenssuche gehen. Etwas Glück braucht es aber, um fündig zu werden: trotz der tausenden verschiedenen Arten werden nicht alle einheimischen Wildblumen erfasst.

Die große Sortenvielfalt des Botanischen Gartens hat eine lange Tradition. Bereits 1825, fünf Jahre nach seiner Eröffnung, konnte der Garten bei einer Bestandsaufnahme 7800 Arten vorweisen. Erster Direktor des Gartens war damals Gottlieb Ludwig Reichenbach, einer der bedeutendsten Naturwissenschaftler seiner Zeit. Er war gleichzeitig Professor für Naturgeschichte, Direktor des Naturhistorischen Museums und Mitbegründer des Dresdner Zoos und des Tierschutzvereins.

Heute gehört der Botanische Garten zur Technischen Universität. Das Material der Sammlung bildet die Forschungsgrundlage für ganz unterschiedliche Fachbereiche von Artenschutz über Verwandtschaftsanalysen bis zur Entwicklung innovativer Materialien nach pflanzlichem Vorbild. Bei einem Rundgang durch den Botanischen Garten sieht man deutlich, wie erfolgreich sich Pflanzen im Laufe der Evolution an unterschiedliche Bedingungen angepasst haben. Diese Eigenschaften können sich Wissenschaftler zunutze machen. Auch Experimente und Materialtests können hier unter tropischen Bedingungen durchgeführt werden. Außerdem zählt der Artenschutz zu den wichtigen Aufgaben des Botanischen Gartens. Derzeit untersuchen Wissenschaftler der Technischen Universität 22 gefährdete Pflanzen aus Böhmen und Sachsen. Einige der gesammelten Arten sind in der Natur bereits ausgestorben. So ist ein Spaziergang durch den Botanischen Garten nicht nur ein Ausflug in den amerikanischen Regenwald oder die asiatische Steppe, sondern auch eine kleine Reise durch vergangene Zeiten.

Text: Luise Quaritsch

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