Amsterdam abseits des großen Stroms

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Die niederländische Hauptstadt ist berühmt für ihr dunkles Kopfsteinpflaster und die charakteristischen Grachten. Allein dafür lohnt sich eine Reise. Doch Amsterdam hat noch mehr zu bieten: in Vierteln wie Noord und Oud-West präsentieren sich die jungen, urbanen Seiten der Stadt.

Im Zentrum der alten Handelsmetropole, die ihren Ruhm auf den Export von Bier und Heringen gründet, drängen sich die Backsteinhäuser eng aneinander. Jede Reise nach Amsterdam beginnt hier, im pittoresken Grachtengürtel. Wer im Hauptbahnhof aus dem Zug steigt, findet sich nur wenige Gehminuten von Rotlichtviertel und Coffee-Shops entfernt, die jährlich Millionen Besucher anziehen. Die Anreise mit dem Auto ist nicht zu empfehlen: Amsterdam hat eines der besten Radwegenetze der Welt. Viele der bekanntesten Touristenattraktionen können so bequem besucht werden. Keine Geheimtipps – aber deshalb nicht minder sehenswert und zentral im Grachtengürtel gelegen – sind etwa das Rijksmuseum, das niederländische Nationalmuseum, und das Anne-Frank-Haus.

Wer ein bisschen mehr Zeit mitbringt, sollte diese aber nutzen, um auch die modernen, bunten Viertel der Stadt zu erkunden, die nicht dem klassischen Postkarten-Motiv Amsterdams entsprechen. Hier zeigt die Stadt mit modernster Architektur, neuen Designs und einem kreativ-künstlerischen Lebensgefühl ihr anderes Gesicht.

Vom Hauptbahnhof aus erreicht man nicht nur das Rotlicht-Viertel in wenigen Minuten. Direkt hinter den Gleisen legt auch eine kostenlose Fähre ab, die Besucher ähnlich schnell nach Amsterdam Noord bringt.

Amsterdam Noord bietet neben weiten Grünflächen und charmanten kleinen Dörfern auch einige der modernsten architektonischen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Direkt am Fluss IJ, der Amsterdam Noord von der Altstadt trennt, liegt das industriell-geprägte Gelände einer ehemaligen Werft. Hier befindet sich eine der wichtigsten Brutstätten für Kunst und Kultur der Niederlande. In den umgebauten Industriehallen haben nun unzählige Kreative ihre Büros, es gibt Partys, Ausstellungen und Festivals. Die Stadt hatte 1999 einen Wettbewerb über Konzepte zur Nutzung der Fläche ausgeschrieben. Seitdem wird die Fläche Kunstschaffenden zur Verfügung gestellt.

Zurück zum Hauptbahnhof. Zwei Kilometer nordwestlich erreicht man das lebhafte Viertel Westerpark. Das ehemalige Arbeiterviertel ist bekannt für seine anziehende Mischung aus Altem und Neuem: Hier treffen klassische Straßenmärkte, trendige Restaurants, ungewöhnliche Läden und traditionelle „braune Kneipen“ aufeinander. „Braune Kneipen“ nennt man in Amsterdam die gemütlichen Bars, deren dunkle Holzeinrichtung Zigarettenrauch über die Jahre verfärbt hat. Das Herz des Viertels ist der gleichnamige Westerpark, der neben viel Grünem mit der Westergasfabriek in seinem Zentrum auch einen kulturellen Hotspot zu bieten hat. Die im 19. Jahrhundert erbaute Gasfabrik beherbergt neben einigen Cafés und Restaurants auch ein eigenes Art-House-Kino. Ein Blick in den Terminkalender lohnt sich, denn das ganze Jahr über werden außerdem Design-Märkte, kulturelle Events und Club-Nächte veranstaltet.

Ebenfalls nicht weit entfernt vom Zentrum liegt das Viertel Oud-West. Wer auf der Suche nach coolen Läden, Cafés, Bars und Restaurants ist, wird in diesem beliebten Viertel fündig werden. Bis ins 19. Jahrhundert hatte die Singel-Gracht, die äußerste Gracht des Grachtengürtels, die Stadtgrenze Amsterdams markiert. Wer damals durch Oud-West wanderte, befand sich schon vor den Toren der Stadt, vielleicht auf dem Weg in die nächste Stadt.

Die Niederlande sind ein kleines Land. Nicht nur innerhalb der Hauptstadt sind die Wege kurz, auch andere Teile des Landes erreicht man schnell. In weniger als einer halben Stunde kann man Amsterdam weit hinter sich lassen und wahlweise die Nordsee-Strände von Zandvoort und Bloemendaal, die majestätische Windmühlen in Zaanse Schans oder die berühmten Tulpenfelder von Keukenhof erreichen.

Amsterdam ist immer eine Reise wert – ob in Holzschuhen auf dem Tulpenmarkt oder in Sneakers auf einem Festival. Die offene, herzliche Art der Holländer entspricht dem charmanten Antlitz ihrer Hauptstadt und überzeugt jeden Besucher. Einzig auf dem Fahrrad sollte man sich nicht als Tourist zu erkennen geben. Hier haben es die sonst so entspannten Niederländer eilig.

Text: Luise Quaritsch

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