Raus aus der Krise
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Ihr erstes Jahr war wahrlich kein leichtes. Nachdem Corinne Miseer am 1. Februar ihr Amt als Geschäftsführerin der Dresden Marketing GmbH (DMG) antrat, ging es fast unmittelbar danach in den ersten Lockdown. Seitdem befinden sich Tourismus, Einzelhandel und Kulturstätten im Krisenmodus, auch wenn die Öffnung im Sommer 2020 zumindest ein wenig Zeit zum Luftholen bot. An Herausforderungen mangelte es der Hotelbetriebswirtin also nicht. Wir sprachen mit der gebürtigen Sächsin über dieses für das Stadtmarketing äußerst anspruchsvolle Jahr und über die Strategien zur Wiederbelebung der Innenstadt.
Was hat Sie dazu bewogen, die Stelle als Geschäftsführerin der Dachmarketingorganisation der Landeshauptstadt Dresden anzunehmen?
Corinne Miseer: Ich bin ja schon seit 2017 bei der DMG, damals noch als Abteilungsleiterin für das Tourismusmarketing und Marktforschung. Dabei habe ich wertvolle Einblicke ins Destinationsmarketing bekommen. Ursprünglich komme ich aus der Wirtschaft, genauer der Hotellerie. Da gibt es viele Querverbindungen, denn im Hotelgewerbe vermarktet man immer an erster Stelle die Zieldestination und nicht das Hotel für sich allein. Die Arbeit hat mit sehr viel Freude bereitet, wobei mir besonders gut gefallen hat, dass ich gestalten und etwas bewegen konnte. Das gab dann letztlich auch den Ausschlag dafür, dass ich mich für die Position als Geschäftsführerin beworben habe.
Warum ist Dresden und das Elbland überhaupt eine so sehenswerte Destination?
Die Region hat viele Reize. Wir haben zum einen Dresden mit den vielen Sehenswürdigkeiten und Kulturangeboten auf Weltniveau. Zum anderen bieten wir den Gästen die Natur- und Genussregion Elbland. Diese Kombination macht uns als Reiseziel so einzigartig in Deutschland. Das zusammen zu vermarkten, ist eine schöne Herausforderung, wobei wir noch daran arbeiten müssen, die Region bekannter zu machen. Dazu gehört es natürlich auch, wiederkehrenden Besuchern immer wieder etwas Neues zu bieten.
Wo vermarkten Sie Dresden Elbland?
80 Prozent unserer Gäste kommen aus Deutschland. Deshalb engagieren wir uns stark auf dem deutschen Markt, wobei wir uns besonders auf die einwohnerstarken Bundesländer konzentrieren. Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, aber auch Berlin und Hamburg sind Kernmärkte für uns. Im Ausland sind es vor allem Besucherinnen und Besucher aus den Anrainerstaaten, die viele Übernachtungen buchen. Polen, Tschechien, die Schweiz, Österreich und die Niederlande sind unsere Top-Märkte. Vor Corona zählten Russland und die Fernmärkte China und die USA ebenfalls zu den stärksten Auslandsmärkten.
Hier mussten wir 2020 coronabedingt leider immense Einbrüche in Kauf nehmen, weil Fernreisen nicht im normalen Maßstab möglich waren. Das hat der Hotellerie, aber auch dem Einzelhandel und weiteren Tourismusakteuren stark zu schaffen gemacht.
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Wir würden Sie Ihr erstes Jahr rückblickend bewerten?
Kurz nach meinem Start als Geschäftsführerin kam bereits der erste Lockdown und damit haben sich die Bedingungen für den Tourismus komplett geändert. Von dieser historischen Krise waren alle Akteure im Tourismus betroffen, von der kleinen Pension bis zur großen Fluggesellschaft wie etwa die Lufthansa. Insgesamt mussten wir 2020 im Vergleich zu unserem Rekordjahr 2019 ein Minus von 45 Prozent hinnehmen. Nach der Öffnung im Mai konnten wir im Vergleich zu anderen Städten aber eine gute Nachfrage generieren, waren Top-1 in Hotelauslastung und Übernachtungsentwicklung. Die Städte hatten natürlich viel mehr unter Corona zu leiden als die Naturregionen. Ein Trend, der sich wohl in diesem Jahr fortsetzen wird. Hier ist die touristische Vielfalt, die wir in der Region bieten können, ein großer Vorteil. Städte mit viel Geschäfts- und Kongresstourismus haben es da ungleich schwerer.
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Welche Lehren ziehen Sie aus diesen Trends?
Wir werden noch aktiver die Naturregion mit dem Elbland in Szene setzen. Radfahren oder Wandern sind große touristische Trendthemen, die bei uns hervorragend umgesetzt werden können. In Zusammenarbeit mit unseren Partnern vor Ort wollen wir weiterhin neue Erlebnisangebote schaffen. Das zahlt auch in den Top-Trend Individualtourismus ein. Wir hatten 2020 viele Gäste, die vielleicht in einem normalen Reisejahr nicht zu uns gekommen wären. Das hilft uns auch mittelfristig. Denn zufriedene Gäste sind die besten Werbeträger für unsere Region.
Eine Möglichkeit der Wiederbelebung der Innenstadt waren 2020 die Dresdner Kulturinseln. Wie bewerten Sie im Nachhinein dieses Angebot?
Wir hatten uns im ersten Lockdown frühzeitig gefragt, wie wir mit hygienegerechten Kulturangeboten wieder Leben in die Innenstadt bringen können. Daraus ist dann relativ schnell die Idee der Dresdner Kulturinseln entstanden. Einerseits ging es darum, die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu verbessen und damit auch Akteure wie die Gastronomie unmittelbar zu unterstützen. Andererseits wollten wir Auftritts- und Verdienstmöglichkeiten für lokale Künstler schaffen. Bei einer umfassenden Befragung und Datenanalyse der Kulturinseln konnten wir feststellen, dass die immerhin sechs Wochen lange Aktion ein wirklicher Erfolg war.
Mit welchen Strategien will man im Stadtmarketing Kultur und Tourismus wiederbeleben?
Das Dach all unserer Maßnahmen bildet eine umfassende Restart-Kampagne. Wir machen uns auch viele Gedanken, wie wir den Sommer gestalten können. Es wird auf jeden Fall wieder eine ähnliche Openair-Aktion wie die Dresdner Kulturinseln geben. Die Sommer-Veranstaltungen werden wir mit einer speziellen Sommer-Marketingkampagne begleiten. Eine Überlegung ist auch, wie wir dem Leerstand im Einzelhandel kulturelle Angeboten entgegenstellen können. Durch den Kultur-Corona-Bewältigungsfond stehen finanzielle Mittel bereit.
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Auf welche Veranstaltungshighlights freuen Sie sich 2021 besonders?
Die Veranstalter stehen in den Startlöchern, um wieder Gäste begrüßen zu dürfen. Ich freue mich insbesondere auf die Eröffnung der Zwinger Xperience, einem multimedialen 3D-Erlebnis, das in großen Panoramaprojektionen die Geschichte des Zwingers nacherzählt. Die Vermeer-Sonderausstellung in der Gemäldegalerie Alte Meister ist ein weiteres Highlight. Aber auch im Verkehrsmuseum wird es mit „Zu den Sternen. Abenteuer Raumfahrt“ eine spannendes Ausstellungsprojekt geben. Ein weiteres Highlight ist die neue Gewehrgalerie im Langen Gang, zumal damit die Sanierung des Residenzschlosses fast abgeschlossen ist. Bei den Festivals stehen die Musikfestspiele an. Und natürlich freue ich mich auch auf die Filmnächte am Elbufer, den Palais Sommer und die Konzerte in der Jungen Garde.
Interview: Philipp Demankowski