Auge für besondere Fotos: Cyril Bailleul

© Cyril Bailleul
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Ob in Europa, Amerika, Afrika, Asien oder im Vorderen Orient: Cyril Bailleul hält mit seiner Kamera besondere Augenblicke fest.

Dank der Kombination aus Talent, dem Empfinden für den richtigen Moment und seiner ganz eigenen Sicht durch das Kameraobjektiv macht er berühmte Persönlichkeiten auf Fotos unsterblich. Im 14. Lebensjahr bat Cyril seinen Vater beim Familienurlaub in Thailand, ihm dessen Nikon TM2 Kamera zu leihen, um Erinnerungsfotos zu knipsen. Bereits nach ersten Schnapp­schüssen packte ihn die Leidenschaft, tropische Landschaften, vergoldete Pagoden, Flussmärkte auf schaukelnden Booten und endlose weiße Sandstrände mit der Kamera festzuhalten. Er entdeckte Bangkok, Phuket und Thailands ehemalige Haupt­stadt Chiang Mai durch die Linse. Seine Fotos waren, wie sein Vater stolz bemerkte, die eines Profis. So reifte in Cyril die Überzeugung, Fotograf werden zu wollen. Zurück aus den Ferien gründete er mit einigen Mitschülern in seinem Pariser Lyceum einen Fotoclub. Sie ließen sich immer wieder Wettbewerbe zu interessanten Themen einfallen. Der Club entwickelte die Fotos selbst und stellte sie dann in der Schule aus. Aus dem Hobby wurde für Cyril Bailleul eine erfolgreiche Karriere. Seit Jahren ist er weltweit gefragt. Top Magazin Dresden verabredete sich mit ihm im Pariser Künstlerviertel St.Germain des Prés, um mehr über seine Arbeit zu erfahren. Bis heute mit seinen 52 Jahren hat sich Cyril Bailleul das Aussehen eines verschmitzten Schulbubs bewahrt.

Bonjour Cyril. Um zu dem Erfolg zu gelangen, den Sie er­reicht haben, war welche Ausbildung nötig?
1989 hatte ich mich für die Aufnahme zum Stu­dium an der Pariser Kunstakademie vorbereitet. Jedoch kam es nie dazu, denn das italienische Frauenmagazin Donna beauftragte mich, auf und hinter dem Laufsteg in Paris Modefotos einzufangen. Weitere italienische Magazine, die diese Fotos sa­hen, erteilten mir dann ebenfalls Aufträge. Ein Magazin bat um Schnappschüsse exzentrischer Personen im Großstadtgewühl, ein anderes um Bistroszenen im Künstlerviertel Montparnasse. Italien war das erste Land, dass sich für meine Arbeit interessierte. Schon bald konnte ich von meiner Tätigkeit gut leben, und dies ohne jegliche Ausbildung.

Bibi Russell in Bangladesh, 2005 / Foto: © Cyril Bailleul

Wie reagierte Frankreich?
Der Erfolg ließ etwas auf sich warten. Eines Tages wurde Alice de Jenlis, die sich bei der UNESCO um Presse und Son­­der­ereignisse kümmerte, auf mich aufmerksam. Meine Arbeit gefiel ihr und somit nahm sie meine weitere Karriere in die Hände. Als Erstes sollte ich 1996 bei UNESCO die Modenschau der Bibi Russell, damals ein berühmtes Mannequin aus Bang­ladesh, die bei St.Laurent, Kenzo, Lagerfeld und Armani über den Laufsteg schritt, fotogafieren. Bibis Mode gab armen Frau­en in ihrem Land Arbeitsplätze. Ihre Modelle wurden stolz von Hillary Clinton, Königin Sophie von Spanien oder auch von Marisa Berenson getragen, die damit die Armen in Bangladesh tatkräftig unterstützten. Zwei Jahre später ernannten mich Großherzog Henri von Luxemburg und seine Gemahlin Maria-Teresa zum Hoffotografen. Ich folgte ihnen auf allen offiziellen Reisen rund um die Welt. Die UNESCO buchte mich für alle wichtigen Ereignisse, wie z.B. die Treffen der Good Will Bot­schafterinnen. Lord Michael Anders-Cavendish bat Krebs­spe­zia­list Prof. David Khayat, mich für die jährlichen Benefizgalas zugunsten der Krebsforschung auf Schloss Versailles zu engagieren. Dank seiner buchte mich auch die griechische Charity­lady Marianna Vardinoyannis für wichtige Ereignisse.

Kofi Annan und Jacques Chirac im Élysée-Palast, Paris, 1998 / Foto: © Cyril Bailleul

Ebenso wollte Kofi Annan, Generalsekretär der Vereinten Nationen, mich bei seinen Staatsbesuchen an seiner Seite wissen. Dadurch hatte ich immer wieder die Gelegenheit, alle französischen Präsidenten im Élysée-Palast zu fotografieren. Nach und nach engagierten mich auch die Scheichs und deren Minister bei ihren Paris-Besuchen oder wichtigen Anlässen in Dubai, Riad oder Abu Dhabi. Mit Sultan Ahmed Al Jaber, Minister der Vereinigten Arabischen Emirate, fotografierte ich die COP 28. Wann immer Fürst Albert II. von Monaco oder seine Schwester Prinzessin Caroline von Hannover Anlässe in Paris wahrnehmen, kontaktiert mich stets ihre Botschaft, um sie mit meiner Kamera zu begleiten.

Wer von all diesen bekannten Persönlichkeiten hat Sie am meisten beeindruckt?
Ich würde sagen, der Dalai-Lama.

Dalai Lama mit Cyril Bailleul in Dharamsala, Indien, 2000 / Foto: © Cyril Bailleul

Sie machten sich auch durch zahlreiche Foto­aus­stel­lungen einen Namen.
Die Ausstellungen bereiten mir große Freude. Alles begann 1991 mit einer Porträtserie berühmter französischer Künstler, die in Nogent-sur-Marne im Maison Nationale des Artis­tes vorgestellt wurde. 1999 folgte Portugal. Ich stellte mei­ne portugiesischen Porträtfotos im Institut Camoess in Paris vor. Das Kulturministerium fand sie gut und verwendete sie für eine Ausstellung in Lissabon. Danach zeigte die Fnac die Por­träts in Porto, bevor das Kulturministerium alle erwarb und in einem Fotoband mit einem Vorwort des damaligen Kultur­mi­nis­­ters auf den Buchmarkt brachte. 2005 bat mich das Musik­konservatorium von Cagliari auf Sardinien, berühmte Musiker, wie u.a. Louri Bachmet (russischer Violonist und Dirigent), oder auch Jean-Marc Luisada zu fotografieren, deren Bilder danach auf Sar­dinien zu dem Musikfestival ausgestellt wurden. 2017 – zu Beginn meiner amerikanischen Karriere – zeigte die Pariser Galerie Vos meine Fotoserie „Girls, Girls, Girls”. Ehrengäste der Vernissage waren die Witwe Joyce des berühmten Filmstars Adrian Hoven und seine Enkelin Yuma aus München.

Bevor wir über Ihre Karriere in Amerika sprechen, möchten wir gern wissen, ob Sie verheiratet sind und Kinder haben?
Ja, gleich zweimal. Aus meiner ersten Ehe mit der Französin Cécile, die zehn Jahre hielt, stammt unser Sohn Hugo (22 Jahre). Dann am 1. August 2013 heiratete ich die Ameri­ka­ne­rin Maggie in Trouville-sur-Mer. Maggie stammt aus Kalifornien und versteht sich blendend mit meinem Sohn. Zwei- bis dreimal im Jahr fliegen wir für meine Arbeit in die Staaten und besuchen dabei auch ihre Familie. Dank dieser Ehe stürzte ich mich in eine neue amerikanische Laufbahn.

Würden Sie uns veraten, wie es dazu kam?
Meine Schwiegermutter machte mich auf den berühmten Clermont Lounge Club in Atlanta aufmerksam, zu dem bis zu dem Tag kein Fotograf Zugang hatte. Ich kontaktierte die beiden Besitzerinnen und bekam als Ein­ziger die Er­laubnis, im legendären Clermont Lounge Club Fotos aufzunehmen, die dann im gleichnamigen Hotel in Atlanta ausgestellt wurden. Der Club, der Blondie berühmt gemacht hatte, war bei den amerikanischen Filmstars beliebt. Hier im Untergeschoss des Hotels verkehrten Robert de Niro, Mick Jagger oder auch Lady Gaga. Für 2024, in dem das Clermont Hotel seinem 100. Geburtstag feiert, bereite ich einen Fotoband vor. In Amerika kam mir auch die Idee für eine Cowboyserie. Ich erfuhr dort, dass der afro-amerikanische Cowboy Bill Pickett die begehrtes­ten Preise bei den Rodeos gewann. Er ist eine Legende, dank seiner begann ich mich für afro-amerikanische Cowboys zu interessieren. Ich fotografierte sie für eine Ausstellung, die 2020 in Paris an den Zäunen rund um das Rathaus des 1. Arron­dis­se­ments gegen­über vom Louvre zu sehen war. Ein Jahr später zeigte dann das berühmte Nordseebad Deauville meine Cowboy-Fotos anlässlich der amerikanischen Filmfestspiele. Bereits zuvor begrüßten drei dieser Cow­boy­fotos – mega vergrößert – die Reisenden am Flughafen von Atlanta (siehe „Steve und Sohn”-Foto links oben). Eines davon wurde vor zwei Jahren auf einer kompletten Hauswand in Atlantas Midtown reproduziert. In der Nor­mandie zeigte das Schloss Thury Harcourt die Cowboyserie zur jährlichen Pferdewoche, rechts und links an der Auffahrtsallee. Dafür bereite ich für kommenden Herbst eine tägliche Wander­aus­stellung vor, die in Caen beginnt und in Lisieux am 7. Tag vor der Kathedrale der heiligen Thérèse endet.

Steve und Sohn, Bill Pickett Invitational Rodeo, Atlanta, USA, 2019 / Foto: © Cyril Bailleul

Bei Ihrem bewegten Leben, wären Sie vielleicht eines Ta­ges bereit, mit dem Top Magazin Dresden eine Ausstellung zu veranstalten? Ein Thema wie „die Festtafeln am Hofe des Sonnen­kö­nigs Louis XIV in Versailles”, die sie zugunsten der Krebs­forschung im glamourös dekorierten Schlachtensaal fotografierten, wären sicher interessant. Auf jeden Fall würden wir uns freuen, Sie bei uns begrüßen zu dürfen. Vielleicht regt die Schönheit Dresdens und seiner Umgebung Sie zu einer Fotoausstellung für Paris an? Eine Bemerkung unsererseits zum Abschluss unseres Gesprächs, die Ihnen sicher bei Ihrer Lauf­bahn Glück brachte: Ihre Initialen sind identisch mit denen des berühmtesten Porträtfotografen des 20. Jahr­hun­derts, Cecil Beaton.

Text und Interview: Michel Anders-Cavendish

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