„Wie es euch gefällt”: Das suchende Dutzend
Die Schauspielriege der Bürgerbühne begibt sich in Shakespeares Klassiker „Wie es euch gefällt” auf die Suche nach Identität.
Zwölf Schauspieler, zwölf unterschiedliche Individuen. Wie gängige Vorstellungen an genormte Identität heute an Grenzen abprallen, zeigt die Neuinterpretation von Shakespeares „Wie es euch gefällt“ im Kleinen Haus. Dass der ewige Engländer mit dem Drama um die Hofflüchtlinge Rosalinde und Orlando irgendwie auch einen Freifahrtsschein für Freiheitsdrang verfasst hat, wird bei der Interpretation der Bürgerbühne mehr als deutlich. Obwohl die anfänglichen Worte des Fürsten aus dem Off zunächst für Irritationen sorgen, brechen spätestens nach der Flucht in den imaginären Wald erste Dämme. Die zwölf jugendlichen Akteure zwischen 14 und 24 Jahren verwandeln die Bühne des Kleinen Hauses in ihren Spielplatz und geizen dabei nicht mit Talenten. Da wird gesungen, Violine gespielt oder beeindruckend geturnt. Offenbar hat Regisseur Philipp Lux die Hobbys seiner Schützlinge gleich in die Inszenierung mit eingebaut. Keine schlechte Idee, immerhin ist die Talentevielfalt ähnlich breit gefächert wie die Persönlichkeiten auf der Bühne.
Genau darum geht es dann meist auch in den Dialogen, die von einer ständigen Suche nach Identität durchzogen sind. Dabei werden Zuschauer, die eventuell nicht zur Altersgruppe der Schauspielriege gehören, nicht überfordert. Alle jenen, die mit den Termini geschlechtlicher und sexueller Identität noch nicht so vertraut sind, wird ein kleiner Nachhilfekurs gewährt. Immer wieder wird aber deutlich: In diesen Figuren stecken viele Facetten der Lebensrealitäten ihrer Darsteller. In „Wie es euch gefällt – eine Liebeskomödie über Gender, Sex und Queerness“ ist eben nichts definiert. Es wird ausprobiert und wieder verworfen. Gut vorstellbar, dass diese Flexibilität auch den Text der nächsten Vorstellung auf den Kopf stellt. Es ist eine Freude, diesem Theaterdutzend bei seiner Suche zuzuschauen. Das sieht offenbar das ganze Publikum so, goutiert es die Premiere doch mit einem donnernden Applaus. Es wurden auch viele Freudentränen gesichtet.
Wie es euch gefällt –
eine Liebeskomödie über Gender,
Sex und Queerness
nach William Shakespeare
Regie: Philipp Lux
Nächste Vorstellungen:
30.10., 24.11. und 30.11.2022
Redaktion: Philipp Demankowski