Druckkunst auf dem Prüfstand

Blick ins Atelier mit aktuellen Arbeiten im Februar 2017, Foto: © Silvio Zesch

Anlässlich der Druckkunst-Ausstellung TIEF+HOCH in gleich zwei Dresdner Galerien sprach das Top Magazin mit dem Künstler Silvio Zesch.

Die grafische Druckkunst hat in Dresden eine beeindruckende Tradition. Man denke nur an die berühmten Jahresmappen der Brücke-Künstler, an den Radierzyklus „Der Krieg“ von Otto Dix oder auch an die Holzschnitte Wilhelm Rudolfs. Im Dresdner Barockviertel stellen gleich zwei Galerien die Enkelgeneration dieser Urahnen vor. Die Galerie Sybille Nütt und das Hans Körnig Museum zeigen dabei in ihrer gemeinsamen Sonderausstellung TIEF+HOCH Drucke von insgesamt 18 zeitgenössischen Dresdner Künstlern. Darunter befindet sich auch der in Meerane geborene Silvio Zesch. Top Magazin sprach mit dem Künstler über seine Arbeitsweise und die Konzeption seines SALZ-Verlags für Kunstbücher.

Top: Sie benutzen mitunter ungewöhnliche Materialien für Ihre Arbeiten. Kann man dieses Interesse mit der Lust am Experimentieren begründen, die Ihre Arbeit ja auch darüber hinaus kennzeichnet?

Silvio Zesch: Nun, das experimentelle Moment spielt auf jeden Fall eine wichtige Rolle in meiner Arbeit. Es hilft mir bereits Gefundenes erneut zu untersuchen und weiterzuentwickeln. Oft ergibt sich das Experimentieren auch aus der Neugier bzw. einer bloßen Idee heraus, für die ich dann ein adäquates Mittel zur Umsetzung suche.

Top: Welche Positionen nehmen Sie zum Zitieren ein? In Ihren Arbeiten wird ja viel Vorhandenes kombiniert.

Silvio Zesch: Das Zitieren, Kommentieren, Paraphrasieren oder auch das Kombinieren sind ebenfalls wichtige Bestand­teile meines Tuns – ich denke, es lässt sich einfach alles verwenden, wenn der richtige Impuls gegeben ist. Das können Gespräche nach ein paar Bier in der Kneipe genauso sein wie das Lesen eines guten Artikels, Gedichts oder Buches, die Begegnung  mit einem Bild, das Aufschnappen einer Aussage, eines Witzes und so weiter – ich sehe da keine Grenzen!

Pressekonferenz zur Ausstellung TIEF+HOCH – v.l.: Künstler Jan Kromke, Maria Bertelsmeier – Leiterin Hans Körnig Museum, Galeristin Sybille Nütt, Kurator Oliver Kratz, Künstler Silvio Zesch

Top: Welche Themen interessieren Sie, wenn es an die Motivwahl geht?

Silvio Zesch: Ich bin da nicht so festgelegt und verfolge diesbezüglich auch keine Strategie. Momentan interessiert mich auch eher ein technisches Prinzip, nämlich das des Trans­for­mierens digitaler Bilder in analoge Mal-, Zeichen- und Druck­techniken.* Die Motivwahl ist vielleicht nicht völlig untergeordnet, aber tendiert eher zu einem möglichst breiten Spektrum, weil ich mich diesbezüglich auch gar nicht so festlegen möchte. Mich interessiert am Ende eher die Ver­mischung einer Vielzahl an Möglichkeiten als das Fokus­sieren eines speziellen Themas.

Top: Welche Rolle spielt Humor einerseits bei der Gestaltung Ihrer Arbeiten, andererseits für den Betrachter?

Silvio Zesch: Humor ist sowohl als auch ein wichtiger Aspekt, obwohl dieser nicht selten verschiedener Natur ist. Die Konfrontation des Betrachters mit meinem Humor steigert jedoch für mich nur das humoristische Moment.

Top: Wie haben Sie sich den klassischen Druckkunst-Techniken angenähert? Hat das reiche Dresdner Erbe im Zu­sammenhang mit grafischer Druckkunst eine Rolle gespielt? Oder wie funktioniert zeitgemäße Druckkunst?

Silvio Zesch: Die klassischen Drucktechniken begleiten meine künstlerische Arbeit von Anbeginn als gleichwertiges Medium neben der Malerei und den bildhauerischen Arbeiten. Ein wich­tiger Moment war für mich die Begegnung mit dem Dresdner Künstler Frank Herrmann 1998 im riesa efau, als ich dort, noch während meines kurze Zeit später abgebrochenen Lehramts­studiums, einen Lithographiekurs besuchte. Im Zuge meines Studiums an der HfBK Dresden habe ich dann mein Wissen in den anderen Drucktechniken ausgebaut – es entstanden zahlreich Holz- und Linolschnitte, Radierungen, Sieb­drucke und natürlich auch Lithographien, die ich dann in der 2001 zusammen mit Stefan Seidel gegründeten „KATHARINEN­PRESSE“ druckte. Natürlich haben mich dann in meiner Entwicklung auch verschiedene Künstler geprägt, die in Dresden gewirkt haben. Was die zeitgenössische Druckgrafik betrifft, so glaube ich, dass sich diese immer weiterentwickeln und sich auch auf die klassischen Techniken beziehen wird. Inhaltlich und stilistisch spiegelt sie natürlich auch immer die Zeit in der sie entsteht wider, auch wenn sie in den letzten Jahren wohl etwas an Bedeutung verloren hat, beziehungsweise, um es positiver zu formulieren, sich die Bedeutung der Druckgrafik verändert hat. Es geht nicht mehr so sehr darum, sie zu verwenden, um große Auflagen zu drucken, sondern vielmehr um sie als ein eigenständiges Ausdrucksmittel zu verwenden und deren Möglichkeiten neu auszuloten.

Top: Kann man den SALZ-Verlag als Spielweise für die Veröffentlichung von Künstlerbüchern lesen oder gibt es noch eine versteckte Mission?

Silvio Zesch: Was den SALZ-Verlag, den ich 2011 zusammen mit Anna Leonhardt gegründet habe, betrifft, denke ich, dass es der Begriff Spielwiese vielleicht ganz gut trifft. Es geht v.a. um das Medium Buch als künstlerisches Mittel. Ziel war und ist es zeitgenössische Künstlerbücher zu publizieren, die auf verschiedene Weisen entstehen.  Neben den originalgrafischen Künstler­büchern, die in den klassischen Druck­tech­niken in Kombi­na­tion mit dem klassischen Buchdruck entstehen und von Hand gebunden werden, geht es auch darum, mittels des Offset- und Digitaldrucks diverse Faksimiles zu reproduzieren, die von verschiedenen zeitgenössischen Künstlern hergestellt werden. Neben den zahlreichen Einzel­publikationen, geht es ebenfalls um die Weiterführung der verschiedener Buchreihen: SALZ Edition, MOTTE und mono, die jeweils einem bestimmten Prinzip folgen.

Mehr Infos unter: www.salz-verlag.de

TIEF+HOCH Drucke von zeitgenössischen Dresdner Künstlern
Ausstellung bis 23. April 2017

Galerie Sybille Nütt
Obergraben 10, 01097 Dresden
www.galerie-sybille-nuett.de

Hans Körnig Museum
Wallgäßchen 2, 01097 Dresden
www.hans-koernig-museum.de

Das Interview führte Philipp Demankowski.

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