Kompass moderne digitale Zahnmedizin
Im Gespräch mit dem Spezialisten für digitale Zahnmedizin, Dr. med. dent. Conrad Kühnöl M.Sc.
Der Besuch beim Zahnarzt hat sich in den zurückliegenden Jahren deutlich gewandelt. Die PZR (professionelle Zahnreinigung) wurde durch die GBT (Guided Biofilm Therapie) ersetzt, während langwierige implantologische Operationen durch virtuell navigierte Implantologie abgelöst wurden. Aufwändige Anfertigungen von Zahnersatz mit Abdrücken, Silikon und Wachsbissnahmen entfallen durch das dentale Prototyping. Zudem erfolgt Diagnostik heute nicht mehr ausschließlich mit Sonde, Spiegel und Pinzette, sondern durch Datenmatching verschiedener Datensätze im Monitoring. Um die verschiedenen Begriffe zu definieren und dem Patienten zu erklären, haben wir uns mit dem Spezialisten für digitale Zahnmedizin, Dr. med. dent. Conrad Kühnöl M.Sc getroffen.
Herr Dr. Kühnöl, bringt dieser Wandel hin zur digitalen Zahnmedizin dem Patienten Vorteile?
Für den Patienten ist es wichtig, dass durch die Einführung neuer Technologien in Diagnostik und Therapie eine Verbesserung zur gegenwärtig vorherrschenden Vorgehensweise erreicht wird. Das sind konkret in der Medizin präzisere, besser vorhersagbare Ergebnisse, weniger Belastung für den Patienten, Verkürzung der Eingriffe sowie eine schnellere Ausheilung, die mit geringerer finanzieller Belastung für Kassen und Patienten verbunden ist. All diese Vorteile sind bei einem optimierten System in der Zahnmedizin gegeben.
Bedeutet das, in einer digitalisierten Praxis hat der Patient generell Vorteile?
In der Digitalisierung der Zahnmedizin haben wir analog zur Industrie 3.0 und 4.0 zwei Stufen. In der Zahnmedizin begann dieser Prozess der 3.0 IT-Digitalisierung und Automatisierung digitaler Prozesse in Diagnostik und Therapie im Jahr 1971 mit dem Vater der dentalen CAD CAM Technologie, Francois Duret, welcher erstmals einen Kiefer einscannte. Die Ergebnisse waren ungenau und technologisch höchst aufwändig. Wie in der Industrie ist der nächste Schritt die Weiterentwicklung zur Zahnmedizin 4.0 durch KI-gestützte Vollautomatisierung von Prozessen. Erstmalig hielten die entsprechenden Technologien 2010 in die Zahnmedizin Einzug durch die Entwicklung der Biogenerik. Mittlerweile sind zahlreiche Technologien dazu gekommen. Wenn kompatible Strukturen in der Praxis zum Einsatz kommen, ist es durch Systemoptimierung möglich, Zeit und Aufwand enorm einzusparen bei gleichzeitiger Steigerung der Qualität. In einer solchen Praxis genießt der Patient dann die oben genannten Vorteile.

Können Sie ein Beispiel nennen?
Implantologisch musste generell ein hoher operativer Aufwand betrieben werden. Durch Schnitte wurde der Knochen freigelegt und eine Pilotbohrung erstellt. Zudem wurde durch ein Kontrollröntgenbild gegebenenfalls die Richtung und die Nähe einer dünneren Schablone zum Nerv überprüft, bevor die endgültige Stellung des Implantates noch leicht korrigiert werden konnte. Teilweise digitale Praxen haben ein 3D-Röntgenbild, das eine bessere Vorhersagbarkeit und einen geringeren Operationsaufwand bedeutet. Trotzdem wird in diesem Falle die Lage des Implantates vom Operateur übertragen und ist von ihm abhängig. In volldigitalen Praxen wird die Lage des Implantates virtuell komplett am Computer festgelegt, in dem ein Modell des Patienten (Schleimhaut, Zähne, Knochen, Nerven, Kieferhöhlen usw.) verwendet wird. Die KI kontrolliert und gibt durch hinterlegte Daten mehrerer tausend Operateure Hilfestellung. Teildigitalisierte Praxen können fehlende Leistungen dazu kaufen, was allerdings den Preis des Eingriffs deutlich steigert.
Digital ist also nicht gleich digital?
Genauso muss man das sagen. 3.0 erhöht den Aufwand und somit auch die Kosten, 4.0 viertelt den Aufwand und reduziert die Kosten erheblich. Sie können sich das so vorstellen, als ob sie einen Windows-Computer mit Hardware von Apple kombinieren wollen. Es funktioniert zwar, aber systemkonform läuft es automatisiert.
Lassen Sie uns über Prophylaxe sprechen.
Die seit 50 Jahren durchgeführte klassische Zahnstein-Entfernung und anschließende Politur mit Hand oder elektrischen Instrumenten sowie traditionellen Pulverstrahlgeräten kann schmerzhaft sein und Zahn- und Implantatoberflächen beschädigen. Schlecht zugängliche Bereiche – also gerade dort, wo es nötig ist – werden schlecht erreicht. Durch eine Weiterentwicklung werden unzugängliche Bereiche besser erreicht und die Oberflächen nicht mehr beschädigt. Es kann auf die abschließende Politur verzichtet werden. Der krankmachende Biofilm wird zuverlässiger entfernt. Die moderne Technologie schafft also ein besseres Ergebnis und der Patient fühlt sich wohler, Zähne und Zahnfleisch werden weniger geschädigt.
Und die Digitalisierung der Prophylaxe?
Die Zähne unterliegen im Laufe der Zeit einer gewissen Abnutzung. Kiefer können aller zwei Jahre durch die entsprechende Fachkraft eingescannt und dieser natürliche Verschleiß kontrolliert werden. Dort ist es wichtig, abnorme Abnutzungen frühzeitig zu analysieren und dem entgegenzuwirken. Vorhandene Scans von vorangegangenen Prozessen können selbstverständlich ins System integriert werden. Gleichzeitig hat der Patient eine Art Versicherung, dass, wenn ein Unfall passieren sollte, die Zähne vollautomatisiert genauso wiederhergestellt werden können, wie sie vor dem Unfall ausgesehen haben.
Was ist der neue Weg beim Zahnersatz?
Traditionell stellt der Zahntechniker aus den vom Zahnarzt erhobenen Daten einen Zahnersatz als Unikat her. Die Zwischenzeit wird mit einem Provisorium überbrückt. Digital fallen sämtliche Abdrücke weg. Der Kiefer wird eingescannt. Im dentalen Prototyping wird aus den Daten ein digitaler Prototyp erstellt, den der Patient eingegliedert bekommt. Diesen probiert er aus. Ist er mit der Ästhetik, dem Kauverhalten, der Funktion usw. zufrieden, kann der Datensatz, der Grundlage des Prototyps war, in einen endgültigen vollkeramischen Zahnersatz umgewandelt werden. Sollten noch Korrekturen nötig sein, können diese problemlos am Prototypen erfolgen und in den digitalen Datensatz eingearbeitet werden.

Zahnarztpraxis Dr. med. dent. Conrad Kühnöl
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