Galerie André Döhring präsentiert Werke von Jean Schmiedel

Foto: © Jan Löser
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Mit seiner eigenen Galerie hat sich André Döhring einen Traum erfüllt. Eigentlich ist er Bauingenieur, doch seine Leidenschaft gehört seit langem auch der Kunst. Alles außer gewöhnlich sollen seine Ausstellungen sein. Die Bilder des Künstlers Jean Schmiedel erfüllen dieses Credo voll und ganz.

Nachdem schon der New Yorker Georges Bergès auf das Chemnitzer Urgestein aufmerksam wurde und die kraftvollen, düsteren Bilder in seiner Galerie am Broadway zeigte, gelang dem Chemnitzer Original der internationale Durchbruch. Inzwischen kommen die Anfragen aus der ganzen Welt. In Dresden stellt Jean Schmiedel aber zum ersten Mal aus. Wir haben Galeristen und Künstler im Vorfeld der Ausstellung zum Interview getroffen.

Der Mittfünfziger musste nicht lange überlegen, als vor zwei Jahren die Gelegenheit günstig war, die Galerie André Döhring in der Dresdner Südvorstadt zu eröffnen. Dabei ist sein Ausste­llungs­­repertoire so vielfältig wie sein Kunst­geschmack. Von Lost Places-Fotografien über Gerhard Schröder-Portraits bis hin zur jüngsten Ausstellung über das Frühwerk Gerhard Richters, dessen zentrales Exponat ein lang verschollenes Wandbild war, das der Dresdner Maler in Görlitz anfertigte. Nun widmet André Döhring seine volle Aufmerksamkeit dem Chemnitzer Künstler Jean Schmiedel. Anfang April diesen Jahres plant er in seiner Galerie eine Ausstellung mit dem außer­gewöhnlichen Künstler, der bereits in New York bei George Bergès ausgestellt hat.

Jean Schmiedel (rechts) zu Gast in der Galerie André Döhring (links) / Foto: © Franziska Pilz

Im April steht eine Ausstellung mit den Kunstwerken Jean Schmiedels an. Wie haben Sie sich kennengelernt?
Jean Schmiedel:
Als ich vor zwei Jahren in New York ausgestellt hatte, ging damit ein enormer Bekanntheitsschub meiner Kunst und auch meiner Person einher. Das hat mein Leben wirklich verändert, obwohl ich schon vorher 30 Jahre als Künstler gearbeitet habe. Plötzlich hat ganz Chemnitz von mir gesprochen. Ich habe in Berlin und anderen Städten ausgestellt. Bald soll es ein Atelier in Mallorca geben. Das hat dann auch André Döhring mitbekommen.
André Döhring: Ich habe ihn daraufhin in seinem Atelier am Chemnitzer Sonnenberg besucht. Das ist ein Haus über drei Etagen und zusätzlich noch eine Fabrikhalle, voll mit Kunst­werken. Das hat mich wirklich absolut beeindruckt. Man findet nicht nur die für ihn typischen Gemälde, sondern auch Keramik, afrikanische Masken und eine riesiges Modellstadt aus Pappe und Holz, die an eine brasilianische Favela erinnert. Es ist spektakulär. Wir wollen in der Ausstellung den Fokus auf die Gemälde legen, aber auch die anderen Aspekte von Jean Schmiedels Kunst beleuchten. Er ist ja zum Beispiel auch in der Tattoo-Szene sehr beliebt.

Was erhoffen Sie sich von der Ausstellung, Herr Schmiedel?
Jean Schmiedel:
Es ist ja meine erste Ausstellung in Dresden. Das ist dann eine gute Gelegenheit, um die Szene vor Ort kennenzulernen. Und natürlich wäre es schön, auch ein paar Bilder zu verkaufen.

Was, würden Sie sagen, ist das Geheimnis Ihrer Bilder?
Jean Schmiedel:
Meine Bilder sind wohl das, was man einen Hingucker nennen würde, echte Publikumslieblinge. Galeristen sagen mir, dass die Besucher vor meinen Bildern lange stehenbleiben und sich mit ihnen fotografieren lassen. Und wenn sie im Schaufenster hängen, kommen die Besucher eher in die Galerie hinein. Die Bilder sprechen auch Menschen an, die sonst nicht so viel mit Kunst zu tun haben. Sie sagen mir, dass sie die Kraft, die Faszination und die Dynamik spüren, die von den Bildern ausgehen. Der wirkliche Effekt stellt sich dann aber erst ein, wenn man den Bildern gegenübersteht. Im Internet ist das schwer zu vermitteln. Die Bilder sind ja auch nicht unbedingt leichte Kost, da ich Figuren bevorzuge, die vom Leben gekennzeichnet sind. Da ist auch ein gewisser Geschlechter­unterschied festzustellen. Männer stehen sofort auf die Mystik und die Dunkelheit der Bilder. Frauen müssen sich erst einmal daran gewöhnen, mögen die Bilder dann aber nach einer gewissen Zeit umso mehr.

Herr Döhring, wie kam es eigentlich dazu, dass Sie eine Galerie eröffnen wollten?
André Döhring:
Ich bin schon sehr lange an Kunst interessiert. Entdeckt habe ich die Passion noch während der Lehre und dann als Student bei der IX. und X. Kunstausstellung der DDR 1984 und 1988, die ja immer in Dresden stattfanden. Seitdem habe ich mich sehr für die Szene interessiert, habe Kunst gekauft und mich vernetzt. Vor zwei Jahren bin ich durch Zufall an die Räumlichkeiten in der George-Bähr-Straße gekommen, und ein Ausstellungsprojekt mit Lost Places-Fotografien von Lutz Lehmann stand im Raum. Dann haben wir es einfach gemacht.

Rebellisch wie Jonathan Meese, extravagant wie Alice Cooper: Jean Schmiedel führte 30 Jahre lang ein prekäres Künstlerleben in der Chemnitzer Künstlerszene. Aufgrund einer zufälligen Entdeckung im Internet lebt er nun den amerikanischen Traum. / Foto: Jan Löser

Was muss ein Ausstellungsprojekt mitbringen, damit es Sie interessiert?
André Döhring:
Ich habe keine klassischen Vorlieben bezüglich Kunstgattungen. Mich sprechen spezielle, ungewöhnliche Kunst­werke an, die es vorher noch nicht gegeben hat. Auch ein Bezug zu Dresden oder zu meinem Beruf sind hilfreich. So haben wir etwa bei der Ausstellung „19 Miles“ mit dem Künstler Miles Sjögren Rahmen aus Beton gebaut. Außer­dem bringt es meist nichts, wenn die Künstler zu mir kommen. Ich muss die Kunst und die Leidenschaft dafür selbst entdecken.

Spektakulär war ja auch der Fund des Wandbilds von Gerhard Richter, der im Zentrum der Ausstellung zum Frühw­erk des Alt­meisters stand. Gehören diese Nachfor­schungs­arbeiten zu Ihren Ausstellungsprojekten dazu?
André Döhring: Bei der Konzeption der Ausstellungen bin ich oft wie ein Detektiv unterwegs. Da kommt es vor, dass ich im Stadt­archiv alte Zeitungen oder Dokumenten wälze, um Spuren vergangener Bilder ausfindig zu machen. Das sind Entdeckungen, über die ich mich sehr freue und die ich für die Besucher im Rahmen der Ausstellungen nachvollziehbar mache. Das schafft Kontext. Im Falle des Wandbilds von Gerhard Richter hatte ich gehört, dass es vorhanden ist, aber noch keine Veröffentlichung davon existiert. Dann habe ich eine Bekannte beauftragt, die in Görlitz lebt, danach zu suchen. Über einige Umwege wurde ich schließlich fündig.


2. April 2022 um 19 Uhr Vernissage – Jean Schmiedel
Galerie André Döhring
I George-Bähr-Str. 20 I 01069 Dresden
M 0162-199 37 19 I www.galerie-andre.de I www.jean-schmiedel.de

Interview: Philipp Demankowski

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