40 Jahre Zwinger Trio: Stabiler Dreier

© Robert Jentzsch
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40 Jahre und kein bisschen leiser. Seit vier Jahrzehnten sorgt das Zwinger Trio längst nicht nur in Dresden für anspruchsvoll gute Laune.

Obwohl die Protagonisten Jürgen Haase, Peter Kube und Tom Pauls eigentlich gar nicht aus Dresden kommen, wird ihre Kabarett­gruppe doch wie kaum eine zweite Combo mit der sächsischen Landeshauptstadt assoziiert. Doch ihre Mischung aus szenischen Liedern und Politkabarett, die nun schon mehrere Generationen zum Lachen verführt hat, kommt nicht nur in unserer Region an. Im Vorfeld der großen Zwinger Trio-Jubiläumstour 2022 sprachen wir mit einem gut aufgelegten Jürgen Haase über die Anfänge und die Essenz des Zwinger Trios.

Mit welchen Gedanken schauen Sie jetzt auf dieses Jubiläumsjahr?
Jürgen Haase: Das ist wirklich ein besonderes Jubiläum. Ich habe mich ein bisschen schlau gemacht und international kein Comedy-Format gefunden, das durchgängig, in derselben Be­setzung und erfolgreich über 40 Jahre auf der Bühne stand. Selbst Monty Python hatten zwischendurch eine kleine Pause und waren auch nicht so lange zusammen. Es ist schon bemerkenswert. So lange halten die meisten Ehen nicht durch.

Wie schlägt sich das Jubiläum im neuen Programm der anstehenden Tour nieder?
Es wird sicher zum Jubiläum auch ein paar Titel und Szenen aus den Anfangstagen geben. Gleichzeitig wollen wir unser Credo weiter umsetzen, immer tagesaktuell zu sein. Explizit haben wir uns diesmal gegen Gäste entschieden. Zum 20. Jubiläum hatten wir ja mit der Elbland Philharmonie Sachsen und vor fünf Jahren mit Tom Pauls Band Fose gespielt. Diesmal soll aber wirklich der Fokus auf uns Dreien liegen.

Nun, da so viel Zeit vergangen ist: Können Sie sich denn überhaupt noch an die Anfänge erinnern? Und haben Sie damals schon gemerkt: Okay, das könnte etwas Beständiges sein?
Und ob. Tom und ich kannten uns schon von der Hochschule in Leipzig, wo wir ab und an mit unserer Band Skiffle 80 gespielt hatten. Peter Kube war damals unser größter Fan und bei fast allen Veranstaltungen mit dabei. In der Gründungszeit des Trios sind wir dann nach Dresden gewechselt und studierten am Staatstheater, das damals noch alle drei Sparten – Oper, Schauspiel, Ballett – unter einem Dach vereinte. Als junge Kerle haben wir den jungen Tänzerinnen bei ihren Programmen zur Seite gestanden – natürlich völlig uneigen­nützig. Und irgendwann 1982 kam dann die Anfrage, zum einjährigen Jubiläum des Freundeskreises Ballett mit einer besonderen Einlage für Stimmung zu sorgen.

Ein Angebot, das man nicht ablehnen kann.
Zwei Tage vorher beschäftigten wir uns langsam mit dem Programm, holten die Fräcke vom Männertagsausflug aus dem Schrank, setzten uns Sonnenbrillen auf und schusterten ein paar Titel zusammen. Zwanzig Minuten haben wir in der damaligen Pädagogischen Hochschule mit unseren drei Stühlen gespielt, wobei wir so aufgeregt waren wie noch nie. Das kam ganz gut an. Die Leute haben wirklich gelegen vor Lachen. Die Mädchen meinten dann im Nachhinein zu uns, dass sie uns nicht mehr kennen würden, wenn wir mit dem Format nicht weitermachen würden.

Wie ging es dann weiter?
Aus den Anfangsideen haben wir ein Programm unter dem Namen „Musikalische Weltreise“ zusammengestrickt, wobei wir Lieder aus allen Kontinenten mit Conférencen verbunden haben. Dazu haben wir Dias mit dem Zwinger Trio vorm Big Ben oder vorm Eiffelturm produziert, die zu den Her­kunftsländern der Lieder passten. Erst als uns die Studie­ren­den darauf hinwiesen, haben wir gemerkt, dass wir ein hochpolitisches Programm gemacht haben. Das war gar nicht so beabsichtigt. Ab da hatten wir eigentlich immer eine politische Ebene.

Gab es Reaktionen von der Stasi?
Überraschenderweise nicht, da wir die Kritik ja auch immer zwischen den Zeilen formuliert und nie direkt angesprochen haben. 1989 haben wir allerdings ein Programm mit dem Titel „Dem Alltag entflohen“ im Jazz Club Tonne gemacht, bei dem wir uns unverblümt zu den Aufmärschen bekannt ha­ben. Bei der Generalprobe hat unser Manager dann ein Gespräch von zwei offensichtlichen Stasi-Leuten mitbekommen. Die mein­ten, man müsse das Programm eigentlich verbieten. Allerdings hatten die dann glücklicherweise andere Probleme. Zudem hat der damalige Intendant des Staats­schauspiels Gerhard Wolfram immer seine schützende Hand über uns gehalten.

v.l.: Peter Kube, Tom Pauls und Jürgen Haase sind das Zwinger Trio / Foto: © Robert Jentzsch

Was ist neben dem gemeinsamen Humor die Essenz des Zwinger-Trios?
Wir haben ein blindes Verständnis auf der Büh­ne. Wenn einer ein Stichwort gibt, kann der andere sofort mit einsteigen. Das sind fast schon automatisierte Mechanismen, die es natürlich anderen schwermachen, wenn sie mit uns spielen. Trotzdem weiß man nie, was man bekommt, denn Zufall und Improvisation spielen eine entscheidende Rolle. Es gleicht keine Vorstellung der anderen. Zudem fällt die vierte Wand bei uns weg. Peter Kube spielt mit dem Publikum und geht als Moderator immer auf das Publikum ein. Er ist da wirklich brillant in seiner Schlagfertigkeit, mit der er auf Zuschauer­kom­mentare reagiert.

Sie sind untrennbar mit Dresden verbunden. Fühlen Sie sich als Kulturbotschafter?
Wir sind ja eigentlich keine gebürtigen Dresd­ner. Tom kommt aus Leipzig, Peter aus Halle und ich aus Altenburg. Heute nach über 40 Jahren fühlen wir uns alle als Dresdner. Das ist unsere Stadt. Dann ist man schon irgendwie eine Art Kulturbotschafter. Wir haben ja überall im deutschsprachigen Raum gespielt, auch in Österreich und der Schweiz. Dabei repräsentieren wir das Kulturleben Dresdens und sind natürlich auch kritisch, wenn Sachen nicht gut laufen. Die Generalkritik an der Stadt, die manchmal laut wird, lehnen wir aber vehement ab.

Interview: Philipp Demankowski

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