Kultur trotz Lockdown

Deutsches Hygiene-Museum Dresden – Future Food / Foto: © Oliver Killig
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Im Lockdown ist Erfindungsreichtum gefragt. Dem Weniger an Kultur begegneten die Krea­ti­ven an den Dresdner Kulturstätten gleich mit einem ganzen Bündel an Ideen, wie wir unsere Sinne mit nachhaltigen und vielleicht sogar gesellschaftsprägenden Inhalten stimulieren können. Von Kulis­sen­reporten über Ausstellungsrundgänge bis hin zu ei­gens produzierten Videos ist einiges dabei. An­ge­nehmer Nebeneffekt: Die Inhalte sind entstanden, um zu bleiben. Während die einmaligen Theater-, Konzert- oder Museumsbesuche im Echo der eigenen Erinnerung langsam verhallen, kann man sich die Online-Inhalte immer wieder zu Gemüte führen. Das Internet hat eben immer noch ein paar Vorteile. Zwar kann nichts das Erlebnis vor Ort ersetzen, aber die hier versammelten Produktionen sind doch mehr als nur einen Blick wert.

HELLERAU – Bandstand

Im Festspielhaus hielt man trotz des Lockdowns am beliebten Nachwuchsbandwettbewerb Bandstand fest. Da die Konzerte aber nicht live in Hellerau durchgeführt werden konnten, ha­ben sich die Veranstalter dazu entschlossen, neue Horizonte zu erschließen, dabei aber alte Pfade zu beschreiten. Jede der 17 beteiligten Bands hatte exklusiv für das Festival ein Musik­video produziert, die dann im Stil einer MTV-Show am 12. und 13. Februar präsentiert wurden. Moderiert wird die Show von der Sängerin Diana Ezerex und der Performerin Joana Tischkau. Im Vorfeld wurden die Bands und Solo­künstler von einer Jury ausgewählt, wobei das einzige Krite­rium neben der Qualität der Musik darin lag, dass der Lebens- und Schaffens­mittelpunkt in Sachsen liegt. Wer das Festival verpasst hat, braucht nicht verzagen. Alle Musikvideos sind über die On­line-Kanäle von Hellerau auch jetzt noch abrufbar, genauso übrigens wie beliebte Hellerau-Standardreihen wie Feature Ring oder der Dienstagssalon mit Max Rademann.
www.hellerau.org/de/festival/bandstand

Bandstand HELLERAU: „Born in Flamez” – Videodreh / Foto: © Peter R. Fiebig
Deutsches Hygiene-Museum Dresden –
Future Food: virtueller 360 Grad-Rundgang

Das Deutsche Hygiene Museum Dresden hat sich mit virtuellen Angeboten besonders hervorgetan. Unter dem Schlagwort DHMDIGITAL hat das Museum einen bunten Strauß an Inhalten versammelt. So gibt es Podiumsdiskussionen und Vorträge zu Verschwörungstheorien nicht nur in Zeiten von Corona. Im Rahmen der Ausstellung „Im Gefängnis“ können Interessierte Inhaftierte zu ihrem Haftalltag befragen. Und in der Mediathek des Museums können die großen Sonder­ausstellungen der vergangenen Jahre wie „Rassismus“ oder „Pflanzen“ noch einmal besucht werden. Unser Tipp ist aber der 360 Grad-Rundgang durch die aktuelle Ausstellung „Future Food“, in dem Museumsguide David Münster verschiedene Exponate vorstellt und in dem sich die Besucher virtuell nach allen Seiten umschauen können. Spannend ist auch die dreiteilige Führung, in der die Dresdner Schülerin Mathil­da, die Zusammenhänge von Produktion, Handel und Konsum von Lebensmitteln mit unserer Lebenswelt erklärt. Obendrein gibt es Videobeiträge zur Müllvermeidung und Rezepte der Lebensmittelretter-Initiative „Zur Tonne“.
www.dhmd.de/dhmdigital/future-food-digital

Ausstellung „Future Food” im Deutschen Hygiene-Museum Dresden / Foto: © Oliver Killig
Staatsoperette – Late Night Mitte Digital und Reingehört

„Late Night Mitte“ heißt das Format, in dem Moderator Toni Friedrich das Ensemble und Stücke der Staatsoperette Dresden genauer unter die Lupe nimmt und sie auf Herz und Nieren nach ihrer Broadway-Tauglichkeit überprüft. Klar, dass dabei viel gesungen und getanzt wird. Der Talkmaster hatte das Projekt schon vor Corona aus der Taufe gehoben, im Lockdown erfand es dann sich neu im virtuellen Kleid als „Late Night Mitte Digital“. Nebenbei gibt Toni Friedrich einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen. So auch bei der Online-Reportage „Reinge­hört“, die neben kleinen musikalischen Bei­trä­gen und Mini-Konzerten auch digitale Führungen durch den Back­stage-Be­reich bietet. So führt beispielsweise Staatsope­ret­ten-Chefmas­ken­bildner Thorsten Fietze durch die Masken­ab­tei­lung samt Werkstatt und verrät spannende Details. Zudem er­klärt Tenor Dietrich Seydlitz auf amüsante Art und Weise die wichtigsten Theater­gesetze und Bräuche.
www.staatsoperette.de/late-night-mitte-online

Staatsoperette Dresden: „Late Night Mitte Digital”-Moderator Toni Friedrich /
Foto: © Siegfried Michael Wagner
Staatsschauspiel Dresden – Ihr schreibt, wir spielen

Auf Publikumsbeteiligung setzt das Staatsschauspiel Dresden mit dem For­mat „Ihr schreibt, wir spielen“. Der Ort des Ge­schehens ist dabei der In­sta­gram-Kanal der Dresdner Theater­­institution. Zweimal im Mo­nat werden die Follower nach Ideen abgefragt. Dabei sind der Fantasie keine Grenzen ge­setzt. Als Stichworte können Farbe, Gefühlen, Personen oder einfach nur bestimmte Wörter fungieren. Zwei Tage später werden aus den Begriffen die interessantesten und skurrilsten ausgewählt und in die Kreativ­werk­statt der Dramaturgen geben, die aus den Inspirationen wiederum ein Theaterstück stricken. Das Resultat präsentieren Ensemblemitglieder wie Luise Aschen­brenner oder Viktor Tremmel dann in einem Video am Don­nerstag der folgenden Woche. Und die Ergeb­nisse können sich wirklich sehen lassen. Die Serie soll auch nach dem Lockdown fortgesetzt werden. Die Reihe „Theater­gesichter“ wiederum beleuchtet an jedem ersten Sonntag des Monats verschiedene Persönlichkeiten des Staatsschauspiels. Den Auftakt machte im Januar natürlich Intendant Joachim Klement.
www.staatsschauspiel-dresden.de/home/staatsschauspieldresden-at-home/

„Ihr schreibt, wir spielen” am Staatsschauspiel Dresden  / Foto: © Désirée Noffke
Semperoper – Making of der „Zauberflöte”

Eine Tiefenanalyse der „Zauberflöte“ bietet das Online-An­gebot der Semperoper. Anlässlich der anstehenden, aber bislang aufgrund des Pandemiegeschehens immer wieder verschobenen Neu­inszenierung von Mozarts Meisterwerk gibt Dramaturg Johann Casimir Eule Einblick in die Entstehung und Gestalt des Werkes. In einem Audio-Beitrag erläutert er zudem den Einfluss der einst in Wien populären Kasperl- und Zauberopern und beschreibt die Anfänge der „Zauberflöte“ in Dresden. Neu-Ensemble-Mitglied und Sopranistin Nikola Hillebrand singt in ihrer ersten Premiere die Königin der Nacht und berichtet im Audio-Gespräch mit dem Drama­turgen Kai Weßler von der He­rausforderung der außergewöhnlichen Rolle. Auf dem YouTube-Kanal der Semperoper wiederum erklärt Regisseur Josef E. Köpplinger, inwieweit die Musik Mozarts den Takt für seine Ins­ze­nierung vorgibt. Auch Pamina-Darstellerin Tuuli Takala und Sebastian Kohlhepp, der den Tamino gibt, berichten in Video­form über die Heran­gehensweise an ihre Rollen.
www.semperoper.de

„Die Zauberflöte” an der Semperoper / Foto: © Ludwig Olah
Städtische Museen – Ausstellungsrundgänge durch die Museen

Natürlich gibt es für einen Museumsbesuch vor Ort keinen adäquaten Ersatz. Aber mit den virtuellen Ausstellungs­rund­gängen durch die Häuser der Städtischen Musen gibt es eine Alternative, die der Erfahrung zumindest annähernd nahe­kommt. Das On­line-Angebot basiert auf der Software Matter­port, die eine interaktive Visualisierung von Objekten in 3D und virtueller Realität ermöglicht. Für die Präsentation der Standorte von Städtischer Galerie über Kraszewski-Museum bis zum Kügelgenhaus arbeitet der Museumsverbund mit dem Nieskyer IT-Unternehmen Sachsen­hits zusammen. Einen ganz besonderen und lobenswerten Service bieten die Städtischen Museen auf ihrem YouTube-Kanal. In einem kurzen Video-Bei­­trag werden die verschiedenen Standorte der Museen in Ge­bär­den­sprache vorgestellt.

Kügelgenhaus – Museum der Dresdner Romantik im 3D-Modell / Foto: © Matterport/Sachsenhits VR Media

Zudem kann man sich einen Rund­gang durch die Ausstellung von Frank Lippold mit dem Künstler höchstselbst ansehen. Erkunden kann man auch die Online-Sammlungsdatenbank der Museen, die stetig erweitert wird und die nach bestimmten Themen sortierte Exponate zusammenfasst.
www.museen-dresden.de


Staatliche Kunstsammlungen Dresden – Meme Creator

Umfangreich darf man durchaus auch das Online-Angebot der Staatlichen Kunstsammlungen nennen. Allein in der Media­thek gibt es über 100 Einträge. In informativ und unterhaltsam aufgearbeiteten Kurzfilmen beleuchten die Museen aktuelle und vergangene Sonder- und Dauer­aus­stellungen von Gerhard Richter bis zum Völkerkunde­museum. Dass die Staatlichen Kunstsammlungen mit der Zeit gehen, zeigen sie mit dem Me­me Creator: Aus der Online Kollektion können Nutzer ein Bild oder ein Exponat auswählen, mit individuellem Text versehen und abspeichern. Fertig ist der ideale Bildkommentar für den nächsten Social Media-Post. Der Online-Bestand ist so um­fang­reich, dass sich voraussichtlich zu jedem Diskussions­gegen­stand unserer Zeit ein passendes Kunstwerk finden dürfte. Groß ist das Angebot auch in Sachen virtuelle Ausstellungs­rund­gänge. In den Panorama-Touren können die Besucher nach Herzenslust durch die Räume und Ausstellungen schlendern. Zu ausgewählten Schauen gibt es virtuelle Touren von Museumsguides. Ein Echt­zeit-Format ist dagegen das Format „Art for Lunch“. Jeden Diens­tag um 12 Uhr führen verschiedene Kuratoren durch eine Ausstellung bei einem Live Walk auf Facebook und Instagram. Im Anschluss kann man sich die Touren auch auf dem YouTube-Kanal der Staat­lichen Kunstsammlungen ansehen.
https://www.skd.museum/special-pages/digital/

Ausstellungsansicht „Raffael und die Madonna – Vom Frühwerk bis zur Meisterschaft” /
© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Klemens Renner

Die Angebote wachsen stetig. Schauen Sie immer mal wieder auf den Online-Plattformen der Kunst- und Kulturanbieter vorbei!

Redaktion: Philipp Demankowski

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