1. #TopBusinessTalk in der Villa Wollner

v.l.: Lutz Schmidt (SLR Consilium Steuerberatungsgesellschaft mbH), WP Daniel W. Flade (eXnet audit gmbh wirtschaftsprüfungsgesellschaft), Moderator Roland Hess (Top Magazin), Bernhard Kaluza (KALUZA Consult GmbH) und Hermann Kulzer, Fachanwalt für Insolvenzrecht (Kulzer Rechtsanwälte – Insolvenzrecht, Handel- und Gesellschaftsrecht, Wirtschaftsmediation) / Foto: Alexander Goldhammer
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Beim ersten #TopBusinessTalk in der Villa Wollner lud die Steuerberatungsgesellschaft SLR Consilium zu einem interessanten Abend zum „Thema Sanierung / Restruk­turie­rung / Insol­venz – Krise als Chance“. Über 50 Gäste machten das Event zu einem rundum gelungenen Erlebnis. Auf dem Ge­sprächspodium nahmen mit Lutz Schmidt von SLR Con­silium, WP Daniel W. Flade von der eXnet audit gmbh wpg, Niederlassung Chemnitz, Consultant Bernhard Kaluza sowie der Fachanwalt für Insolvenzrecht Hermann Kulzer eine illustre Expertenrunde zum Thema „Krise als Chance“ Platz. Es entwickelte sich ein interessantes und erhellendes Gespräch, in dem etwa das Schutz­schirmverfahren und die Eigen­ver­waltung im Insol­venz­fall erklärt wurden. Für musikalische Untermalung im wunderschönen Ambiente der Villa Wollner sorg­te der Gitarrist Brian von der Dresdner Rockband Staff. Kuli­narische Feinheiten kamen von den Kü­chen­zaube­rern der Canapé Manufaktur, die unter Zuhilfe­nah­me von Produkten verschiedener Part­­ner der Veranstaltung ein Flying Buffet zum Niederknien kredenzten.

Blick auf die Villa Wollner / Foto: Jörg Fehlisch
Gäste der 1. #topbusinesstalk-Veranstaltung im Gespräch / Foto: Alexander Goldhammer
© Alexander Goldhammer
„Sanierung / Restruk­turie­rung / Insol­venz – Krise als Chance“
Im Gespräch mit Lutz Schmidt, Bernhard Kaluza, Daniel W. Flade und Herrmann Kulzer

Was raten Sie Ihren Mandanten, wenn erste Warnzeichen für eine Krise wahrgenommen werden?
Lutz Schmidt (SLR Consilium Steuerberatungsgesellschaft mbH): Schon bei ersten Krisensignalen sollte mit dem Steuer­berater und Rechtsanwalt gesprochen werden, um alle Möglich­keiten zu erörtern. Oft sind es Scham oder Unwillen, die Be­trof­fene davon abhalten, solche Gespräche zu suchen. Dabei meine ich, dass eine Sanie­rung oder Insolvenz keine Schande ist. Viele Unternehmen kommen in solch eine Situation. Häufig ist ein Sanierungs- oder Insol­venz­verfahren eine gute Möglichkeit zu einem geregelten und nachhaltigen Neuanfang.

v.l.: Lutz Schmidt (SLR Consilium Steuerberatungsgesellschaft mbH), WP Daniel W. Flade (eXnet audit gmbh wirtschaftsprüfungsgesellschaft), Moderator Roland Hess (Top Magazin), Bernhard Kaluza (KALUZA Consult GmbH) und Hermann Kulzer, Fachanwalt für Insolvenzrecht (Kulzer Rechtsanwälte – Insolvenzrecht, Handel- und Gesellschaftsrecht, Wirtschaftsmediation) / Foto: Alexander Goldhammer

Ist ein Steuerberater in der Sanierung oder Insolvenz überhaupt notwendig?
Lutz Schmidt: Sowohl im Sanierungsfall als auch in einem eröffneten Insolvenzverfahren sind die steuerlichen Pflichten weiterhin zu erfüllen. Gleichzeitig sind die Regelungen des Insol­venz­rechtes zu beachten. Aufgrund der fehlenden Harmonisierung des Insol­venz- und Steuerrechts ist für den erfolgreichen Ab­schluss eines Sanierungs- oder Insolvenzverfahrens ein Zusam­men­arbeiten von Insolvenzverwalter, Sanierungs- und Steuer­berater unbedingt zu empfehlen.

Welche wesentlichen Vorteile bietet eine Eigenverwaltung?
Bernhard Kaluza (KALUZA Consult GmbH):
Der Unternehmer be­hält die operative Kontrolle über das Unternehmen. Für Kun­den und Lieferanten bleibt das Unternehmen der Ansprech­partner. Man geht bei einer Eigenverwaltung grundsätzlich von einer Sanierung des Unternehmens aus. Das schafft Vertrauen, auch bei den Mitarbeitern. Darüber hinaus erhalten Gläubiger in der Regel höhere Quoten als bei fremdverwalteten Insolvenzen.

Ab welcher Betriebsgröße ist eine Eigenverwaltung bei ei­nem Insolvenzverfahren sinnvoll?
Bernhard Kaluza: Da gibt es keine Untergrenze. Problematisch ist, dass meist mit den Sanierungs­bera­tern Groß­struk­turen zum Einsatz kommen, deren Kosten für kleine Unter­neh­men nicht zu stemmen sind und die ich oft auch für fragwürdig halte.

Schutzschirm und Eigenverwaltung klingen gut, besser als Insolvenzverfahren. Wie läuft so ein Fall typischerweise ab?
Wirtschaftsprüfer Daniel W. Flade (eXnet audit gmbh wirtschafts­prüfungsgesellschaft): Sie sprechen ein wesentliches Element an: Insolvenz­verfahren sind in Deutschland leider negativ konnotiert, die Begriffe Schutzschirm und Eigenverwaltung hingegen nicht zwangsläufig – es sind aber Insolvenzverfahren! Ziel eines Eigen­verwaltungsverfahrens ist die gerichtliche Sanierung des Unter­nehmens. Dies geschieht mit Hilfe eines Insolvenz­plans mit um­fangreichen Sanierungsmaßnahmen. Das allein wäre auch im Regel­verfahren möglich. Wichtig ist, dass das Ver­fahren durch die Schuldner bzw. das Unternehmen ge­steuert wird. Hierzu bedarf es der externen Hilfe eines Sanie­rungsgeschäftsführers bzw. Bevoll­mächtigten. Im Falle des Schutz­schirmverfahrens muss noch eine Bescheinigung eines Sachverständigen erstellt werden, die belegt, dass beim Unternehmen keine eingetretenen Insolvenz­antrags­gründe vorliegen und die Sanierung nicht offen­sichtlich aussichtslos ist.

Können Sie kurz und knackig die Unterschiede zwischen der „normalen“ EV und dem Schutzschirmverfahren nennen?
Daniel W. Flade: Gemein ist beiden Verfahren, dass die In­solvenz­schuldnerin das Verfahren steuert. Die Ein­gangs­schwelle ist beim Schutzschirm höher. Der Verwalter überwacht nur und wird im Falle des Schutzschirmverfahrens durch den Insolvenz­schuldner bestimmt, bzw. im Falle der Eigen­verwaltung durch Gericht und Gläubigerausschuss. Im Schutz­schirmverfahren sind die Gläubiger bereits im An­trags­verfahren besonders geschützt, bekommen also definitiv ihre Forderungen. Am Ende steht bei beiden Verfahren die Eröffnung des Verfahrens. Zu diesem Zeitpunkt muss im Schutzschirm­verfahren zwingend ein Plan vorliegen.

Herr Kulzer, als Fachanwalt für Insolvenzrecht ist Ihr Haupt­thema die Vermeidung von Insol­venzverschleppung. Wo sehen Sie den aktuellen Bezug zu dem Thema?
Hermann Kulzer (Kulzer Rechtsanwälte – Insolvenzrecht, Handel- und Gesellschaftsrecht, Wirtschaftsmediation): Ich bin nicht nur als Insol­venz­ver­walter, sondern auch als Berater in der Krise und als Strafvertei­di­ger bei Insolvenzstraftaten tätig. Aufgrund von Corona hat der Gesetzgeber Kapitalgesellschaften aktuell die Möglichkeit eingeräumt, trotz vorliegender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bis 30. September keinen Insolvenzantrag zu stellen. Die Aussetzung gilt aber nur für Unternehmen, die nicht schon vor der Pandemie insolvent waren und sanierungsfähig sind. Normal muss innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Insol­venzreife die Insolvenz eingeleitet werden.

Wurde diese Frist der Aussetzung der Insolvenz­antrags­pflicht nicht verlängert?
Hermann Kulzer: Die Regierung hatte die Möglichkeit, die Aussetzung bis zum 31. März 2021 zu verlängern, hat sich aber dagegen entschieden.

Interview: Philipp Demankowski

Foto: Alexander Goldhammer

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